schrieben es so gleich, nebst ihm, meine Commilito- nes, wie auch noch andere dabey sitzende, in ihre Schreib-Tafeln, weßwegen unsere Widersacher aus Bosheit mit den Zähnen knirscheten, da sie aber selbiges Orts keinen kräfftigen Beystand wußten, liessen sich die Buben, ihre Rachgier auf frischer Farth auszuüben, vor diesesmahl vergehen, und schlichen gantz stillschweigend davon.
Unser Rector hatte folgendes Tages diesen Streich nicht so bald vernommen, als er mich nebst den andern Gymnasiasten, die mit auf der Hochzeit musiciret hatten, zu sich rufen ließ. Nach seinem Befragen, geschahe von uns allen ein offenhertziges Bekänntniß dessen, was vorgegangen war. Er schrieb mein Distichon in sein Diarium, schüttelte hernach- mahls den Kopf und sagte: Mein Sohn! euer gu- tes Ingenium ist so wenig zu tadeln als das herrliche Naturell zur Poesie; allein gebraucht dasselbe künff- tig hin mit größter Vorsicht, zumahl an solchen Or- ten, wo gewisser massen Ecclesia pressa ist. Die Herren Jesuiten sind so wohl, als ihre Schüler sehr rachgierige Leute, solchergestalt köntet ihr gar leicht euch, und uns allen, grossen Verdruß und Unglück über den Hals ziehen. Wer weiß, was sie dieser Affaire wegen zusammen schmieden werden, in- dessen ist mein getreuer Rath: daß ihr euch auf der Strasse, und sonderlich bey Abends-Zeit, sehr wohl in acht nehmet, um ihren Schülern nicht in die Krallen zu gerathen.
Mein Principal nebst andern Patronen und guten Freunden, gab mir eben dergleichen guten Rath und Warnung zu vernehmen, immittelst ward mein Di-
stichon
ſchrieben es ſo gleich, nebſt ihm, meine Commilito- nes, wie auch noch andere dabey ſitzende, in ihre Schreib-Tafeln, weßwegen unſere Widerſacher aus Bosheit mit den Zaͤhnen knirſcheten, da ſie aber ſelbiges Orts keinen kraͤfftigen Beyſtand wußten, lieſſen ſich die Buben, ihre Rachgier auf friſcher Farth auszuuͤben, vor dieſesmahl vergehen, und ſchlichen gantz ſtillſchweigend davon.
Unſer Rector hatte folgendes Tages dieſen Streich nicht ſo bald vernommen, als er mich nebſt den andern Gymnaſiaſten, die mit auf der Hochzeit muſiciret hatten, zu ſich rufen ließ. Nach ſeinem Befragen, geſchahe von uns allen ein offenhertziges Bekaͤñtniß deſſen, was vorgegangen war. Er ſchrieb mein Diſtichon in ſein Diarium, ſchuͤttelte hernach- mahls den Kopf und ſagte: Mein Sohn! euer gu- tes Ingenium iſt ſo wenig zu tadeln als das herrliche Naturell zur Poëſie; allein gebraucht daſſelbe kuͤnff- tig hin mit groͤßter Vorſicht, zumahl an ſolchen Or- ten, wo gewiſſer maſſen Eccleſia preſſa iſt. Die Herren Jeſuiten ſind ſo wohl, als ihre Schuͤler ſehr rachgierige Leute, ſolchergeſtalt koͤntet ihr gar leicht euch, und uns allen, groſſen Verdruß und Ungluͤck uͤber den Hals ziehen. Wer weiß, was ſie dieſer Affaire wegen zuſammen ſchmieden werden, in- deſſen iſt mein getreuer Rath: daß ihr euch auf der Straſſe, und ſonderlich bey Abends-Zeit, ſehr wohl in acht nehmet, um ihren Schuͤlern nicht in die Krallen zu gerathen.
Mein Principal nebſt andern Patronen und guten Freunden, gab mir eben dergleichen guten Rath und Warnung zu vernehmen, immittelſt ward mein Di-
ſtichon
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0029"n="15"/>ſchrieben es ſo gleich, nebſt ihm, meine <hirendition="#aq">Commilito-<lb/>
nes,</hi> wie auch noch andere dabey ſitzende, in ihre<lb/>
Schreib-Tafeln, weßwegen unſere Widerſacher<lb/>
aus Bosheit mit den Zaͤhnen knirſcheten, da ſie aber<lb/>ſelbiges Orts keinen kraͤfftigen Beyſtand wußten,<lb/>
lieſſen ſich die Buben, ihre Rachgier auf friſcher<lb/>
Farth auszuuͤben, vor dieſesmahl vergehen, und<lb/>ſchlichen gantz ſtillſchweigend davon.</p><lb/><p>Unſer <hirendition="#aq">Rector</hi> hatte folgendes Tages dieſen<lb/>
Streich nicht ſo bald vernommen, als er mich nebſt<lb/>
den andern <hirendition="#aq">Gymnaſiaſt</hi>en, die mit auf der Hochzeit<lb/><hirendition="#aq">muſicir</hi>et hatten, zu ſich rufen ließ. Nach ſeinem<lb/>
Befragen, geſchahe von uns allen ein offenhertziges<lb/>
Bekaͤñtniß deſſen, was vorgegangen war. Er ſchrieb<lb/>
mein <hirendition="#aq">Diſtichon</hi> in ſein <hirendition="#aq">Diarium,</hi>ſchuͤttelte hernach-<lb/>
mahls den Kopf und ſagte: Mein Sohn! euer gu-<lb/>
tes <hirendition="#aq">Ingenium</hi> iſt ſo wenig zu tadeln als das herrliche<lb/><hirendition="#aq">Naturell</hi> zur <hirendition="#aq">Poëſie;</hi> allein gebraucht daſſelbe kuͤnff-<lb/>
tig hin mit groͤßter Vorſicht, zumahl an ſolchen Or-<lb/>
ten, wo gewiſſer maſſen <hirendition="#aq">Eccleſia preſſa</hi> iſt. Die<lb/>
Herren <hirendition="#aq">Jeſuit</hi>en ſind ſo wohl, als ihre Schuͤler ſehr<lb/>
rachgierige Leute, ſolchergeſtalt koͤntet ihr gar leicht<lb/>
euch, und uns allen, groſſen Verdruß und Ungluͤck<lb/>
uͤber den Hals ziehen. Wer weiß, was ſie dieſer<lb/><hirendition="#aq">Affaire</hi> wegen zuſammen ſchmieden werden, in-<lb/>
deſſen iſt mein getreuer Rath: daß ihr euch auf der<lb/>
Straſſe, und ſonderlich bey Abends-Zeit, ſehr wohl<lb/>
in acht nehmet, um ihren Schuͤlern nicht in die<lb/>
Krallen zu gerathen.</p><lb/><p>Mein <hirendition="#aq">Principal</hi> nebſt andern <hirendition="#aq">Patron</hi>en und guten<lb/>
Freunden, gab mir eben dergleichen guten Rath und<lb/>
Warnung zu vernehmen, immittelſt ward mein <hirendition="#aq">Di-</hi><lb/><fwplace="bottom"type="catch"><hirendition="#aq">ſtichon</hi></fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[15/0029]
ſchrieben es ſo gleich, nebſt ihm, meine Commilito-
nes, wie auch noch andere dabey ſitzende, in ihre
Schreib-Tafeln, weßwegen unſere Widerſacher
aus Bosheit mit den Zaͤhnen knirſcheten, da ſie aber
ſelbiges Orts keinen kraͤfftigen Beyſtand wußten,
lieſſen ſich die Buben, ihre Rachgier auf friſcher
Farth auszuuͤben, vor dieſesmahl vergehen, und
ſchlichen gantz ſtillſchweigend davon.
Unſer Rector hatte folgendes Tages dieſen
Streich nicht ſo bald vernommen, als er mich nebſt
den andern Gymnaſiaſten, die mit auf der Hochzeit
muſiciret hatten, zu ſich rufen ließ. Nach ſeinem
Befragen, geſchahe von uns allen ein offenhertziges
Bekaͤñtniß deſſen, was vorgegangen war. Er ſchrieb
mein Diſtichon in ſein Diarium, ſchuͤttelte hernach-
mahls den Kopf und ſagte: Mein Sohn! euer gu-
tes Ingenium iſt ſo wenig zu tadeln als das herrliche
Naturell zur Poëſie; allein gebraucht daſſelbe kuͤnff-
tig hin mit groͤßter Vorſicht, zumahl an ſolchen Or-
ten, wo gewiſſer maſſen Eccleſia preſſa iſt. Die
Herren Jeſuiten ſind ſo wohl, als ihre Schuͤler ſehr
rachgierige Leute, ſolchergeſtalt koͤntet ihr gar leicht
euch, und uns allen, groſſen Verdruß und Ungluͤck
uͤber den Hals ziehen. Wer weiß, was ſie dieſer
Affaire wegen zuſammen ſchmieden werden, in-
deſſen iſt mein getreuer Rath: daß ihr euch auf der
Straſſe, und ſonderlich bey Abends-Zeit, ſehr wohl
in acht nehmet, um ihren Schuͤlern nicht in die
Krallen zu gerathen.
Mein Principal nebſt andern Patronen und guten
Freunden, gab mir eben dergleichen guten Rath und
Warnung zu vernehmen, immittelſt ward mein Di-
ſtichon
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 2. Nordhausen, 1737, S. 15. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata02_1737/29>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.