Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 2. Nordhausen, 1737.

Bild:
<< vorherige Seite

Vermögen auspresseten. Dem ohngeacht mußte
es vor eine besondere Gnade passiren, daß sie mir
nicht allein mein Pferd, sondern auch ein klein Pa-
quet
gediehenes Gold nicht abnahmen, welches
letztere ich ihnen unbewußt, auf der Brust an einer
güldenen Kette hangen hatte.

Jch machte unterwegens nicht viel Wesens von
diesem mir passirten Streiche, um desto sicherer vor
den Nachstellungen solcher Leute zu seyn, nahm mich
aber besser in acht, und reisete niemahls alleine, bis
ich endlich 12. Tage vor Weyhnachten, die Resi-
dentz-
Stadt Cassel erreichte, und mich bey dem
bezeichneten Wirth einlogirte. Allda verkauffte
ich mein Pferd mit Sattel und Zeug vor 62. Thlr.
zehrete sehr sparsam, und wartete mit Schmertzen,
nicht so wohl auf das erfreuliche Weyhnachts-Fest,
sondern vielmehr auf die erquickende Gegenwart des
unvergleichlichen Daniels.

Der erste Christ-Tag lieff vorbey, es meldete
sich meinetwegen niemand, derowegen nahm Ge-
legenheit, meinen Wirth, abends sehr spät in ge-
heim zu sprechen, und von ihm zu erfahren: Ob er
mir keine Nachricht von dem berühmten Chymico
Daniel,
oder seinen Consorten geben könne. Der
Wirth stellete sich anfänglich sehr fremde, und
animirte mich zu einer etwas deutlichern Erklä-
rung, worauf er endlich sagte: Habt nur Gedult,
mein Herr, der Tag ist vielleicht heute zu heilig ge-
wesen, eure Freunde werden sich wohl morgen
oder übermorgen melden, inzwischen blieb er da-
bey, daß er weder den von mir gerühmten Daniel,
noch seine Consorten kenne, oder iemahls, seines

Wis-
II. Theil. u

Vermoͤgen auspreſſeten. Dem ohngeacht mußte
es vor eine beſondere Gnade paſſiren, daß ſie mir
nicht allein mein Pferd, ſondern auch ein klein Pa-
quet
gediehenes Gold nicht abnahmen, welches
letztere ich ihnen unbewußt, auf der Bruſt an einer
guͤldenen Kette hangen hatte.

Jch machte unterwegens nicht viel Weſens von
dieſem mir paſſirten Streiche, um deſto ſicherer vor
den Nachſtellungen ſolcher Leute zu ſeyn, nahm mich
aber beſſer in acht, und reiſete niemahls alleine, bis
ich endlich 12. Tage vor Weyhnachten, die Reſi-
dentz-
Stadt Caſſel erreichte, und mich bey dem
bezeichneten Wirth einlogirte. Allda verkauffte
ich mein Pferd mit Sattel und Zeug vor 62. Thlr.
zehrete ſehr ſparſam, und wartete mit Schmertzen,
nicht ſo wohl auf das erfreuliche Weyhnachts-Feſt,
ſondern vielmehr auf die erquickende Gegenwart des
unvergleichlichen Daniels.

Der erſte Chriſt-Tag lieff vorbey, es meldete
ſich meinetwegen niemand, derowegen nahm Ge-
legenheit, meinen Wirth, abends ſehr ſpaͤt in ge-
heim zu ſprechen, und von ihm zu erfahren: Ob er
mir keine Nachricht von dem beruͤhmten Chymico
Daniel,
oder ſeinen Conſorten geben koͤnne. Der
Wirth ſtellete ſich anfaͤnglich ſehr fremde, und
animirte mich zu einer etwas deutlichern Erklaͤ-
rung, worauf er endlich ſagte: Habt nur Gedult,
mein Herr, der Tag iſt vielleicht heute zu heilig ge-
weſen, eure Freunde werden ſich wohl morgen
oder uͤbermorgen melden, inzwiſchen blieb er da-
bey, daß er weder den von mir geruͤhmten Daniel,
noch ſeine Conſorten kenne, oder iemahls, ſeines

Wiſ-
II. Theil. u
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0319" n="305"/>
Vermo&#x0364;gen auspre&#x017F;&#x017F;eten. Dem ohngeacht mußte<lb/>
es vor eine be&#x017F;ondere Gnade <hi rendition="#aq">pa&#x017F;&#x017F;ir</hi>en, daß &#x017F;ie mir<lb/>
nicht allein mein Pferd, &#x017F;ondern auch ein klein <hi rendition="#aq">Pa-<lb/>
quet</hi> gediehenes Gold nicht abnahmen, welches<lb/>
letztere ich ihnen unbewußt, auf der Bru&#x017F;t an einer<lb/>
gu&#x0364;ldenen Kette hangen hatte.</p><lb/>
          <p>Jch machte unterwegens nicht viel We&#x017F;ens von<lb/>
die&#x017F;em mir <hi rendition="#aq">pa&#x017F;&#x017F;ir</hi>ten Streiche, um de&#x017F;to &#x017F;icherer vor<lb/>
den Nach&#x017F;tellungen &#x017F;olcher Leute zu &#x017F;eyn, nahm mich<lb/>
aber be&#x017F;&#x017F;er in acht, und rei&#x017F;ete niemahls alleine, bis<lb/>
ich endlich 12. Tage vor Weyhnachten, die <hi rendition="#aq">Re&#x017F;i-<lb/>
dentz-</hi>Stadt Ca&#x017F;&#x017F;el erreichte, und mich bey dem<lb/>
bezeichneten Wirth ein<hi rendition="#aq">logi</hi>rte. Allda verkauffte<lb/>
ich mein Pferd mit Sattel und Zeug vor 62. Thlr.<lb/>
zehrete &#x017F;ehr &#x017F;par&#x017F;am, und wartete mit Schmertzen,<lb/>
nicht &#x017F;o wohl auf das erfreuliche Weyhnachts-Fe&#x017F;t,<lb/>
&#x017F;ondern vielmehr auf die erquickende Gegenwart des<lb/>
unvergleichlichen <hi rendition="#aq">Daniels.</hi></p><lb/>
          <p>Der er&#x017F;te Chri&#x017F;t-Tag lieff vorbey, es meldete<lb/>
&#x017F;ich meinetwegen niemand, derowegen nahm Ge-<lb/>
legenheit, meinen Wirth, abends &#x017F;ehr &#x017F;pa&#x0364;t in ge-<lb/>
heim zu &#x017F;prechen, und von ihm zu erfahren: Ob er<lb/>
mir keine Nachricht von dem beru&#x0364;hmten <hi rendition="#aq">Chymico<lb/>
Daniel,</hi> oder &#x017F;einen <hi rendition="#aq">Con&#x017F;ort</hi>en geben ko&#x0364;nne. Der<lb/>
Wirth &#x017F;tellete &#x017F;ich anfa&#x0364;nglich &#x017F;ehr fremde, und<lb/><hi rendition="#aq">animi</hi>rte mich zu einer etwas deutlichern Erkla&#x0364;-<lb/>
rung, worauf er endlich &#x017F;agte: Habt nur Gedult,<lb/>
mein Herr, der Tag i&#x017F;t vielleicht heute zu heilig ge-<lb/>
we&#x017F;en, eure Freunde werden &#x017F;ich wohl morgen<lb/>
oder u&#x0364;bermorgen melden, inzwi&#x017F;chen blieb er da-<lb/>
bey, daß er weder den von mir geru&#x0364;hmten <hi rendition="#aq">Daniel,</hi><lb/>
noch &#x017F;eine <hi rendition="#aq">Con&#x017F;ort</hi>en kenne, oder iemahls, &#x017F;eines<lb/>
<fw place="bottom" type="sig"><hi rendition="#aq">II.</hi><hi rendition="#fr">Theil.</hi> u</fw><fw place="bottom" type="catch">Wi&#x017F;-</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[305/0319] Vermoͤgen auspreſſeten. Dem ohngeacht mußte es vor eine beſondere Gnade paſſiren, daß ſie mir nicht allein mein Pferd, ſondern auch ein klein Pa- quet gediehenes Gold nicht abnahmen, welches letztere ich ihnen unbewußt, auf der Bruſt an einer guͤldenen Kette hangen hatte. Jch machte unterwegens nicht viel Weſens von dieſem mir paſſirten Streiche, um deſto ſicherer vor den Nachſtellungen ſolcher Leute zu ſeyn, nahm mich aber beſſer in acht, und reiſete niemahls alleine, bis ich endlich 12. Tage vor Weyhnachten, die Reſi- dentz-Stadt Caſſel erreichte, und mich bey dem bezeichneten Wirth einlogirte. Allda verkauffte ich mein Pferd mit Sattel und Zeug vor 62. Thlr. zehrete ſehr ſparſam, und wartete mit Schmertzen, nicht ſo wohl auf das erfreuliche Weyhnachts-Feſt, ſondern vielmehr auf die erquickende Gegenwart des unvergleichlichen Daniels. Der erſte Chriſt-Tag lieff vorbey, es meldete ſich meinetwegen niemand, derowegen nahm Ge- legenheit, meinen Wirth, abends ſehr ſpaͤt in ge- heim zu ſprechen, und von ihm zu erfahren: Ob er mir keine Nachricht von dem beruͤhmten Chymico Daniel, oder ſeinen Conſorten geben koͤnne. Der Wirth ſtellete ſich anfaͤnglich ſehr fremde, und animirte mich zu einer etwas deutlichern Erklaͤ- rung, worauf er endlich ſagte: Habt nur Gedult, mein Herr, der Tag iſt vielleicht heute zu heilig ge- weſen, eure Freunde werden ſich wohl morgen oder uͤbermorgen melden, inzwiſchen blieb er da- bey, daß er weder den von mir geruͤhmten Daniel, noch ſeine Conſorten kenne, oder iemahls, ſeines Wiſ- II. Theil. u

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata02_1737
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata02_1737/319
Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 2. Nordhausen, 1737, S. 305. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata02_1737/319>, abgerufen am 24.11.2024.