Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 2. Nordhausen, 1737.

Bild:
<< vorherige Seite

alles, da aber der Diener augenblicklich beyderley
herbey brachte, liessen beyde Cavaliers nicht ab zu
nöthigen, bis ich alles auf ihre Gesundheit verzehret
hatte.

Mittlerweile zohe einer von den Musicanten ei-
ne Partitur aus dem Busen, und sagte zu beyden Ca-
valiern:
Gnädige Herren! ich habe hier eine sehr
artige, gantz nagelneu-componirte Cantata, mit
Dero gnädigen Erlaubniß wollen wir doch dieselbe
probiren. Da nun beyde, mit Neigung der Häup-
ter, ihren Wohlgefallen zeigten, mußte ich mich be-
quemen aus der Partitur zu accompagniren. Die
letzte Aria von dieser Cantata habe ich nach der
Zeit niemahls vergessen können, sie lautete aber
also:

So muß man die Füchse fangen,
Die so schlau und kühne sind.
Tölpel mercks! du bist betrogen,
Ja du bist ins Garn gezogen,
Füchse riechen sonst den Wind;
Aber du bist fehl gegangen.

Da Capo

Es handelte zwar die gantze Cantata durchgehends,
von einem ins Garn gebrachten Verächter der Lie-
be, allein da ich nachhero der Sache besser nach-
gedacht, so habe dieselbe zweydeutig befunden,
denn unter dem gefangenen Fuchse, wurde wohl
niemand anders verstanden, als ich damahliger ar-
mer Schüler. Unter währender dieser letzten Arie
aber, lachten so wohl die beyden Cavaliers, als die
Musicanten, dermassen, daß die letztern fast nicht
spielen konten, die erstern aber die Bäuche halten
mußten. Dennoch vermerckte ich nicht den gering-

sten

alles, da aber der Diener augenblicklich beyderley
herbey brachte, lieſſen beyde Cavaliers nicht ab zu
noͤthigen, bis ich alles auf ihre Geſundheit verzehret
hatte.

Mittlerweile zohe einer von den Muſicanten ei-
ne Partitur aus dem Buſen, und ſagte zu beyden Ca-
valiern:
Gnaͤdige Herren! ich habe hier eine ſehr
artige, gantz nagelneu-componirte Cantata, mit
Dero gnaͤdigen Erlaubniß wollen wir doch dieſelbe
probiren. Da nun beyde, mit Neigung der Haͤup-
ter, ihren Wohlgefallen zeigten, mußte ich mich be-
quemen aus der Partitur zu accompagniren. Die
letzte Aria von dieſer Cantata habe ich nach der
Zeit niemahls vergeſſen koͤnnen, ſie lautete aber
alſo:

So muß man die Fuͤchſe fangen,
Die ſo ſchlau und kuͤhne ſind.
Toͤlpel mercks! du biſt betrogen,
Ja du biſt ins Garn gezogen,
Fuͤchſe riechen ſonſt den Wind;
Aber du biſt fehl gegangen.

Da Capo

Es handelte zwar die gantze Cantata durchgehends,
von einem ins Garn gebrachten Veraͤchter der Lie-
be, allein da ich nachhero der Sache beſſer nach-
gedacht, ſo habe dieſelbe zweydeutig befunden,
denn unter dem gefangenen Fuchſe, wurde wohl
niemand anders verſtanden, als ich damahliger ar-
mer Schuͤler. Unter waͤhrender dieſer letzten Arie
aber, lachten ſo wohl die beyden Cavaliers, als die
Muſicanten, dermaſſen, daß die letztern faſt nicht
ſpielen konten, die erſtern aber die Baͤuche halten
mußten. Dennoch vermerckte ich nicht den gering-

ſten
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0032" n="18"/>
alles, da aber der Diener augenblicklich beyderley<lb/>
herbey brachte, lie&#x017F;&#x017F;en beyde <hi rendition="#aq">Cavaliers</hi> nicht ab zu<lb/>
no&#x0364;thigen, bis ich alles auf ihre Ge&#x017F;undheit verzehret<lb/>
hatte.</p><lb/>
          <p>Mittlerweile zohe einer von den <hi rendition="#aq">Mu&#x017F;icant</hi>en ei-<lb/>
ne <hi rendition="#aq">Partitur</hi> aus dem Bu&#x017F;en, und &#x017F;agte zu beyden <hi rendition="#aq">Ca-<lb/>
valiern:</hi> Gna&#x0364;dige Herren! ich habe hier eine &#x017F;ehr<lb/>
artige, gantz nagelneu-<hi rendition="#aq">componi</hi>rte <hi rendition="#aq">Cantata,</hi> mit<lb/>
Dero gna&#x0364;digen Erlaubniß wollen wir doch die&#x017F;elbe<lb/>
probiren. Da nun beyde, mit Neigung der Ha&#x0364;up-<lb/>
ter, ihren Wohlgefallen zeigten, mußte ich mich be-<lb/>
quemen aus der <hi rendition="#aq">Partitur</hi> zu <hi rendition="#aq">accompagnir</hi>en. Die<lb/>
letzte <hi rendition="#aq">Aria</hi> von die&#x017F;er <hi rendition="#aq">Cantata</hi> habe ich nach der<lb/>
Zeit niemahls verge&#x017F;&#x017F;en ko&#x0364;nnen, &#x017F;ie lautete aber<lb/>
al&#x017F;o:</p><lb/>
          <lg type="poem">
            <l> <hi rendition="#fr">So muß man die Fu&#x0364;ch&#x017F;e fangen,</hi> </l><lb/>
            <l> <hi rendition="#fr">Die &#x017F;o &#x017F;chlau und ku&#x0364;hne &#x017F;ind.</hi> </l><lb/>
            <l> <hi rendition="#fr">To&#x0364;lpel mercks! du bi&#x017F;t betrogen,</hi> </l><lb/>
            <l> <hi rendition="#fr">Ja du bi&#x017F;t ins Garn gezogen,</hi> </l><lb/>
            <l> <hi rendition="#fr">Fu&#x0364;ch&#x017F;e riechen &#x017F;on&#x017F;t den Wind;</hi> </l><lb/>
            <l> <hi rendition="#fr">Aber du bi&#x017F;t fehl gegangen.</hi> </l>
          </lg><lb/>
          <p> <hi rendition="#et"> <hi rendition="#aq">Da Capo</hi> </hi> </p><lb/>
          <p>Es handelte zwar die gantze <hi rendition="#aq">Cantata</hi> durchgehends,<lb/>
von einem ins Garn gebrachten Vera&#x0364;chter der Lie-<lb/>
be, allein da ich nachhero der Sache be&#x017F;&#x017F;er nach-<lb/>
gedacht, &#x017F;o habe die&#x017F;elbe zweydeutig befunden,<lb/>
denn unter dem gefangenen Fuch&#x017F;e, wurde wohl<lb/>
niemand anders ver&#x017F;tanden, als ich damahliger ar-<lb/>
mer Schu&#x0364;ler. Unter wa&#x0364;hrender die&#x017F;er letzten <hi rendition="#aq">Arie</hi><lb/>
aber, lachten &#x017F;o wohl die beyden <hi rendition="#aq">Cavaliers,</hi> als die<lb/><hi rendition="#aq">Mu&#x017F;icant</hi>en, derma&#x017F;&#x017F;en, daß die letztern fa&#x017F;t nicht<lb/>
&#x017F;pielen konten, die er&#x017F;tern aber die Ba&#x0364;uche halten<lb/>
mußten. Dennoch vermerckte ich nicht den gering-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">&#x017F;ten</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[18/0032] alles, da aber der Diener augenblicklich beyderley herbey brachte, lieſſen beyde Cavaliers nicht ab zu noͤthigen, bis ich alles auf ihre Geſundheit verzehret hatte. Mittlerweile zohe einer von den Muſicanten ei- ne Partitur aus dem Buſen, und ſagte zu beyden Ca- valiern: Gnaͤdige Herren! ich habe hier eine ſehr artige, gantz nagelneu-componirte Cantata, mit Dero gnaͤdigen Erlaubniß wollen wir doch dieſelbe probiren. Da nun beyde, mit Neigung der Haͤup- ter, ihren Wohlgefallen zeigten, mußte ich mich be- quemen aus der Partitur zu accompagniren. Die letzte Aria von dieſer Cantata habe ich nach der Zeit niemahls vergeſſen koͤnnen, ſie lautete aber alſo: So muß man die Fuͤchſe fangen, Die ſo ſchlau und kuͤhne ſind. Toͤlpel mercks! du biſt betrogen, Ja du biſt ins Garn gezogen, Fuͤchſe riechen ſonſt den Wind; Aber du biſt fehl gegangen. Da Capo Es handelte zwar die gantze Cantata durchgehends, von einem ins Garn gebrachten Veraͤchter der Lie- be, allein da ich nachhero der Sache beſſer nach- gedacht, ſo habe dieſelbe zweydeutig befunden, denn unter dem gefangenen Fuchſe, wurde wohl niemand anders verſtanden, als ich damahliger ar- mer Schuͤler. Unter waͤhrender dieſer letzten Arie aber, lachten ſo wohl die beyden Cavaliers, als die Muſicanten, dermaſſen, daß die letztern faſt nicht ſpielen konten, die erſtern aber die Baͤuche halten mußten. Dennoch vermerckte ich nicht den gering- ſten

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata02_1737
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata02_1737/32
Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 2. Nordhausen, 1737, S. 18. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata02_1737/32>, abgerufen am 23.11.2024.