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Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 2. Nordhausen, 1737.

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lich lautende Kuh-Schelle hing. Das war also
der Lohn solcher verzweifelten Ertz-Bösewichter,
denen alles gleich viel geschienen, ob sie hohe, mittel-
mäßige, geringe, kluge oder einfältige Personen zu
betrügen vor sich finden können. Eine grosse Gnade
hieß es, daß sie wegen ihrer erstaunlichen Verwe-
genheit nicht Hangel-Beeren fressen mußten, wie
mein ehemahliger Compagnon Renard in Engel-
land, iedoch ich halte davor, daß dergleichen Stra-
fe, vor Menschen von solcher Gattung, noch weit
empfindlicher sey als der Tod selbst.

Mir wurde an diesem Hofe eine nicht unebene
Bedienung angetragen, allein ich deprecirte diesel-
be aus keiner andern Ursache, als meinem Groß-
Vater in seinem Alter zu assistiren, und meine Gold-
macher-Streiche in Geheim darbey fortzuführen,
reisete also mit einem guten Recompens von dannen.

Wenige Tage hernach ließ ich mich an einem an-
dern Orte dennoch überlistigen auf eine Zeit lang,
als Mechanicus und Chymicus zugleich, in die
Dienste einer gewissen Standes-Person zu treten,
weil selbige ungemein vortheilhafftig vor mich schie-
nen. Zwar nahm ich erstlich noch eine Reise zu mei-
nem Groß-Vater vor, allein, derselbe war bereits
gestorben, und zu Vergrösserung meines Unvergnü-
gens, war mein aus Engelland an ihn übermachter
Wechsel, wegen des Banquerots des Wechsel-Her-
rens mit Protest zurück gegangen, derowegen mußte
mich mit 600. Thlr. ererbeter Groß-Väterlicher
Gelder begnügen lassen, und wieder zurück an den-
jenigen Ort reisen, wo ich mich engagirt hatte. Jch
etabilirte meine Haushaltung sehr wohl, ließ mich

auch
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lich lautende Kuh-Schelle hing. Das war alſo
der Lohn ſolcher verzweifelten Ertz-Boͤſewichter,
denen alles gleich viel geſchienen, ob ſie hohe, mittel-
maͤßige, geringe, kluge oder einfaͤltige Perſonen zu
betruͤgen vor ſich finden koͤnnen. Eine groſſe Gnade
hieß es, daß ſie wegen ihrer erſtaunlichen Verwe-
genheit nicht Hangel-Beeren freſſen mußten, wie
mein ehemahliger Compagnon Renard in Engel-
land, iedoch ich halte davor, daß dergleichen Stra-
fe, vor Menſchen von ſolcher Gattung, noch weit
empfindlicher ſey als der Tod ſelbſt.

Mir wurde an dieſem Hofe eine nicht unebene
Bedienung angetragen, allein ich deprecirte dieſel-
be aus keiner andern Urſache, als meinem Groß-
Vater in ſeinem Alter zu aſſiſtiren, und meine Gold-
macher-Streiche in Geheim darbey fortzufuͤhren,
reiſete alſo mit einem guten Recompens von dannen.

Wenige Tage hernach ließ ich mich an einem an-
dern Orte dennoch uͤberliſtigen auf eine Zeit lang,
als Mechanicus und Chymicus zugleich, in die
Dienſte einer gewiſſen Standes-Perſon zu treten,
weil ſelbige ungemein vortheilhafftig vor mich ſchie-
nen. Zwar nahm ich erſtlich noch eine Reiſe zu mei-
nem Groß-Vater vor, allein, derſelbe war bereits
geſtorben, und zu Vergroͤſſerung meines Unvergnuͤ-
gens, war mein aus Engelland an ihn uͤbermachter
Wechſel, wegen des Banquerots des Wechſel-Her-
rens mit Proteſt zuruͤck gegangen, derowegen mußte
mich mit 600. Thlr. ererbeter Groß-Vaͤterlicher
Gelder begnuͤgen laſſen, und wieder zuruͤck an den-
jenigen Ort reiſen, wo ich mich engagirt hatte. Jch
etabilirte meine Haushaltung ſehr wohl, ließ mich

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[311/0325] lich lautende Kuh-Schelle hing. Das war alſo der Lohn ſolcher verzweifelten Ertz-Boͤſewichter, denen alles gleich viel geſchienen, ob ſie hohe, mittel- maͤßige, geringe, kluge oder einfaͤltige Perſonen zu betruͤgen vor ſich finden koͤnnen. Eine groſſe Gnade hieß es, daß ſie wegen ihrer erſtaunlichen Verwe- genheit nicht Hangel-Beeren freſſen mußten, wie mein ehemahliger Compagnon Renard in Engel- land, iedoch ich halte davor, daß dergleichen Stra- fe, vor Menſchen von ſolcher Gattung, noch weit empfindlicher ſey als der Tod ſelbſt. Mir wurde an dieſem Hofe eine nicht unebene Bedienung angetragen, allein ich deprecirte dieſel- be aus keiner andern Urſache, als meinem Groß- Vater in ſeinem Alter zu aſſiſtiren, und meine Gold- macher-Streiche in Geheim darbey fortzufuͤhren, reiſete alſo mit einem guten Recompens von dannen. Wenige Tage hernach ließ ich mich an einem an- dern Orte dennoch uͤberliſtigen auf eine Zeit lang, als Mechanicus und Chymicus zugleich, in die Dienſte einer gewiſſen Standes-Perſon zu treten, weil ſelbige ungemein vortheilhafftig vor mich ſchie- nen. Zwar nahm ich erſtlich noch eine Reiſe zu mei- nem Groß-Vater vor, allein, derſelbe war bereits geſtorben, und zu Vergroͤſſerung meines Unvergnuͤ- gens, war mein aus Engelland an ihn uͤbermachter Wechſel, wegen des Banquerots des Wechſel-Her- rens mit Proteſt zuruͤck gegangen, derowegen mußte mich mit 600. Thlr. ererbeter Groß-Vaͤterlicher Gelder begnuͤgen laſſen, und wieder zuruͤck an den- jenigen Ort reiſen, wo ich mich engagirt hatte. Jch etabilirte meine Haushaltung ſehr wohl, ließ mich auch u 4

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Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 2. Nordhausen, 1737, S. 311. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata02_1737/325>, abgerufen am 22.11.2024.