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Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 2. Nordhausen, 1737.

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auch bereden, ein junges rasches Frauenzimmer zu
heyrathen, die der gemeinen Sage nach über 4000.
Thlr. im Vermögen haben solte, allein, da es nach
der Hochzeit zur Untersuchung kam, fanden sich
kaum 400. Thlr. Heyraths-Guth, welches den
ersten Grund-Stein zu unserm Mißvergnügen
legte. Uber dieses führete meine Frau einen unge-
meinen Etat, lebte herrlich, und hatte täglichen Be-
such von guten Freunden, so wohl männliches als
weibliches Geschlechts, die sie, als ein gewesenes
Hos-Frauenzimmer, entweder bey Hofe oder sonst
von Jugend auf gekannt haben wolten. Solcher-
gestalt war ein starcker Aufgang in meiner Haus-
haltung, mein meistes Geld aber, hatte ich in ein
kostbares Haus, und dann in das pestilentialische
laboriren gesteckt, um nunmehro den Stein der
Weisen mit Gewalt heraus zu zwingen.

Bey sothaner doppelten Arbeit und Sorgen kon-
te nun freylich auf meiner jungen Frauen Wirth-
schafft, nicht sattsame Achtung geben, und ob ich
gleich dieselbe auch nicht alle Stunden mit den zärt-
lichsten Caressen überhäuffte, so ließ ich ihr dagegen
in allen ihren Willen, nicht vermeinend, daß sie
von der Art derjenigen Weiber sey, welche die in
dem Liebes-Wercke nachläßigen Männer mit
Hirsch-Geweyhen zu crönen pflegen. Allein, ich
erfuhr selbiges leyder! zu meinem allergrößten Un-
glücke mehr als zu wahrhafftig, denn da ich mich
eines Tages wegen hefftiger Kopf-Schmertzen,
ohnbewußt meiner Frauen, im Cabinet der obern
Stube, ein wenig aufs Faulbette gelegt, kam mei-
ne Frau gantz eilig auf eben dieselbe Stube gelauf-

fen,

auch bereden, ein junges raſches Frauenzimmer zu
heyrathen, die der gemeinen Sage nach uͤber 4000.
Thlr. im Vermoͤgen haben ſolte, allein, da es nach
der Hochzeit zur Unterſuchung kam, fanden ſich
kaum 400. Thlr. Heyraths-Guth, welches den
erſten Grund-Stein zu unſerm Mißvergnuͤgen
legte. Uber dieſes fuͤhrete meine Frau einen unge-
meinen Etat, lebte herrlich, und hatte taͤglichen Be-
ſuch von guten Freunden, ſo wohl maͤnnliches als
weibliches Geſchlechts, die ſie, als ein geweſenes
Hoſ-Frauenzimmer, entweder bey Hofe oder ſonſt
von Jugend auf gekannt haben wolten. Solcher-
geſtalt war ein ſtarcker Aufgang in meiner Haus-
haltung, mein meiſtes Geld aber, hatte ich in ein
koſtbares Haus, und dann in das peſtilentialiſche
laboriren geſteckt, um nunmehro den Stein der
Weiſen mit Gewalt heraus zu zwingen.

Bey ſothaner doppelten Arbeit und Sorgen kon-
te nun freylich auf meiner jungen Frauen Wirth-
ſchafft, nicht ſattſame Achtung geben, und ob ich
gleich dieſelbe auch nicht alle Stunden mit den zaͤrt-
lichſten Careſſen uͤberhaͤuffte, ſo ließ ich ihr dagegen
in allen ihren Willen, nicht vermeinend, daß ſie
von der Art derjenigen Weiber ſey, welche die in
dem Liebes-Wercke nachlaͤßigen Maͤnner mit
Hirſch-Geweyhen zu croͤnen pflegen. Allein, ich
erfuhr ſelbiges leyder! zu meinem allergroͤßten Un-
gluͤcke mehr als zu wahrhafftig, denn da ich mich
eines Tages wegen hefftiger Kopf-Schmertzen,
ohnbewußt meiner Frauen, im Cabinet der obern
Stube, ein wenig aufs Faulbette gelegt, kam mei-
ne Frau gantz eilig auf eben dieſelbe Stube gelauf-

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[312/0326] auch bereden, ein junges raſches Frauenzimmer zu heyrathen, die der gemeinen Sage nach uͤber 4000. Thlr. im Vermoͤgen haben ſolte, allein, da es nach der Hochzeit zur Unterſuchung kam, fanden ſich kaum 400. Thlr. Heyraths-Guth, welches den erſten Grund-Stein zu unſerm Mißvergnuͤgen legte. Uber dieſes fuͤhrete meine Frau einen unge- meinen Etat, lebte herrlich, und hatte taͤglichen Be- ſuch von guten Freunden, ſo wohl maͤnnliches als weibliches Geſchlechts, die ſie, als ein geweſenes Hoſ-Frauenzimmer, entweder bey Hofe oder ſonſt von Jugend auf gekannt haben wolten. Solcher- geſtalt war ein ſtarcker Aufgang in meiner Haus- haltung, mein meiſtes Geld aber, hatte ich in ein koſtbares Haus, und dann in das peſtilentialiſche laboriren geſteckt, um nunmehro den Stein der Weiſen mit Gewalt heraus zu zwingen. Bey ſothaner doppelten Arbeit und Sorgen kon- te nun freylich auf meiner jungen Frauen Wirth- ſchafft, nicht ſattſame Achtung geben, und ob ich gleich dieſelbe auch nicht alle Stunden mit den zaͤrt- lichſten Careſſen uͤberhaͤuffte, ſo ließ ich ihr dagegen in allen ihren Willen, nicht vermeinend, daß ſie von der Art derjenigen Weiber ſey, welche die in dem Liebes-Wercke nachlaͤßigen Maͤnner mit Hirſch-Geweyhen zu croͤnen pflegen. Allein, ich erfuhr ſelbiges leyder! zu meinem allergroͤßten Un- gluͤcke mehr als zu wahrhafftig, denn da ich mich eines Tages wegen hefftiger Kopf-Schmertzen, ohnbewußt meiner Frauen, im Cabinet der obern Stube, ein wenig aufs Faulbette gelegt, kam mei- ne Frau gantz eilig auf eben dieſelbe Stube gelauf- fen,

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Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 2. Nordhausen, 1737, S. 312. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata02_1737/326>, abgerufen am 22.11.2024.