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Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 2. Nordhausen, 1737.

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worbey meine geile Bestie noch diese Worte von
sich hören ließ: Mein Engel! wenn ja jemand an-
pochen solte, so kanst du dich nur durch jene Kammer
über den Gang in den Hof retiriren, du mußt dich
aber ja in acht nehmen, denn die Breter sind auf
dem Gange noch nicht angenagelt, und könten leicht-
lich aufküpfen. Gut, gut, sprach der Coujon, füh-
rete hiermit das schändliche Weib zum Bette, und
nahm eine solche verfluchte Arbeit mit derselben vor,
die mich, der ich durch eine Spalte guckte, zu recht
rasender Wuth verleitete. Solchemnach ergriff
ich ein an der Wand hangendes scharff-geschliffe-
nes Couteau de chass, stieß die Thür auf, und
versetzte meinen Ehren Schänder, der eben zurück
springen, und seinen auf den Tisch gelegten Degen
ergreiffen wolte, einen kräfftigen Hieb über den
Kopf und gleich darauf einen Stich in die Brust,
daß er augenblicklich zu Boden stürtzte, und in ei-
ner häßlichen Positur mit herab gefallenen Bein-
Kleidern liegen blieb. Das ehebrecherische Weib
sprung darvon, hatte sich aber doch nicht gnugsam
vor demjenigen Unglücke hüten können, wovor sie
nur kürtzlich ihren Schand-Bock gewarnet hatte,
sondern war mit etlichen Bretern herab auf den
scharffen Rand eines Brau-Bottichs gefallen, die
nachschiessenden Breter und kleinen Schwellen aber
hatten ihr gleich auf der Stelle das Hals-Genück
und Rück-Grad abgestossen.

Jn meinem gantzen Hause war keine eintzige
Seele, welche nur das geringste von diesem Unheil
gemerckt oder gehöret hätte, derowegen bedeckte ich
den in seinen Sünden zerquetschten und entseelten

Cör-

worbey meine geile Beſtie noch dieſe Worte von
ſich hoͤren ließ: Mein Engel! wenn ja jemand an-
pochen ſolte, ſo kanſt du dich nur durch jene Kammer
uͤber den Gang in den Hof retiriren, du mußt dich
aber ja in acht nehmen, denn die Breter ſind auf
dem Gange noch nicht angenagelt, und koͤnten leicht-
lich aufkuͤpfen. Gut, gut, ſprach der Coujon, fuͤh-
rete hiermit das ſchaͤndliche Weib zum Bette, und
nahm eine ſolche verfluchte Arbeit mit derſelben vor,
die mich, der ich durch eine Spalte guckte, zu recht
raſender Wuth verleitete. Solchemnach ergriff
ich ein an der Wand hangendes ſcharff-geſchliffe-
nes Couteau de chaſſ, ſtieß die Thuͤr auf, und
verſetzte meinen Ehren Schaͤnder, der eben zuruͤck
ſpringen, und ſeinen auf den Tiſch gelegten Degen
ergreiffen wolte, einen kraͤfftigen Hieb uͤber den
Kopf und gleich darauf einen Stich in die Bruſt,
daß er augenblicklich zu Boden ſtuͤrtzte, und in ei-
ner haͤßlichen Poſitur mit herab gefallenen Bein-
Kleidern liegen blieb. Das ehebrecheriſche Weib
ſprung darvon, hatte ſich aber doch nicht gnugſam
vor demjenigen Ungluͤcke huͤten koͤnnen, wovor ſie
nur kuͤrtzlich ihren Schand-Bock gewarnet hatte,
ſondern war mit etlichen Bretern herab auf den
ſcharffen Rand eines Brau-Bottichs gefallen, die
nachſchieſſenden Breter und kleinen Schwellen aber
hatten ihr gleich auf der Stelle das Hals-Genuͤck
und Ruͤck-Grad abgeſtoſſen.

Jn meinem gantzen Hauſe war keine eintzige
Seele, welche nur das geringſte von dieſem Unheil
gemerckt oder gehoͤret haͤtte, derowegen bedeckte ich
den in ſeinen Suͤnden zerquetſchten und entſeelten

Coͤr-
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[314/0328] worbey meine geile Beſtie noch dieſe Worte von ſich hoͤren ließ: Mein Engel! wenn ja jemand an- pochen ſolte, ſo kanſt du dich nur durch jene Kammer uͤber den Gang in den Hof retiriren, du mußt dich aber ja in acht nehmen, denn die Breter ſind auf dem Gange noch nicht angenagelt, und koͤnten leicht- lich aufkuͤpfen. Gut, gut, ſprach der Coujon, fuͤh- rete hiermit das ſchaͤndliche Weib zum Bette, und nahm eine ſolche verfluchte Arbeit mit derſelben vor, die mich, der ich durch eine Spalte guckte, zu recht raſender Wuth verleitete. Solchemnach ergriff ich ein an der Wand hangendes ſcharff-geſchliffe- nes Couteau de chaſſ, ſtieß die Thuͤr auf, und verſetzte meinen Ehren Schaͤnder, der eben zuruͤck ſpringen, und ſeinen auf den Tiſch gelegten Degen ergreiffen wolte, einen kraͤfftigen Hieb uͤber den Kopf und gleich darauf einen Stich in die Bruſt, daß er augenblicklich zu Boden ſtuͤrtzte, und in ei- ner haͤßlichen Poſitur mit herab gefallenen Bein- Kleidern liegen blieb. Das ehebrecheriſche Weib ſprung darvon, hatte ſich aber doch nicht gnugſam vor demjenigen Ungluͤcke huͤten koͤnnen, wovor ſie nur kuͤrtzlich ihren Schand-Bock gewarnet hatte, ſondern war mit etlichen Bretern herab auf den ſcharffen Rand eines Brau-Bottichs gefallen, die nachſchieſſenden Breter und kleinen Schwellen aber hatten ihr gleich auf der Stelle das Hals-Genuͤck und Ruͤck-Grad abgeſtoſſen. Jn meinem gantzen Hauſe war keine eintzige Seele, welche nur das geringſte von dieſem Unheil gemerckt oder gehoͤret haͤtte, derowegen bedeckte ich den in ſeinen Suͤnden zerquetſchten und entſeelten Coͤr-

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Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 2. Nordhausen, 1737, S. 314. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata02_1737/328>, abgerufen am 22.11.2024.