Meister eine saubere Säge herbey schaffen, und das Bild von unten auf, in 4. Theile schneiden, allein es fand sich weder Gold noch fernere Hölung darin- nen. Mein Ankläger bestund also wie Butter an der Sonnen, und ob er gleich noch viele Winckel- Höltzer machen wolte, so kehrete sich dennoch der Bischoff nicht im geringsten daran, sondern that zu meiner, und aller Menschen größten Verwunderung diesen unerwarteten Ausspruch: Höret mein Freund! also redete er meinen Ankläger an, es er- hellet aus allen Umständen, daß ihr ein unersättli- cher Geitzhals, und mit dem Schatze, den euch die- ser ehrliche Kerl eingeliefert, aus keiner andern Ur- sache nicht zufrieden seyd, als weil ihr euch verbun- den gesehen, ihm ehrenthalber ein ansehnliches Ge- schenck davon zu geben, jedoch ich werde dieserwegen sprechen, was Rechtens ist: Es werde diese Summe in drey gleiche Theile getheilet, der erste Theil ge- bührt vor allen Dingen dem heil. Bonifacio, der die gantze Summe seit so langen Jahren, in den ge- fährlichen Kriegs-Läufften vor den Raub-Klauen der Frantzösischen Soldaten, vor den langen Fin- gern der Diebe, vor Feuer, Wasser und andern Un- glücke sicher erhalten hat. Der andere Theil kömmt von Rechtswegen dem Hauswirthe zu, der dritte a- ber ohne allen Streit dem glückseligen Finder des Schatzes, und schadet hierbey gar nichts, daß er sei- nem eigenen Geständnisse nach ein Ketzer ist, denn man muß die Treue und Redlichkeit, als eine von den vornehmsten Haupt-Tugenden, auch in den Feinden belohnen. Es fehlete wenig, mein An- kläger wäre über diesen Urtheils-Spruch in Ohn-
macht
Meiſter eine ſaubere Saͤge herbey ſchaffen, und das Bild von unten auf, in 4. Theile ſchneiden, allein es fand ſich weder Gold noch fernere Hoͤlung darin- nen. Mein Anklaͤger beſtund alſo wie Butter an der Sonnen, und ob er gleich noch viele Winckel- Hoͤltzer machen wolte, ſo kehrete ſich dennoch der Biſchoff nicht im geringſten daran, ſondern that zu meiner, und aller Menſchen groͤßten Verwunderung dieſen unerwarteten Ausſpruch: Hoͤret mein Freund! alſo redete er meinen Anklaͤger an, es er- hellet aus allen Umſtaͤnden, daß ihr ein unerſaͤttli- cher Geitzhals, und mit dem Schatze, den euch die- ſer ehrliche Kerl eingeliefert, aus keiner andern Ur- ſache nicht zufrieden ſeyd, als weil ihr euch verbun- den geſehen, ihm ehrenthalber ein anſehnliches Ge- ſchenck davon zu geben, jedoch ich werde dieſerwegen ſprechen, was Rechtens iſt: Es werde dieſe Summe in drey gleiche Theile getheilet, der erſte Theil ge- buͤhrt vor allen Dingen dem heil. Bonifacio, der die gantze Summe ſeit ſo langen Jahren, in den ge- faͤhrlichen Kriegs-Laͤufften vor den Raub-Klauen der Frantzoͤſiſchen Soldaten, vor den langen Fin- gern der Diebe, vor Feuer, Waſſer und andern Un- gluͤcke ſicher erhalten hat. Der andere Theil koͤmmt von Rechtswegen dem Hauswirthe zu, der dritte a- ber ohne allen Streit dem gluͤckſeligen Finder des Schatzes, und ſchadet hierbey gar nichts, daß er ſei- nem eigenen Geſtaͤndniſſe nach ein Ketzer iſt, denn man muß die Treue und Redlichkeit, als eine von den vornehmſten Haupt-Tugenden, auch in den Feinden belohnen. Es fehlete wenig, mein An- klaͤger waͤre uͤber dieſen Urtheils-Spruch in Ohn-
macht
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0352"n="338"/>
Meiſter eine ſaubere Saͤge herbey ſchaffen, und das<lb/>
Bild von unten auf, in 4. Theile ſchneiden, allein es<lb/>
fand ſich weder Gold noch fernere Hoͤlung darin-<lb/>
nen. Mein Anklaͤger beſtund alſo wie Butter an<lb/>
der Sonnen, und ob er gleich noch viele Winckel-<lb/>
Hoͤltzer machen wolte, ſo kehrete ſich dennoch der<lb/>
Biſchoff nicht im geringſten daran, ſondern that zu<lb/>
meiner, und aller Menſchen groͤßten Verwunderung<lb/>
dieſen unerwarteten Ausſpruch: Hoͤret mein<lb/>
Freund! alſo redete er meinen Anklaͤger an, es er-<lb/>
hellet aus allen Umſtaͤnden, daß ihr ein unerſaͤttli-<lb/>
cher Geitzhals, und mit dem Schatze, den euch die-<lb/>ſer ehrliche Kerl eingeliefert, aus keiner andern Ur-<lb/>ſache nicht zufrieden ſeyd, als weil ihr euch verbun-<lb/>
den geſehen, ihm ehrenthalber ein anſehnliches Ge-<lb/>ſchenck davon zu geben, jedoch ich werde dieſerwegen<lb/>ſprechen, was Rechtens iſt: Es werde dieſe <hirendition="#aq">Summe</hi><lb/>
in drey gleiche Theile getheilet, der erſte Theil ge-<lb/>
buͤhrt vor allen Dingen dem heil. <hirendition="#aq">Bonifacio,</hi> der<lb/>
die gantze <hirendition="#aq">Summe</hi>ſeit ſo langen Jahren, in den ge-<lb/>
faͤhrlichen Kriegs-Laͤufften vor den Raub-Klauen<lb/>
der Frantzoͤſiſchen Soldaten, vor den langen Fin-<lb/>
gern der Diebe, vor Feuer, Waſſer und andern Un-<lb/>
gluͤcke ſicher erhalten hat. Der andere Theil koͤmmt<lb/>
von Rechtswegen dem Hauswirthe zu, der dritte a-<lb/>
ber ohne allen Streit dem gluͤckſeligen Finder des<lb/>
Schatzes, und ſchadet hierbey gar nichts, daß er ſei-<lb/>
nem eigenen Geſtaͤndniſſe nach ein Ketzer iſt, denn<lb/>
man muß die Treue und Redlichkeit, als eine von<lb/>
den vornehmſten Haupt-Tugenden, auch in den<lb/>
Feinden belohnen. Es fehlete wenig, mein An-<lb/>
klaͤger waͤre uͤber dieſen Urtheils-Spruch in Ohn-<lb/><fwplace="bottom"type="catch">macht</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[338/0352]
Meiſter eine ſaubere Saͤge herbey ſchaffen, und das
Bild von unten auf, in 4. Theile ſchneiden, allein es
fand ſich weder Gold noch fernere Hoͤlung darin-
nen. Mein Anklaͤger beſtund alſo wie Butter an
der Sonnen, und ob er gleich noch viele Winckel-
Hoͤltzer machen wolte, ſo kehrete ſich dennoch der
Biſchoff nicht im geringſten daran, ſondern that zu
meiner, und aller Menſchen groͤßten Verwunderung
dieſen unerwarteten Ausſpruch: Hoͤret mein
Freund! alſo redete er meinen Anklaͤger an, es er-
hellet aus allen Umſtaͤnden, daß ihr ein unerſaͤttli-
cher Geitzhals, und mit dem Schatze, den euch die-
ſer ehrliche Kerl eingeliefert, aus keiner andern Ur-
ſache nicht zufrieden ſeyd, als weil ihr euch verbun-
den geſehen, ihm ehrenthalber ein anſehnliches Ge-
ſchenck davon zu geben, jedoch ich werde dieſerwegen
ſprechen, was Rechtens iſt: Es werde dieſe Summe
in drey gleiche Theile getheilet, der erſte Theil ge-
buͤhrt vor allen Dingen dem heil. Bonifacio, der
die gantze Summe ſeit ſo langen Jahren, in den ge-
faͤhrlichen Kriegs-Laͤufften vor den Raub-Klauen
der Frantzoͤſiſchen Soldaten, vor den langen Fin-
gern der Diebe, vor Feuer, Waſſer und andern Un-
gluͤcke ſicher erhalten hat. Der andere Theil koͤmmt
von Rechtswegen dem Hauswirthe zu, der dritte a-
ber ohne allen Streit dem gluͤckſeligen Finder des
Schatzes, und ſchadet hierbey gar nichts, daß er ſei-
nem eigenen Geſtaͤndniſſe nach ein Ketzer iſt, denn
man muß die Treue und Redlichkeit, als eine von
den vornehmſten Haupt-Tugenden, auch in den
Feinden belohnen. Es fehlete wenig, mein An-
klaͤger waͤre uͤber dieſen Urtheils-Spruch in Ohn-
macht
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 2. Nordhausen, 1737, S. 338. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata02_1737/352>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.