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Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 2. Nordhausen, 1737.

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macht gefallen, er wolte zwar noch sehr viel Einwen-
dens machen, allein es blieb darbey, und zum größten
Gelächter aller Anwesenden, wurde der letzte Be-
trug ärger als der erste, denn indem mein Ankläger
mit zitterenden Händen zugreiffen, und seinen ab-
gezehlten dritten Theil hinweg nehmen wolte, sprach
der Bischoff: Haltet inne mein Freund, ich habe
noch etwas zu erinnern. Der heilige Bonifacius ist
durch eure ungestüme Anklage mehr beleidiget, als
durch die leichtsinnigen Reden des gegenwärtigen
Ketzers, denn um eurent willen ist man genöthiget
worden denselben zu viertheilen. Sehet, er wird in
Zukunfft Kleider vonnöthen haben, solche ihm un-
schuldig zugefügte Scham zu bedecken, auch ists
billig, daß man so ein uraltes wunderthätiges Heili-
gen Bild wieder zusammen leime, und ihm zur Erstat-
tung seiner Ehre, einen Altar aufrichte. Zu diesem
heil. Gestiffte, werdet ihr euren Antheil des Geldes,
am allerbesten anzulegen wissen, und damit eure
Schuld büssen. Gegenwärtiger Ketzer aber soll
von seinem Antheil ebenfalls 50. Ducaten darzu ge-
ben, damit er in Zukunfft bescheidener und an-
dächtiger von den verstorbenen Heiligen reden lerne.

Hierbey mußte es bleiben, mein Ankläger mochte
sich auch so Verzweifelungs-voll anstellen als er im-
mer wolte, ich aber bekam zu meinem Theile 160
Cremnitzer Ducaten, 2. Käyser Gulden, und etliche
Batzen richtig in den Hut gezehlt und zugleich die
Freyheit hin zu gehen, wo mir beliebte. Dieser
Streich gab in der Stadt zu vielen lustigen Gesprä-
chen Anlaß, unter andern hatte ein spitzfindiger
Kopf folgende Verse darauf gemacht:

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y 2

macht gefallen, er wolte zwar noch ſehr viel Einwen-
dens machen, allein es blieb darbey, und zum groͤßten
Gelaͤchter aller Anweſenden, wurde der letzte Be-
trug aͤrger als der erſte, denn indem mein Anklaͤger
mit zitterenden Haͤnden zugreiffen, und ſeinen ab-
gezehlten dritten Theil hinweg nehmen wolte, ſprach
der Biſchoff: Haltet inne mein Freund, ich habe
noch etwas zu erinnern. Der heilige Bonifacius iſt
durch eure ungeſtuͤme Anklage mehr beleidiget, als
durch die leichtſinnigen Reden des gegenwaͤrtigen
Ketzers, denn um eurent willen iſt man genoͤthiget
worden denſelben zu viertheilen. Sehet, er wird in
Zukunfft Kleider vonnoͤthen haben, ſolche ihm un-
ſchuldig zugefuͤgte Scham zu bedecken, auch iſts
billig, daß man ſo ein uraltes wunderthaͤtiges Heili-
gen Bild wieder zuſammen leime, und ihm zur Erſtat-
tung ſeiner Ehre, einen Altar aufrichte. Zu dieſem
heil. Geſtiffte, werdet ihr euren Antheil des Geldes,
am allerbeſten anzulegen wiſſen, und damit eure
Schuld buͤſſen. Gegenwaͤrtiger Ketzer aber ſoll
von ſeinem Antheil ebenfalls 50. Ducaten darzu ge-
ben, damit er in Zukunfft beſcheidener und an-
daͤchtiger von den verſtorbenen Heiligen reden lerne.

Hierbey mußte es bleiben, mein Anklaͤger mochte
ſich auch ſo Verzweifelungs-voll anſtellen als er im-
mer wolte, ich aber bekam zu meinem Theile 160
Cremnitzer Ducaten, 2. Kaͤyſer Gulden, und etliche
Batzen richtig in den Hut gezehlt und zugleich die
Freyheit hin zu gehen, wo mir beliebte. Dieſer
Streich gab in der Stadt zu vielen luſtigen Geſpraͤ-
chen Anlaß, unter andern hatte ein ſpitzfindiger
Kopf folgende Verſe darauf gemacht:

MA-
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[339/0353] macht gefallen, er wolte zwar noch ſehr viel Einwen- dens machen, allein es blieb darbey, und zum groͤßten Gelaͤchter aller Anweſenden, wurde der letzte Be- trug aͤrger als der erſte, denn indem mein Anklaͤger mit zitterenden Haͤnden zugreiffen, und ſeinen ab- gezehlten dritten Theil hinweg nehmen wolte, ſprach der Biſchoff: Haltet inne mein Freund, ich habe noch etwas zu erinnern. Der heilige Bonifacius iſt durch eure ungeſtuͤme Anklage mehr beleidiget, als durch die leichtſinnigen Reden des gegenwaͤrtigen Ketzers, denn um eurent willen iſt man genoͤthiget worden denſelben zu viertheilen. Sehet, er wird in Zukunfft Kleider vonnoͤthen haben, ſolche ihm un- ſchuldig zugefuͤgte Scham zu bedecken, auch iſts billig, daß man ſo ein uraltes wunderthaͤtiges Heili- gen Bild wieder zuſammen leime, und ihm zur Erſtat- tung ſeiner Ehre, einen Altar aufrichte. Zu dieſem heil. Geſtiffte, werdet ihr euren Antheil des Geldes, am allerbeſten anzulegen wiſſen, und damit eure Schuld buͤſſen. Gegenwaͤrtiger Ketzer aber ſoll von ſeinem Antheil ebenfalls 50. Ducaten darzu ge- ben, damit er in Zukunfft beſcheidener und an- daͤchtiger von den verſtorbenen Heiligen reden lerne. Hierbey mußte es bleiben, mein Anklaͤger mochte ſich auch ſo Verzweifelungs-voll anſtellen als er im- mer wolte, ich aber bekam zu meinem Theile 160 Cremnitzer Ducaten, 2. Kaͤyſer Gulden, und etliche Batzen richtig in den Hut gezehlt und zugleich die Freyheit hin zu gehen, wo mir beliebte. Dieſer Streich gab in der Stadt zu vielen luſtigen Geſpraͤ- chen Anlaß, unter andern hatte ein ſpitzfindiger Kopf folgende Verſe darauf gemacht: MA- y 2

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Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 2. Nordhausen, 1737, S. 339. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata02_1737/353>, abgerufen am 22.11.2024.