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Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 2. Nordhausen, 1737.

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Nahrung auszahlen, das übrige aber bis zu meiner
Zurückkunfft, in seiner Verwahrung behalten
solte.

Wenig Wochen hernach, bekam ich von diesem
lieben Manne, eine eigenhändige Schrifft, worin-
nen er mir nicht allein alles, was Zeit meiner Abrei-
se veränderliches vorgegangen war, berichtete, son-
dern auch eine gerichtliche Abschrifft von derjeni-
gen Quittung überschickte, die er meiner Mutter,
wegen des Empfangs der 120. Ducaten, und der,
ihr davon ausgezahlten 50. Gülden, zur sichern Ver-
wahrung gegeben hatte, das vor mich ausgelegte
Geld aber, wolte er bis zu meiner Zurückkunfft
ausgesetzt lassen, und mittlerweile mein übriges an
sichere Orte auf Zinsen austhun.

Jch hatte indessen Geld genug zurück behalten,
mir recht saubere Kleidung, Wäsche und andere
Bedürffnissen anzuschaffen, verdiente auch unter
dem neuen Meister, bey dem Orgel-und Kloster-
Bau von Zeit zu Zeit, ein schön Stück Geld, wovon
ich den meisten Theil darzu anwendete, bey einem
Bau-Meister, in der Architectur die neusten und
besten Stücke zu erlernen, und denn auch bey dem
Orgel-Bauer, die mir noch unbewußten Vortheile
seiner Kunst auszuforschen. Es ging mir auf bey-
den Seiten alles sehr wohl von statten, weil diejeni-
gen müßigen Stunden, welche andere zum sauffen,
spielen und spatziren gehen anwendeten, besser zu
gebrauchen wußte. Mit dem ältesten Orgel-Bau-
ers-Gesellen, der bereits capable war einen Meister
abzugeben, stifftete ich binnen wenig Wochen eine
vollkommene Freundschafft, erlernete also von dem-

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Nahrung auszahlen, das uͤbrige aber bis zu meiner
Zuruͤckkunfft, in ſeiner Verwahrung behalten
ſolte.

Wenig Wochen hernach, bekam ich von dieſem
lieben Manne, eine eigenhaͤndige Schrifft, worin-
nen er mir nicht allein alles, was Zeit meiner Abrei-
ſe veraͤnderliches vorgegangen war, berichtete, ſon-
dern auch eine gerichtliche Abſchrifft von derjeni-
gen Quittung uͤberſchickte, die er meiner Mutter,
wegen des Empfangs der 120. Ducaten, und der,
ihr davon ausgezahlten 50. Guͤlden, zur ſichern Ver-
wahrung gegeben hatte, das vor mich ausgelegte
Geld aber, wolte er bis zu meiner Zuruͤckkunfft
ausgeſetzt laſſen, und mittlerweile mein uͤbriges an
ſichere Orte auf Zinſen austhun.

Jch hatte indeſſen Geld genug zuruͤck behalten,
mir recht ſaubere Kleidung, Waͤſche und andere
Beduͤrffniſſen anzuſchaffen, verdiente auch unter
dem neuen Meiſter, bey dem Orgel-und Kloſter-
Bau von Zeit zu Zeit, ein ſchoͤn Stuͤck Geld, wovon
ich den meiſten Theil darzu anwendete, bey einem
Bau-Meiſter, in der Architectur die neuſten und
beſten Stuͤcke zu erlernen, und denn auch bey dem
Orgel-Bauer, die mir noch unbewußten Vortheile
ſeiner Kunſt auszuforſchen. Es ging mir auf bey-
den Seiten alles ſehr wohl von ſtatten, weil diejeni-
gen muͤßigen Stunden, welche andere zum ſauffen,
ſpielen und ſpatziren gehen anwendeten, beſſer zu
gebrauchen wußte. Mit dem aͤlteſten Orgel-Bau-
ers-Geſellen, der bereits capable war einen Meiſter
abzugeben, ſtifftete ich binnen wenig Wochen eine
vollkommene Freundſchafft, erlernete alſo von dem-

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[341/0355] Nahrung auszahlen, das uͤbrige aber bis zu meiner Zuruͤckkunfft, in ſeiner Verwahrung behalten ſolte. Wenig Wochen hernach, bekam ich von dieſem lieben Manne, eine eigenhaͤndige Schrifft, worin- nen er mir nicht allein alles, was Zeit meiner Abrei- ſe veraͤnderliches vorgegangen war, berichtete, ſon- dern auch eine gerichtliche Abſchrifft von derjeni- gen Quittung uͤberſchickte, die er meiner Mutter, wegen des Empfangs der 120. Ducaten, und der, ihr davon ausgezahlten 50. Guͤlden, zur ſichern Ver- wahrung gegeben hatte, das vor mich ausgelegte Geld aber, wolte er bis zu meiner Zuruͤckkunfft ausgeſetzt laſſen, und mittlerweile mein uͤbriges an ſichere Orte auf Zinſen austhun. Jch hatte indeſſen Geld genug zuruͤck behalten, mir recht ſaubere Kleidung, Waͤſche und andere Beduͤrffniſſen anzuſchaffen, verdiente auch unter dem neuen Meiſter, bey dem Orgel-und Kloſter- Bau von Zeit zu Zeit, ein ſchoͤn Stuͤck Geld, wovon ich den meiſten Theil darzu anwendete, bey einem Bau-Meiſter, in der Architectur die neuſten und beſten Stuͤcke zu erlernen, und denn auch bey dem Orgel-Bauer, die mir noch unbewußten Vortheile ſeiner Kunſt auszuforſchen. Es ging mir auf bey- den Seiten alles ſehr wohl von ſtatten, weil diejeni- gen muͤßigen Stunden, welche andere zum ſauffen, ſpielen und ſpatziren gehen anwendeten, beſſer zu gebrauchen wußte. Mit dem aͤlteſten Orgel-Bau- ers-Geſellen, der bereits capable war einen Meiſter abzugeben, ſtifftete ich binnen wenig Wochen eine vollkommene Freundſchafft, erlernete alſo von dem- ſel- y 3

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Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 2. Nordhausen, 1737, S. 341. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata02_1737/355>, abgerufen am 23.11.2024.