Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 2. Nordhausen, 1737.

Bild:
<< vorherige Seite

gefallen sind, sondern nur melden, daß die wohl-
thätigen Leute gleich folgendes Tages, einen
Schneider aus der nächsten Stadt kommen liessen,
welcher alles Behörige mitbringen, und mir in der
Geschwindigkeit ein vortreffliches neues Kleid ver-
fertigen mußte, das wenigstens auf etliche 20.
Thlr. zu stehen kam, über dieses versorgte mich
meine ehemahlige Liebste mit sauberer Wäsche und
andern höchstnöthigen Sachen, dem ohngeacht
mußte ich einen gantzen Monath bey ihnen bleiben,
da mir aber unmöglich war, fernere Ungelegenheit
zu verursachen, und ich mich verlauten ließ, ehe
heimlich fort zu gehen, als Dero Güte noch länger
zu mißbrauchen, wurde ich endlich mit 30. Frantz-
Gulden abgefertiget, und gebeten, so bald es mei-
ne Gelegenheit zuliesse, ihnen wieder zuzusprechen.
Jch wegerte mich durchaus, mehr als einen eintzi-
gen Gulden Zehr-Geld anzunehmen, allein, der
treuhertzige Pfarrer sagte: Mein Freund, ich bitte
gar sehr, macht keine Weitläufftigkeiten, dieses
Baggatell anzunehmen, welches wir euch aus besten
Gemüthe geben und gönnen, ich bin euch ein weit
mehreres schuldig, allein bedencket, daß ich seit
wenig Jahren her ein grosses durch Rauberey und
andere Unglücks-Fälle verlohren habe, indessen
weil ich nicht zweifele, daß mir GOtt, vermittelst
meines sehr austräglichen Pfarr-Diensts, den
Schaden gar bald wieder ersetzen wird, so stehet
euch mein Haus, Küche und Geld-Beutel jederzeit
offen, kommet alle Jahr etlichemahl, und verlan-
get einen Theil unseres Vermögens, es soll euch
mit größten Vergnügen gereicht werden, denn meine

Liebste
z 4

gefallen ſind, ſondern nur melden, daß die wohl-
thaͤtigen Leute gleich folgendes Tages, einen
Schneider aus der naͤchſten Stadt kommen lieſſen,
welcher alles Behoͤrige mitbringen, und mir in der
Geſchwindigkeit ein vortreffliches neues Kleid ver-
fertigen mußte, das wenigſtens auf etliche 20.
Thlr. zu ſtehen kam, uͤber dieſes verſorgte mich
meine ehemahlige Liebſte mit ſauberer Waͤſche und
andern hoͤchſtnoͤthigen Sachen, dem ohngeacht
mußte ich einen gantzen Monath bey ihnen bleiben,
da mir aber unmoͤglich war, fernere Ungelegenheit
zu verurſachen, und ich mich verlauten ließ, ehe
heimlich fort zu gehen, als Dero Guͤte noch laͤnger
zu mißbrauchen, wurde ich endlich mit 30. Frantz-
Gulden abgefertiget, und gebeten, ſo bald es mei-
ne Gelegenheit zulieſſe, ihnen wieder zuzuſprechen.
Jch wegerte mich durchaus, mehr als einen eintzi-
gen Gulden Zehr-Geld anzunehmen, allein, der
treuhertzige Pfarrer ſagte: Mein Freund, ich bitte
gar ſehr, macht keine Weitlaͤufftigkeiten, dieſes
Baggatell anzunehmen, welches wir euch aus beſten
Gemuͤthe geben und goͤnnen, ich bin euch ein weit
mehreres ſchuldig, allein bedencket, daß ich ſeit
wenig Jahren her ein groſſes durch Rauberey und
andere Ungluͤcks-Faͤlle verlohren habe, indeſſen
weil ich nicht zweifele, daß mir GOtt, vermittelſt
meines ſehr austraͤglichen Pfarr-Dienſts, den
Schaden gar bald wieder erſetzen wird, ſo ſtehet
euch mein Haus, Kuͤche und Geld-Beutel jederzeit
offen, kommet alle Jahr etlichemahl, und verlan-
get einen Theil unſeres Vermoͤgens, es ſoll euch
mit groͤßten Vergnuͤgen gereicht werden, denn meine

Liebſte
z 4
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0373" n="359"/>
gefallen &#x017F;ind, &#x017F;ondern nur melden, daß die wohl-<lb/>
tha&#x0364;tigen Leute gleich folgendes Tages, einen<lb/>
Schneider aus der na&#x0364;ch&#x017F;ten Stadt kommen lie&#x017F;&#x017F;en,<lb/>
welcher alles Beho&#x0364;rige mitbringen, und mir in der<lb/>
Ge&#x017F;chwindigkeit ein vortreffliches neues Kleid ver-<lb/>
fertigen mußte, das wenig&#x017F;tens auf etliche 20.<lb/>
Thlr. zu &#x017F;tehen kam, u&#x0364;ber die&#x017F;es ver&#x017F;orgte mich<lb/>
meine ehemahlige Lieb&#x017F;te mit &#x017F;auberer Wa&#x0364;&#x017F;che und<lb/>
andern ho&#x0364;ch&#x017F;tno&#x0364;thigen Sachen, dem ohngeacht<lb/>
mußte ich einen gantzen Monath bey ihnen bleiben,<lb/>
da mir aber unmo&#x0364;glich war, fernere Ungelegenheit<lb/>
zu verur&#x017F;achen, und ich mich verlauten ließ, ehe<lb/>
heimlich fort zu gehen, als Dero Gu&#x0364;te noch la&#x0364;nger<lb/>
zu mißbrauchen, wurde ich endlich mit 30. Frantz-<lb/>
Gulden abgefertiget, und gebeten, &#x017F;o bald es mei-<lb/>
ne Gelegenheit zulie&#x017F;&#x017F;e, ihnen wieder zuzu&#x017F;prechen.<lb/>
Jch wegerte mich durchaus, mehr als einen eintzi-<lb/>
gen Gulden Zehr-Geld anzunehmen, allein, der<lb/>
treuhertzige Pfarrer &#x017F;agte: Mein Freund, ich bitte<lb/>
gar &#x017F;ehr, macht keine Weitla&#x0364;ufftigkeiten, die&#x017F;es<lb/><hi rendition="#aq">Baggatell</hi> anzunehmen, welches wir euch aus be&#x017F;ten<lb/>
Gemu&#x0364;the geben und go&#x0364;nnen, ich bin euch ein weit<lb/>
mehreres &#x017F;chuldig, allein bedencket, daß ich &#x017F;eit<lb/>
wenig Jahren her ein gro&#x017F;&#x017F;es durch Rauberey und<lb/>
andere Unglu&#x0364;cks-Fa&#x0364;lle verlohren habe, inde&#x017F;&#x017F;en<lb/>
weil ich nicht zweifele, daß mir GOtt, vermittel&#x017F;t<lb/>
meines &#x017F;ehr austra&#x0364;glichen Pfarr-Dien&#x017F;ts, den<lb/>
Schaden gar bald wieder er&#x017F;etzen wird, &#x017F;o &#x017F;tehet<lb/>
euch mein Haus, Ku&#x0364;che und Geld-Beutel jederzeit<lb/>
offen, kommet alle Jahr etlichemahl, und verlan-<lb/>
get einen Theil un&#x017F;eres Vermo&#x0364;gens, es &#x017F;oll euch<lb/>
mit gro&#x0364;ßten Vergnu&#x0364;gen gereicht werden, denn meine<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">z 4</fw><fw place="bottom" type="catch">Lieb&#x017F;te</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[359/0373] gefallen ſind, ſondern nur melden, daß die wohl- thaͤtigen Leute gleich folgendes Tages, einen Schneider aus der naͤchſten Stadt kommen lieſſen, welcher alles Behoͤrige mitbringen, und mir in der Geſchwindigkeit ein vortreffliches neues Kleid ver- fertigen mußte, das wenigſtens auf etliche 20. Thlr. zu ſtehen kam, uͤber dieſes verſorgte mich meine ehemahlige Liebſte mit ſauberer Waͤſche und andern hoͤchſtnoͤthigen Sachen, dem ohngeacht mußte ich einen gantzen Monath bey ihnen bleiben, da mir aber unmoͤglich war, fernere Ungelegenheit zu verurſachen, und ich mich verlauten ließ, ehe heimlich fort zu gehen, als Dero Guͤte noch laͤnger zu mißbrauchen, wurde ich endlich mit 30. Frantz- Gulden abgefertiget, und gebeten, ſo bald es mei- ne Gelegenheit zulieſſe, ihnen wieder zuzuſprechen. Jch wegerte mich durchaus, mehr als einen eintzi- gen Gulden Zehr-Geld anzunehmen, allein, der treuhertzige Pfarrer ſagte: Mein Freund, ich bitte gar ſehr, macht keine Weitlaͤufftigkeiten, dieſes Baggatell anzunehmen, welches wir euch aus beſten Gemuͤthe geben und goͤnnen, ich bin euch ein weit mehreres ſchuldig, allein bedencket, daß ich ſeit wenig Jahren her ein groſſes durch Rauberey und andere Ungluͤcks-Faͤlle verlohren habe, indeſſen weil ich nicht zweifele, daß mir GOtt, vermittelſt meines ſehr austraͤglichen Pfarr-Dienſts, den Schaden gar bald wieder erſetzen wird, ſo ſtehet euch mein Haus, Kuͤche und Geld-Beutel jederzeit offen, kommet alle Jahr etlichemahl, und verlan- get einen Theil unſeres Vermoͤgens, es ſoll euch mit groͤßten Vergnuͤgen gereicht werden, denn meine Liebſte z 4

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata02_1737
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata02_1737/373
Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 2. Nordhausen, 1737, S. 359. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata02_1737/373>, abgerufen am 25.11.2024.