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Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 2. Nordhausen, 1737.

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selbst offenhertzig bekennen, daß unter dem Bilde des
Pharisäers, unser Ober-Pfarrer, und dann unter
dem Zollner, der Kirchen-Vorsteher, beyde nach ih-
rer eigentlichen Physiognomie, dergestalt accurat
getroffen waren, als ob sie leibeten und lebten. Es
fehlete nicht viel, man hätte mir dieserwegen einen
neuen Process an den Hals geworffen, denn der
Bürgermeister war mein abgesagter Feind gewor-
den, jedoch es mochte ein gewisser kluger Mann ins
Mittel getreten seyn, welcher durch einen andern
Bildhauer und Mahler die Gesichter gantz und gar
verändern lassen, so daß sich weiter niemand beschwe-
ren durffte. Bey herannahenden Weyhnachts-
Feste, da meine Handwercks Genossen gemeinig-
lich allerhand Spiel-und Possenwerck vor die Kin-
der zu machen pflegten, war ich auch nicht der Letzte
meine curieusen Inventionen, deutlicher aber zusa-
gen Schraubereyen, auf den Laden heraus zu setzen,
ich will aber nur diejenigen beschreiben, welche mir
den meisten Verdruß verursachten. Es praesen-
ti
rte sich demnach die Gerechtigkeit auf ei-
ner Schaukel sitzend. An statt der Vinde, welche
sie sonsten um die Augen zu tragen pflegt, hatte ich
ihr eine Brille ohne Gläser auf die Nase gesetzt. Jn
der rechten Hand führete sie ein in der Scheide ste-
ckendes Schwerd, wenn aber die Scheide abgezo-
gen wurde, kam ein ordentlicher Pflug-Reitel zum
Vorscheine. Die lincke Hand hielt eine Wage,
deren eine Schale, von dem darinnen liegenden Zehl-
Brete, aufs tiefste niedergezogen war, da hingegen
in der andern hoch hinauf gezogenen Schale, ein
Buch, mit der Aufschrifft: Corpus Juris, lag. Auf

beyden

ſelbſt offenhertzig bekennen, daß unter dem Bilde des
Phariſaͤers, unſer Ober-Pfarrer, und dann unter
dem Zollner, der Kirchen-Vorſteher, beyde nach ih-
rer eigentlichen Phyſiognomie, dergeſtalt accurat
getroffen waren, als ob ſie leibeten und lebten. Es
fehlete nicht viel, man haͤtte mir dieſerwegen einen
neuen Proceſs an den Hals geworffen, denn der
Buͤrgermeiſter war mein abgeſagter Feind gewor-
den, jedoch es mochte ein gewiſſer kluger Mann ins
Mittel getreten ſeyn, welcher durch einen andern
Bildhauer und Mahler die Geſichter gantz und gar
veraͤndern laſſen, ſo daß ſich weiter niemand beſchwe-
ren durffte. Bey herannahenden Weyhnachts-
Feſte, da meine Handwercks Genoſſen gemeinig-
lich allerhand Spiel-und Poſſenwerck vor die Kin-
der zu machen pflegten, war ich auch nicht der Letzte
meine curieuſen Inventionen, deutlicher aber zuſa-
gen Schraubereyen, auf den Laden heraus zu ſetzen,
ich will aber nur diejenigen beſchreiben, welche mir
den meiſten Verdruß verurſachten. Es præſen-
ti
rte ſich demnach die Gerechtigkeit auf ei-
ner Schaukel ſitzend. An ſtatt der Vinde, welche
ſie ſonſten um die Augen zu tragen pflegt, hatte ich
ihr eine Brille ohne Glaͤſer auf die Naſe geſetzt. Jn
der rechten Hand fuͤhrete ſie ein in der Scheide ſte-
ckendes Schwerd, wenn aber die Scheide abgezo-
gen wurde, kam ein ordentlicher Pflug-Reitel zum
Vorſcheine. Die lincke Hand hielt eine Wage,
deren eine Schale, von dem darinnen liegenden Zehl-
Brete, aufs tiefſte niedergezogen war, da hingegen
in der andern hoch hinauf gezogenen Schale, ein
Buch, mit der Aufſchrifft: Corpus Juris, lag. Auf

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[413/0427] ſelbſt offenhertzig bekennen, daß unter dem Bilde des Phariſaͤers, unſer Ober-Pfarrer, und dann unter dem Zollner, der Kirchen-Vorſteher, beyde nach ih- rer eigentlichen Phyſiognomie, dergeſtalt accurat getroffen waren, als ob ſie leibeten und lebten. Es fehlete nicht viel, man haͤtte mir dieſerwegen einen neuen Proceſs an den Hals geworffen, denn der Buͤrgermeiſter war mein abgeſagter Feind gewor- den, jedoch es mochte ein gewiſſer kluger Mann ins Mittel getreten ſeyn, welcher durch einen andern Bildhauer und Mahler die Geſichter gantz und gar veraͤndern laſſen, ſo daß ſich weiter niemand beſchwe- ren durffte. Bey herannahenden Weyhnachts- Feſte, da meine Handwercks Genoſſen gemeinig- lich allerhand Spiel-und Poſſenwerck vor die Kin- der zu machen pflegten, war ich auch nicht der Letzte meine curieuſen Inventionen, deutlicher aber zuſa- gen Schraubereyen, auf den Laden heraus zu ſetzen, ich will aber nur diejenigen beſchreiben, welche mir den meiſten Verdruß verurſachten. Es præſen- tirte ſich demnach die Gerechtigkeit auf ei- ner Schaukel ſitzend. An ſtatt der Vinde, welche ſie ſonſten um die Augen zu tragen pflegt, hatte ich ihr eine Brille ohne Glaͤſer auf die Naſe geſetzt. Jn der rechten Hand fuͤhrete ſie ein in der Scheide ſte- ckendes Schwerd, wenn aber die Scheide abgezo- gen wurde, kam ein ordentlicher Pflug-Reitel zum Vorſcheine. Die lincke Hand hielt eine Wage, deren eine Schale, von dem darinnen liegenden Zehl- Brete, aufs tiefſte niedergezogen war, da hingegen in der andern hoch hinauf gezogenen Schale, ein Buch, mit der Aufſchrifft: Corpus Juris, lag. Auf beyden

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Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 2. Nordhausen, 1737, S. 413. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata02_1737/427>, abgerufen am 28.11.2024.