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Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 2. Nordhausen, 1737.

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schätzte mich bey einer so schönen Liebste der glückse-
ligste Mensch von der Welt zu seyn, weil aber Glück
und Unglück sehr selten weit von einander entfernet
ist, so mußte auch ich armer Schelm, solches zu
meinem größten Verdrusse erfahren, denn da ich
schon alle Anstalten zu meiner bevorstehenden Can-
tors-
Haushaltung machte, bekam ein anderer den
Dienst, und ich das Nachsehen.

Dieser Streich verdroß mich dergestalt hefftig,
daß ich so gleich noch in der ersten Bosheit einen
Schwur that, nimmermehr wiederum um einen
Kirchen-und Schul-Dienst anzuhalten, sondern
bey meinem Schwieger-Vater das Posamentir-
Handwerck zu erlernen, nach ausgestandenen Lehr-
Jahren, Geselle und Meister auf einmahl zu wer-
den, und hernach meine Braut darauf zu nehmen
und zu ernehren. Mein Schwieger-Vater war
zwar so wohl als die Braut ziemlich stutzig, jedoch
das Verlöbniß war ein vor allemahl geschehen, und
ohnmöglich zu wiederrusen, weilen in Gegenwart
sehr vieler Leute alle Ceremonien darbey observirt
waren. Endlich mußte sich auf Zureden meiner
Mutter und anderer guten Freunde alles geben,
denn mein Schwieger-Vater versprach: Daferne
ich mit seiner Tochter fein keusch und züchtig leben
würde, er binnen zwey Jahren alles dahin brin-
gen wolte, mich so wohl zum Meister, als vergnüg-
ten Ehe-Manne zu machen. Demnach wurde ich
in meinem 19ten Jahre zum drittenmahle als ein
Lehr-Junge aufgedungen, und kam nachhero fast
niemahls aus dem Hause, weil ich mich vor den
Spott-Reden der Schneider- und Leinweber-Jun-

gen,

ſchaͤtzte mich bey einer ſo ſchoͤnen Liebſte der gluͤckſe-
ligſte Menſch von der Welt zu ſeyn, weil aber Gluͤck
und Ungluͤck ſehr ſelten weit von einander entfernet
iſt, ſo mußte auch ich armer Schelm, ſolches zu
meinem groͤßten Verdruſſe erfahren, denn da ich
ſchon alle Anſtalten zu meiner bevorſtehenden Can-
tors-
Haushaltung machte, bekam ein anderer den
Dienſt, und ich das Nachſehen.

Dieſer Streich verdroß mich dergeſtalt hefftig,
daß ich ſo gleich noch in der erſten Bosheit einen
Schwur that, nimmermehr wiederum um einen
Kirchen-und Schul-Dienſt anzuhalten, ſondern
bey meinem Schwieger-Vater das Poſamentir-
Handwerck zu erlernen, nach ausgeſtandenen Lehr-
Jahren, Geſelle und Meiſter auf einmahl zu wer-
den, und hernach meine Braut darauf zu nehmen
und zu ernehren. Mein Schwieger-Vater war
zwar ſo wohl als die Braut ziemlich ſtutzig, jedoch
das Verloͤbniß war ein vor allemahl geſchehen, und
ohnmoͤglich zu wiederruſen, weilen in Gegenwart
ſehr vieler Leute alle Ceremonien darbey obſervirt
waren. Endlich mußte ſich auf Zureden meiner
Mutter und anderer guten Freunde alles geben,
denn mein Schwieger-Vater verſprach: Daferne
ich mit ſeiner Tochter fein keuſch und zuͤchtig leben
wuͤrde, er binnen zwey Jahren alles dahin brin-
gen wolte, mich ſo wohl zum Meiſter, als vergnuͤg-
ten Ehe-Manne zu machen. Demnach wurde ich
in meinem 19ten Jahre zum drittenmahle als ein
Lehr-Junge aufgedungen, und kam nachhero faſt
niemahls aus dem Hauſe, weil ich mich vor den
Spott-Reden der Schneider- und Leinweber-Jun-

gen,
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[442/0456] ſchaͤtzte mich bey einer ſo ſchoͤnen Liebſte der gluͤckſe- ligſte Menſch von der Welt zu ſeyn, weil aber Gluͤck und Ungluͤck ſehr ſelten weit von einander entfernet iſt, ſo mußte auch ich armer Schelm, ſolches zu meinem groͤßten Verdruſſe erfahren, denn da ich ſchon alle Anſtalten zu meiner bevorſtehenden Can- tors-Haushaltung machte, bekam ein anderer den Dienſt, und ich das Nachſehen. Dieſer Streich verdroß mich dergeſtalt hefftig, daß ich ſo gleich noch in der erſten Bosheit einen Schwur that, nimmermehr wiederum um einen Kirchen-und Schul-Dienſt anzuhalten, ſondern bey meinem Schwieger-Vater das Poſamentir- Handwerck zu erlernen, nach ausgeſtandenen Lehr- Jahren, Geſelle und Meiſter auf einmahl zu wer- den, und hernach meine Braut darauf zu nehmen und zu ernehren. Mein Schwieger-Vater war zwar ſo wohl als die Braut ziemlich ſtutzig, jedoch das Verloͤbniß war ein vor allemahl geſchehen, und ohnmoͤglich zu wiederruſen, weilen in Gegenwart ſehr vieler Leute alle Ceremonien darbey obſervirt waren. Endlich mußte ſich auf Zureden meiner Mutter und anderer guten Freunde alles geben, denn mein Schwieger-Vater verſprach: Daferne ich mit ſeiner Tochter fein keuſch und zuͤchtig leben wuͤrde, er binnen zwey Jahren alles dahin brin- gen wolte, mich ſo wohl zum Meiſter, als vergnuͤg- ten Ehe-Manne zu machen. Demnach wurde ich in meinem 19ten Jahre zum drittenmahle als ein Lehr-Junge aufgedungen, und kam nachhero faſt niemahls aus dem Hauſe, weil ich mich vor den Spott-Reden der Schneider- und Leinweber-Jun- gen,

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Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 2. Nordhausen, 1737, S. 442. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata02_1737/456>, abgerufen am 21.11.2024.