ihr kleines Kind im Korbe auf den Rücken trug, wurde meiner mit größten Schrecken am ersten ge- wahr, gab mir aber mit einem Wincke zu verstehen, daß ich zurück bleiben solte. Jch gehorsamete und blieb von ferne stehen, nachdem aber der Pferde- Handel völlig geschlossen war, und der Stief-Vater selbiges schon auf die Seite geführet hatte, mochte ihm die Mutter meine Anwesenheit mit Manier wis- send gemacht haben, weßwegen sie mir beyderseits winckten zu ihnen zu kommen.
Aus den Augen meines Stief-Vaters strahlete mir ein grimmiger Zorn-Blitz entgegen, um nun den vermuthlich darauf folgenden Schlägen vorzu- beugen, zohe ich meine gantze zusammen gebettelte Baarschafft hervor, und trug dieselbe meinen er- grimmt scheinenden Eltern entgegen. Der Stief- Vater riß mir das Geld aus den Händen, warff es ohngezehlt in seine Tasche, und bewillkommete mich mit folgenden liebreichen Worten: Wo führen dich verfluchte Bestie alle 1000 - - - - her? Jch erzehlete mit Zittern, wie es mir in Radegast mit dem Feuer ergangen, daß ich meinen kleinen Bruder daselbst zurück gelassen, und ihnen nachgelauffen, auch so glücklich gewesen, sie beyde zu finden. Hierauf sagte er nichts weiter, knirschete aber dergestalt mit den Zähnen, daß mir hören und sehen verging, je- doch auf meiner Mutter inständiges Bitten, sich nicht allzusehr zu ärgern, gab er mir endlich sein Pferd mit Befehl, selbiges hinter einer Mühle her- um zu führen, und am Wege nach der Stadt etwas Gras fressen zu lassen. Wiewohl nun um selbige Zeit das Gras kaum ein klein wenig aus der Erden
kei-
ihr kleines Kind im Korbe auf den Ruͤcken trug, wurde meiner mit groͤßten Schrecken am erſten ge- wahr, gab mir aber mit einem Wincke zu verſtehen, daß ich zuruͤck bleiben ſolte. Jch gehorſamete und blieb von ferne ſtehen, nachdem aber der Pferde- Handel voͤllig geſchloſſen war, und der Stief-Vater ſelbiges ſchon auf die Seite gefuͤhret hatte, mochte ihm die Mutter meine Anweſenheit mit Manier wiſ- ſend gemacht haben, weßwegen ſie mir beyderſeits winckten zu ihnen zu kommen.
Aus den Augen meines Stief-Vaters ſtrahlete mir ein grimmiger Zorn-Blitz entgegen, um nun den vermuthlich darauf folgenden Schlaͤgen vorzu- beugen, zohe ich meine gantze zuſammen gebettelte Baarſchafft hervor, und trug dieſelbe meinen er- grimmt ſcheinenden Eltern entgegen. Der Stief- Vater riß mir das Geld aus den Haͤnden, warff es ohngezehlt in ſeine Taſche, und bewillkommete mich mit folgenden liebreichen Worten: Wo fuͤhren dich verfluchte Beſtie alle 1000 ‒ ‒ ‒ ‒ her? Jch erzehlete mit Zittern, wie es mir in Radegaſt mit dem Feuer ergangen, daß ich meinen kleinen Bruder daſelbſt zuruͤck gelaſſen, und ihnen nachgelauffen, auch ſo gluͤcklich geweſen, ſie beyde zu finden. Hierauf ſagte er nichts weiter, knirſchete aber dergeſtalt mit den Zaͤhnen, daß mir hoͤren und ſehen verging, je- doch auf meiner Mutter inſtaͤndiges Bitten, ſich nicht allzuſehr zu aͤrgern, gab er mir endlich ſein Pferd mit Befehl, ſelbiges hinter einer Muͤhle her- um zu fuͤhren, und am Wege nach der Stadt etwas Gras freſſen zu laſſen. Wiewohl nun um ſelbige Zeit das Gras kaum ein klein wenig aus der Erden
kei-
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0491"n="475"/>
ihr kleines Kind im Korbe auf den Ruͤcken trug,<lb/>
wurde meiner mit groͤßten Schrecken am erſten ge-<lb/>
wahr, gab mir aber mit einem Wincke zu verſtehen,<lb/>
daß ich zuruͤck bleiben ſolte. Jch gehorſamete und<lb/>
blieb von ferne ſtehen, nachdem aber der Pferde-<lb/>
Handel voͤllig geſchloſſen war, und der Stief-Vater<lb/>ſelbiges ſchon auf die Seite gefuͤhret hatte, mochte<lb/>
ihm die Mutter meine Anweſenheit mit <hirendition="#aq">Manier</hi> wiſ-<lb/>ſend gemacht haben, weßwegen ſie mir beyderſeits<lb/>
winckten zu ihnen zu kommen.</p><lb/><p>Aus den Augen meines Stief-Vaters ſtrahlete<lb/>
mir ein grimmiger Zorn-Blitz entgegen, um nun<lb/>
den vermuthlich darauf folgenden Schlaͤgen vorzu-<lb/>
beugen, zohe ich meine gantze zuſammen gebettelte<lb/>
Baarſchafft hervor, und trug dieſelbe meinen er-<lb/>
grimmt ſcheinenden Eltern entgegen. Der Stief-<lb/>
Vater riß mir das Geld aus den Haͤnden, warff es<lb/>
ohngezehlt in ſeine Taſche, und bewillkommete mich<lb/>
mit folgenden liebreichen Worten: Wo fuͤhren dich<lb/>
verfluchte <hirendition="#aq">Beſtie</hi> alle 1000 ‒‒‒‒ her? Jch<lb/>
erzehlete mit Zittern, wie es mir in Radegaſt mit<lb/>
dem Feuer ergangen, daß ich meinen kleinen Bruder<lb/>
daſelbſt zuruͤck gelaſſen, und ihnen nachgelauffen, auch<lb/>ſo gluͤcklich geweſen, ſie beyde zu finden. Hierauf<lb/>ſagte er nichts weiter, knirſchete aber dergeſtalt mit<lb/>
den Zaͤhnen, daß mir hoͤren und ſehen verging, je-<lb/>
doch auf meiner Mutter inſtaͤndiges Bitten, ſich<lb/>
nicht allzuſehr zu aͤrgern, gab er mir endlich ſein<lb/>
Pferd mit Befehl, ſelbiges hinter einer Muͤhle her-<lb/>
um zu fuͤhren, und am Wege nach der Stadt etwas<lb/>
Gras freſſen zu laſſen. Wiewohl nun um ſelbige<lb/>
Zeit das Gras kaum ein klein wenig aus der Erden<lb/><fwplace="bottom"type="catch">kei-</fw><lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[475/0491]
ihr kleines Kind im Korbe auf den Ruͤcken trug,
wurde meiner mit groͤßten Schrecken am erſten ge-
wahr, gab mir aber mit einem Wincke zu verſtehen,
daß ich zuruͤck bleiben ſolte. Jch gehorſamete und
blieb von ferne ſtehen, nachdem aber der Pferde-
Handel voͤllig geſchloſſen war, und der Stief-Vater
ſelbiges ſchon auf die Seite gefuͤhret hatte, mochte
ihm die Mutter meine Anweſenheit mit Manier wiſ-
ſend gemacht haben, weßwegen ſie mir beyderſeits
winckten zu ihnen zu kommen.
Aus den Augen meines Stief-Vaters ſtrahlete
mir ein grimmiger Zorn-Blitz entgegen, um nun
den vermuthlich darauf folgenden Schlaͤgen vorzu-
beugen, zohe ich meine gantze zuſammen gebettelte
Baarſchafft hervor, und trug dieſelbe meinen er-
grimmt ſcheinenden Eltern entgegen. Der Stief-
Vater riß mir das Geld aus den Haͤnden, warff es
ohngezehlt in ſeine Taſche, und bewillkommete mich
mit folgenden liebreichen Worten: Wo fuͤhren dich
verfluchte Beſtie alle 1000 ‒ ‒ ‒ ‒ her? Jch
erzehlete mit Zittern, wie es mir in Radegaſt mit
dem Feuer ergangen, daß ich meinen kleinen Bruder
daſelbſt zuruͤck gelaſſen, und ihnen nachgelauffen, auch
ſo gluͤcklich geweſen, ſie beyde zu finden. Hierauf
ſagte er nichts weiter, knirſchete aber dergeſtalt mit
den Zaͤhnen, daß mir hoͤren und ſehen verging, je-
doch auf meiner Mutter inſtaͤndiges Bitten, ſich
nicht allzuſehr zu aͤrgern, gab er mir endlich ſein
Pferd mit Befehl, ſelbiges hinter einer Muͤhle her-
um zu fuͤhren, und am Wege nach der Stadt etwas
Gras freſſen zu laſſen. Wiewohl nun um ſelbige
Zeit das Gras kaum ein klein wenig aus der Erden
kei-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 2. Nordhausen, 1737, S. 475. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata02_1737/491>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.