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Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 2. Nordhausen, 1737.

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von Hertzen gern wieder in Ulm bey mir seyn und
mir aus der Lehre helffen wollen, allein er hätte
ohnweit Ulm das Unglück gehabt einen Teutschen
Cavalier im Duell zu erstechen, weßhalben er sich
nach der Zeit vor der gantzen umliegenden Gegend
hüten müssen. An meinen Meister hätte er zwar
mehr als 12. Briefe abgesendet, jedoch da derselbe,
wie er itzo von mir vernommen, darvon gelauffen,
so wäre kein Wunder, daß er nicht die geringste Ant-
wort darauf erhalten. Nach fernern weitläuffti-
gen und bis in die späte Nacht gewährten Gesprä-
chen, fragte er mich kurtz, ob ich mir indessen, bis er
sich auf seine Güther zur Ruhe begäbe, wolte gefal-
len lassen, bey ihm Laqueyen-Dienste anzu-
nehmen, weil der Kerl, den er itzo bey sich hätte,
nichts nützte, dieserwegen morgenden Tages seinen
Lauf-Zettel haben solte. Jch erkannte mich schuldig
demjenigen, der den ersten Grund-Stein zu mei-
ner zeitlichen Wohlfahrt gelegt, alle Gefälligkeit
zu erweisen, zumahlen da mir, meinen Gedancken
nach, die sichere Rechnung machen konte, von ihm
auf Lebens-Zeit wohl versorgt zu werden. Dem-
nach wurde sein bisheriger Laquey abgeschafft und
ich bekam nebst der Charge, eine kostbare starck mit
Silber bordirte Liberey, wöchentlich aber auf mei-
ne Person 2. thlr. Zehrungs-Geld und in Hoffnung
20. thlr. Jahr-Lohn.

Mein Herr hielt sich bey nahe 3. Monat in selbi-
ger Stadt auf, reisete zwar zuweilen auf etliche
Tage mit leeren Coffre und Mantel-Sacke hin-
weg, kam aber gemeiniglich wohl bepackt zurücke,
ausserdem sprachen fast wöchentlich verschiedene

Cava-

von Hertzen gern wieder in Ulm bey mir ſeyn und
mir aus der Lehre helffen wollen, allein er haͤtte
ohnweit Ulm das Ungluͤck gehabt einen Teutſchen
Cavalier im Duell zu erſtechen, weßhalben er ſich
nach der Zeit vor der gantzen umliegenden Gegend
huͤten muͤſſen. An meinen Meiſter haͤtte er zwar
mehr als 12. Briefe abgeſendet, jedoch da derſelbe,
wie er itzo von mir vernommen, darvon gelauffen,
ſo waͤre kein Wunder, daß er nicht die geringſte Ant-
wort darauf erhalten. Nach fernern weitlaͤuffti-
gen und bis in die ſpaͤte Nacht gewaͤhrten Geſpraͤ-
chen, fragte er mich kurtz, ob ich mir indeſſen, bis er
ſich auf ſeine Guͤther zur Ruhe begaͤbe, wolte gefal-
len laſſen, bey ihm Laqueyen-Dienſte anzu-
nehmen, weil der Kerl, den er itzo bey ſich haͤtte,
nichts nuͤtzte, dieſerwegen morgenden Tages ſeinen
Lauf-Zettel haben ſolte. Jch erkannte mich ſchuldig
demjenigen, der den erſten Grund-Stein zu mei-
ner zeitlichen Wohlfahrt gelegt, alle Gefaͤlligkeit
zu erweiſen, zumahlen da mir, meinen Gedancken
nach, die ſichere Rechnung machen konte, von ihm
auf Lebens-Zeit wohl verſorgt zu werden. Dem-
nach wurde ſein bisheriger Laquey abgeſchafft und
ich bekam nebſt der Charge, eine koſtbare ſtarck mit
Silber bordirte Liberey, woͤchentlich aber auf mei-
ne Perſon 2. thlr. Zehrungs-Geld und in Hoffnung
20. thlr. Jahr-Lohn.

Mein Herr hielt ſich bey nahe 3. Monat in ſelbi-
ger Stadt auf, reiſete zwar zuweilen auf etliche
Tage mit leeren Coffre und Mantel-Sacke hin-
weg, kam aber gemeiniglich wohl bepackt zuruͤcke,
auſſerdem ſprachen faſt woͤchentlich verſchiedene

Cava-
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[492/0508] von Hertzen gern wieder in Ulm bey mir ſeyn und mir aus der Lehre helffen wollen, allein er haͤtte ohnweit Ulm das Ungluͤck gehabt einen Teutſchen Cavalier im Duell zu erſtechen, weßhalben er ſich nach der Zeit vor der gantzen umliegenden Gegend huͤten muͤſſen. An meinen Meiſter haͤtte er zwar mehr als 12. Briefe abgeſendet, jedoch da derſelbe, wie er itzo von mir vernommen, darvon gelauffen, ſo waͤre kein Wunder, daß er nicht die geringſte Ant- wort darauf erhalten. Nach fernern weitlaͤuffti- gen und bis in die ſpaͤte Nacht gewaͤhrten Geſpraͤ- chen, fragte er mich kurtz, ob ich mir indeſſen, bis er ſich auf ſeine Guͤther zur Ruhe begaͤbe, wolte gefal- len laſſen, bey ihm Laqueyen-Dienſte anzu- nehmen, weil der Kerl, den er itzo bey ſich haͤtte, nichts nuͤtzte, dieſerwegen morgenden Tages ſeinen Lauf-Zettel haben ſolte. Jch erkannte mich ſchuldig demjenigen, der den erſten Grund-Stein zu mei- ner zeitlichen Wohlfahrt gelegt, alle Gefaͤlligkeit zu erweiſen, zumahlen da mir, meinen Gedancken nach, die ſichere Rechnung machen konte, von ihm auf Lebens-Zeit wohl verſorgt zu werden. Dem- nach wurde ſein bisheriger Laquey abgeſchafft und ich bekam nebſt der Charge, eine koſtbare ſtarck mit Silber bordirte Liberey, woͤchentlich aber auf mei- ne Perſon 2. thlr. Zehrungs-Geld und in Hoffnung 20. thlr. Jahr-Lohn. Mein Herr hielt ſich bey nahe 3. Monat in ſelbi- ger Stadt auf, reiſete zwar zuweilen auf etliche Tage mit leeren Coffre und Mantel-Sacke hin- weg, kam aber gemeiniglich wohl bepackt zuruͤcke, auſſerdem ſprachen faſt woͤchentlich verſchiedene Cava-

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Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 2. Nordhausen, 1737, S. 492. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata02_1737/508>, abgerufen am 22.11.2024.