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Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 2. Nordhausen, 1737.

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steiner Frischens Seite, wir wünschten ihm aller-
seits Glück darzu, Wellingson aber suchte seine
Bekümmerniß aufs möglichste zu verbergen, denn er
mochte die Jndianerin, welche, ohngeacht ihrer
bräunlichen Farbe, von nicht gemeiner artigen Ge-
sichts-Bildung war, recht hefftig lieben. Jmmit-
telst war auf allen Seiten guter Friede, wir wende-
ten auch ingesamt grossen Fleiß an, unsere Talli
nicht allein in der Holländischen Sprache, sondern
auch in der Kocherey und Wirthschafft, hauptsäch-
lich aber im Christenthume, nach besten Vermögen
zu unterrichten, welches alles sie mit leichter Mühe
und grossen Vergnügen erlernete. Allein der Sa-
tan war geschäfftiget ihrentwegen ein neues Mord-
Spiel anzustifften, denn als wir nach etlichen Wo-
chen auf einer kleinen Jnsul ausgestiegen waren, um
etwas Holtz, nebst frischen Wasser einzunehmen,
vornehmlich aber frisches Wildpret und Vögel zu
schiessen, die Talli aber eines Tages etwas tieff ins
Gesträuche gehet, um allerhand schmackhaffte
Koch-Speise einzusammlen, schleicht ihr Lorentz
Wellingson so lange nach, bis sich dieselbe an einem
bequemen Orte, seinen Muthwillen an ihr auszu-
üben, befindet. Er trägt ihr seine Leidenschafft mit
freundlichen Worten, Gebärden und Anerbietung
etlicher Gold-Stücke vor, da sie aber von nichts hö-
ren will, sondern seine schandbaren Forderungen
mit sehr harten Worten bestraft, wird er endlich
desperat, und will alle seine Kräffte anwenden das
gute Mädgen mit Gewalt zu nothzüchtigen. Talli
hingegen wehret sich tapfer, und versetzt ihm mit ei-
nem leichten Grab-Stichel einen kräfftigen Stoß

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ſteiner Friſchens Seite, wir wuͤnſchten ihm aller-
ſeits Gluͤck darzu, Wellingſon aber ſuchte ſeine
Bekuͤmmerniß aufs moͤglichſte zu verbergen, denn er
mochte die Jndianerin, welche, ohngeacht ihrer
braͤunlichen Farbe, von nicht gemeiner artigen Ge-
ſichts-Bildung war, recht hefftig lieben. Jmmit-
telſt war auf allen Seiten guter Friede, wir wende-
ten auch ingeſamt groſſen Fleiß an, unſere Talli
nicht allein in der Hollaͤndiſchen Sprache, ſondern
auch in der Kocherey und Wirthſchafft, hauptſaͤch-
lich aber im Chriſtenthume, nach beſten Vermoͤgen
zu unterrichten, welches alles ſie mit leichter Muͤhe
und groſſen Vergnuͤgen erlernete. Allein der Sa-
tan war geſchaͤfftiget ihrentwegen ein neues Mord-
Spiel anzuſtifften, denn als wir nach etlichen Wo-
chen auf einer kleinen Jnſul ausgeſtiegen waren, um
etwas Holtz, nebſt friſchen Waſſer einzunehmen,
vornehmlich aber friſches Wildpret und Voͤgel zu
ſchieſſen, die Talli aber eines Tages etwas tieff ins
Geſtraͤuche gehet, um allerhand ſchmackhaffte
Koch-Speiſe einzuſammlen, ſchleicht ihr Lorentz
Wellingſon ſo lange nach, bis ſich dieſelbe an einem
bequemen Orte, ſeinen Muthwillen an ihr auszu-
uͤben, befindet. Er traͤgt ihr ſeine Leidenſchafft mit
freundlichen Worten, Gebaͤrden und Anerbietung
etlicher Gold-Stuͤcke vor, da ſie aber von nichts hoͤ-
ren will, ſondern ſeine ſchandbaren Forderungen
mit ſehr harten Worten beſtraft, wird er endlich
deſperat, und will alle ſeine Kraͤffte anwenden das
gute Maͤdgen mit Gewalt zu nothzuͤchtigen. Talli
hingegen wehret ſich tapfer, und verſetzt ihm mit ei-
nem leichten Grab-Stichel einen kraͤfftigen Stoß

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[537/0553] ſteiner Friſchens Seite, wir wuͤnſchten ihm aller- ſeits Gluͤck darzu, Wellingſon aber ſuchte ſeine Bekuͤmmerniß aufs moͤglichſte zu verbergen, denn er mochte die Jndianerin, welche, ohngeacht ihrer braͤunlichen Farbe, von nicht gemeiner artigen Ge- ſichts-Bildung war, recht hefftig lieben. Jmmit- telſt war auf allen Seiten guter Friede, wir wende- ten auch ingeſamt groſſen Fleiß an, unſere Talli nicht allein in der Hollaͤndiſchen Sprache, ſondern auch in der Kocherey und Wirthſchafft, hauptſaͤch- lich aber im Chriſtenthume, nach beſten Vermoͤgen zu unterrichten, welches alles ſie mit leichter Muͤhe und groſſen Vergnuͤgen erlernete. Allein der Sa- tan war geſchaͤfftiget ihrentwegen ein neues Mord- Spiel anzuſtifften, denn als wir nach etlichen Wo- chen auf einer kleinen Jnſul ausgeſtiegen waren, um etwas Holtz, nebſt friſchen Waſſer einzunehmen, vornehmlich aber friſches Wildpret und Voͤgel zu ſchieſſen, die Talli aber eines Tages etwas tieff ins Geſtraͤuche gehet, um allerhand ſchmackhaffte Koch-Speiſe einzuſammlen, ſchleicht ihr Lorentz Wellingſon ſo lange nach, bis ſich dieſelbe an einem bequemen Orte, ſeinen Muthwillen an ihr auszu- uͤben, befindet. Er traͤgt ihr ſeine Leidenſchafft mit freundlichen Worten, Gebaͤrden und Anerbietung etlicher Gold-Stuͤcke vor, da ſie aber von nichts hoͤ- ren will, ſondern ſeine ſchandbaren Forderungen mit ſehr harten Worten beſtraft, wird er endlich deſperat, und will alle ſeine Kraͤffte anwenden das gute Maͤdgen mit Gewalt zu nothzuͤchtigen. Talli hingegen wehret ſich tapfer, und verſetzt ihm mit ei- nem leichten Grab-Stichel einen kraͤfftigen Stoß ins l l 5

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Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 2. Nordhausen, 1737, S. 537. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata02_1737/553>, abgerufen am 22.11.2024.