Hertzen her, da ich aber auf meiner Eltern ferneres Vorstellen und Zureden immer bey dieser Meinung blieb, wurde mein Vater endlich gestrenger, gab mir auch Dostarts wegen einmahl würcklich ein paar Ohrfeigen, wodurch sich denn die Liebe um so viel weniger wolte aufwecken lassen, hergegen ein würcklicher Haß bey mir gegen diesen Mann er- wuchs. Bey dem allen aber liessen meine Eltern nicht ab, mir die Lust zum Heyrathen, und sonder- lich zu diesem eckelhafften Manne ein zuflössen, wel- chen letztern ich aber durchaus nicht leiden konte, weßwegen mein Vater endlich Mine machte, mich mit Gewalt zu dieser widerwärtigen Heyrath zu zwingen. Viele Leute hatten Mitleiden mit mir, da die Sache Stadt-kündig wurde; eines Tages aber, da ich mit zweyen von meinen Brüdern von einer Befreundin in ihren Garten eingeladen war, fand sich unter audern jungen Leuten beyderley Ge- schlechts, welche, um die Lust vollkommen zu ma- chen, Music bestellet hatten, auch eines Kauff- manns Sohn dabey ein, den ich zwar öffters von ferne gesehen, aber Zeit-Lebens noch kein Wort mit ihm gesprochen hatte. Er hieß Emanuel van Steen, war sehr wohl gebildet und gut gewachsen, voritzo aber zeigte sein gantzes Wesen etwas melancholi- sches an, denn er machte sich gar kein Vergnügen aus der Music, sondern ließ die andern schertzen und tantzen, kam also mit meinem Humeur voll- kommen überein, denn ich konte diesen Tag ohn- möglich lustig seyn. Um aber von der lustigen Compagnie, die so wohl ihn als mich zum öfftern verirte, abzukommen, ging er auf jene Seite des
Gar-
(K 3)
Hertzen her, da ich aber auf meiner Eltern ferneres Vorſtellen und Zureden immer bey dieſer Meinung blieb, wurde mein Vater endlich geſtrenger, gab mir auch Doſtarts wegen einmahl wuͤrcklich ein paar Ohrfeigen, wodurch ſich denn die Liebe um ſo viel weniger wolte aufwecken laſſen, hergegen ein wuͤrcklicher Haß bey mir gegen dieſen Mann er- wuchs. Bey dem allen aber lieſſen meine Eltern nicht ab, mir die Luſt zum Heyrathen, und ſonder- lich zu dieſem eckelhafften Manne ein zufloͤſſen, wel- chen letztern ich aber durchaus nicht leiden konte, weßwegen mein Vater endlich Mine machte, mich mit Gewalt zu dieſer widerwaͤrtigen Heyrath zu zwingen. Viele Leute hatten Mitleiden mit mir, da die Sache Stadt-kuͤndig wurde; eines Tages aber, da ich mit zweyen von meinen Bruͤdern von einer Befreundin in ihren Garten eingeladen war, fand ſich unter audern jungen Leuten beyderley Ge- ſchlechts, welche, um die Luſt vollkommen zu ma- chen, Muſic beſtellet hatten, auch eines Kauff- manns Sohn dabey ein, den ich zwar oͤffters von ferne geſehen, aber Zeit-Lebens noch kein Wort mit ihm geſprochen hatte. Er hieß Emanuel van Steen, war ſehr wohl gebildet und gut gewachſen, voritzo aber zeigte ſein gantzes Weſen etwas melancholi- ſches an, denn er machte ſich gar kein Vergnuͤgen aus der Muſic, ſondern ließ die andern ſchertzen und tantzen, kam alſo mit meinem Humeur voll- kommen uͤberein, denn ich konte dieſen Tag ohn- moͤglich luſtig ſeyn. Um aber von der luſtigen Compagnie, die ſo wohl ihn als mich zum oͤfftern verirte, abzukommen, ging er auf jene Seite des
Gar-
(K 3)
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Hertzen her, da ich aber auf meiner Eltern ferneres
Vorſtellen und Zureden immer bey dieſer Meinung
blieb, wurde mein Vater endlich geſtrenger, gab
mir auch Doſtarts wegen einmahl wuͤrcklich ein paar
Ohrfeigen, wodurch ſich denn die Liebe um ſo viel
weniger wolte aufwecken laſſen, hergegen ein
wuͤrcklicher Haß bey mir gegen dieſen Mann er-
wuchs. Bey dem allen aber lieſſen meine Eltern
nicht ab, mir die Luſt zum Heyrathen, und ſonder-
lich zu dieſem eckelhafften Manne ein zufloͤſſen, wel-
chen letztern ich aber durchaus nicht leiden konte,
weßwegen mein Vater endlich Mine machte, mich
mit Gewalt zu dieſer widerwaͤrtigen Heyrath zu
zwingen. Viele Leute hatten Mitleiden mit mir,
da die Sache Stadt-kuͤndig wurde; eines Tages
aber, da ich mit zweyen von meinen Bruͤdern von
einer Befreundin in ihren Garten eingeladen war,
fand ſich unter audern jungen Leuten beyderley Ge-
ſchlechts, welche, um die Luſt vollkommen zu ma-
chen, Muſic beſtellet hatten, auch eines Kauff-
manns Sohn dabey ein, den ich zwar oͤffters von
ferne geſehen, aber Zeit-Lebens noch kein Wort mit
ihm geſprochen hatte. Er hieß Emanuel van Steen,
war ſehr wohl gebildet und gut gewachſen, voritzo
aber zeigte ſein gantzes Weſen etwas melancholi-
ſches an, denn er machte ſich gar kein Vergnuͤgen
aus der Muſic, ſondern ließ die andern ſchertzen
und tantzen, kam alſo mit meinem Humeur voll-
kommen uͤberein, denn ich konte dieſen Tag ohn-
moͤglich luſtig ſeyn. Um aber von der luſtigen
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Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 3. Nordhausen, 1739, S. 149. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata03_1739/157>, abgerufen am 27.11.2024.
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