Gartens weit darvon spatziren herum, ich aber ging mit einem alten Befreundten auf dieser Seite, und redete von verschiedenen Sachen mit demselben, biß endlich meine Befreundtin den van Steen an der Hand zu mir geführet brachte, und sagte: Jch kan keln besser Werck stifften, als wenn ich jene bey ih- rer Lust lasse, und diese beyden Mißvergnügten zu- sammen bringe, vielleicht kan eins das andere trö- sten. Demnach brachte sie uns zusammen in eine grü- ne Laube, blieb erstlich eine Weile da, ging aber, un- ter dem Vorwande einiger Verrichtungen, hinweg, und ließ mich mit dem van Steen gantz alleine sitzen. Dieser fing unter niedergeschlagenen Augen zu spre- chen an: Mademoiselle, warum nehmen dann sie keinen Theil an den Lustbarkeiten bey der Music? Monsieur. antwortete ich, mir ist selbsten nicht be- wust, warum ich heute keinen Appetit zu derglei- chen Lustbarkeiten habe, da ich doch sonst keine Verächterin, sondern vielmehr eine grosse Liebha- berin der Music bin. Jch wolte, sagte er weiter, die Ursach dessen wohl errathen, kan aber versichern, daß derjenige Kummer, welcher Sie, mich gedop- pelt qvälet. Jch wüste eben nicht, versetzte ich, was mich vor ein besonderer Kummer qvälete. Jch weiß es aber wohl, versetzte er, bitte nur, meine Frey- müthigkeit nicht im üblen zu vermercken, wenn ich sage, daß wohl nichts anders, als die verdrüßliche Heyrath, welche sie gezwungener Weise mit dem Dostart eingehen sollen, Schuld daran ist, dero- wegen laboriren wir an einer Kranckheit, und zwar ich gedoppelt, weiln diejenige Person, welche ich mir ausersehen, nunmehro schon in eines andern Armen
liegt,
Gartens weit darvon ſpatziren herum, ich aber ging mit einem alten Befreundten auf dieſer Seite, und redete von verſchiedenen Sachen mit demſelben, biß endlich meine Befreundtin den van Steen an der Hand zu mir gefuͤhret brachte, und ſagte: Jch kan keln beſſer Werck ſtifften, als wenn ich jene bey ih- rer Luſt laſſe, und dieſe beyden Mißvergnuͤgten zu- ſammen bringe, vielleicht kan eins das andere troͤ- ſten. Demnach brachte ſie uns zuſam̃en in eine gruͤ- ne Laube, blieb erſtlich eine Weile da, ging aber, un- ter dem Vorwande einiger Verrichtungen, hinweg, und ließ mich mit dem van Steen gantz alleine ſitzen. Dieſer fing unter niedergeſchlagenen Augen zu ſpre- chen an: Mademoiſelle, warum nehmen dann ſie keinen Theil an den Luſtbarkeiten bey der Muſic? Monſieur. antwortete ich, mir iſt ſelbſten nicht be- wuſt, warum ich heute keinen Appetit zu derglei- chen Luſtbarkeiten habe, da ich doch ſonſt keine Veraͤchterin, ſondern vielmehr eine groſſe Liebha- berin der Muſic bin. Jch wolte, ſagte er weiter, die Urſach deſſen wohl errathen, kan aber verſichern, daß derjenige Kummer, welcher Sie, mich gedop- pelt qvaͤlet. Jch wuͤſte eben nicht, verſetzte ich, was mich vor ein beſonderer Kummer qvaͤlete. Jch weiß es aber wohl, verſetzte er, bitte nur, meine Frey- muͤthigkeit nicht im uͤblen zu vermercken, wenn ich ſage, daß wohl nichts anders, als die verdruͤßliche Heyrath, welche ſie gezwungener Weiſe mit dem Doſtart eingehen ſollen, Schuld daran iſt, dero- wegen laboriren wir an einer Kranckheit, und zwar ich gedoppelt, weiln diejenige Perſon, welche ich mir auserſehen, nunmehro ſchon in eines andern Armen
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Gartens weit darvon ſpatziren herum, ich aber ging
mit einem alten Befreundten auf dieſer Seite, und
redete von verſchiedenen Sachen mit demſelben, biß
endlich meine Befreundtin den van Steen an der
Hand zu mir gefuͤhret brachte, und ſagte: Jch kan
keln beſſer Werck ſtifften, als wenn ich jene bey ih-
rer Luſt laſſe, und dieſe beyden Mißvergnuͤgten zu-
ſammen bringe, vielleicht kan eins das andere troͤ-
ſten. Demnach brachte ſie uns zuſam̃en in eine gruͤ-
ne Laube, blieb erſtlich eine Weile da, ging aber, un-
ter dem Vorwande einiger Verrichtungen, hinweg,
und ließ mich mit dem van Steen gantz alleine ſitzen.
Dieſer fing unter niedergeſchlagenen Augen zu ſpre-
chen an: Mademoiſelle, warum nehmen dann
ſie keinen Theil an den Luſtbarkeiten bey der Muſic?
Monſieur. antwortete ich, mir iſt ſelbſten nicht be-
wuſt, warum ich heute keinen Appetit zu derglei-
chen Luſtbarkeiten habe, da ich doch ſonſt keine
Veraͤchterin, ſondern vielmehr eine groſſe Liebha-
berin der Muſic bin. Jch wolte, ſagte er weiter,
die Urſach deſſen wohl errathen, kan aber verſichern,
daß derjenige Kummer, welcher Sie, mich gedop-
pelt qvaͤlet. Jch wuͤſte eben nicht, verſetzte ich,
was mich vor ein beſonderer Kummer qvaͤlete. Jch
weiß es aber wohl, verſetzte er, bitte nur, meine Frey-
muͤthigkeit nicht im uͤblen zu vermercken, wenn ich
ſage, daß wohl nichts anders, als die verdruͤßliche
Heyrath, welche ſie gezwungener Weiſe mit dem
Doſtart eingehen ſollen, Schuld daran iſt, dero-
wegen laboriren wir an einer Kranckheit, und zwar
ich gedoppelt, weiln diejenige Perſon, welche ich mir
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Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 3. Nordhausen, 1739, S. 150. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata03_1739/158>, abgerufen am 24.11.2024.
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