de S. Vincente aus den Augen verlohren, da wir von einem Saleeischen See-Räuber (ich weiß nicht unter was vor Vorwand, denn die Holländer stun- den dazumahl mit dem Kayser von Marocco gantz wohl) attaquiret und zu Sclaven gemacht wurden. Mein Maun stellete sich bey diesem Unglück sehr kläglich, ich aber wurde darüber gantz ohnmächtig, und kam nicht eher zu mir selber, bis ich mich Tags darauf in der Gesellschafft einiger Mohren-Weiber befand.
Wie mir da zu Muthe gewesen, werdet ihr, mein Herr van Blac, selbsten zu beurtheilen wissen, allein, ich hatte nicht viel Zeit meinem Schicksale nachzu- dencken, indem ich in Gesellschafft einiger Mohren- Weiber alsofort nach Mequinez an den Kayserl. Hof geschafft wurde, auch mir gefallen lassen muste, Tag und Nacht zu reisen. Man brachte mich bald darauf zu dem Kayser Muley Ismael, welchem der Räuber mit meiner Person ein Present gemacht hatte, und welches auch sehr wohl von ihm auf- genommen wurde, denn er hatte, wie mir nachhero gesagt worden, so gleich befohlen, mich unter die Zahl seiner Kebs-Weiber zu versetzen. Es wur- de mir ein properes Apartement nebst verschiede- nen Cabinetten und Cammern angewiesen, die Tractamenten waren königlich, von Aufwärtern aber hatte ich mehr um mich, als ich gebrauchte, und um mich leiden konte.
Der Kayser that mir in den ersten Tagen (sei- ner Meynung nach, und wie ich von andern hörete) die besondere Gnade, mich in meinen Apartement, welches ich, so propre es auch war, dennoch vor
einen
de S. Vincente aus den Augen verlohren, da wir von einem Saléeiſchen See-Raͤuber (ich weiß nicht unter was vor Vorwand, denn die Hollaͤnder ſtun- den dazumahl mit dem Kayſer von Marocco gantz wohl) attaquiret und zu Sclaven gemacht wurden. Mein Maun ſtellete ſich bey dieſem Ungluͤck ſehr klaͤglich, ich aber wurde daruͤber gantz ohnmaͤchtig, und kam nicht eher zu mir ſelber, bis ich mich Tags darauf in der Geſellſchafft einiger Mohren-Weiber befand.
Wie mir da zu Muthe geweſen, werdet ihr, mein Herr van Blac, ſelbſten zu beurtheilen wiſſen, allein, ich hatte nicht viel Zeit meinem Schickſale nachzu- dencken, indem ich in Geſellſchafft einiger Mohren- Weiber alſofort nach Mequinez an den Kayſerl. Hof geſchafft wurde, auch mir gefallen laſſen muſte, Tag und Nacht zu reiſen. Man brachte mich bald darauf zu dem Kayſer Muley Ismaël, welchem der Raͤuber mit meiner Perſon ein Preſent gemacht hatte, und welches auch ſehr wohl von ihm auf- genommen wurde, denn er hatte, wie mir nachhero geſagt worden, ſo gleich befohlen, mich unter die Zahl ſeiner Kebs-Weiber zu verſetzen. Es wur- de mir ein properes Apartement nebſt verſchiede- nen Cabinetten und Cammern angewieſen, die Tractamenten waren koͤniglich, von Aufwaͤrtern aber hatte ich mehr um mich, als ich gebrauchte, und um mich leiden konte.
Der Kayſer that mir in den erſten Tagen (ſei- ner Meynung nach, und wie ich von andern hoͤrete) die beſondere Gnade, mich in meinen Apartement, welches ich, ſo propre es auch war, dennoch vor
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de S. Vincente aus den Augen verlohren, da wir
von einem Saléeiſchen See-Raͤuber (ich weiß nicht
unter was vor Vorwand, denn die Hollaͤnder ſtun-
den dazumahl mit dem Kayſer von Marocco gantz
wohl) attaquiret und zu Sclaven gemacht wurden.
Mein Maun ſtellete ſich bey dieſem Ungluͤck ſehr
klaͤglich, ich aber wurde daruͤber gantz ohnmaͤchtig,
und kam nicht eher zu mir ſelber, bis ich mich Tags
darauf in der Geſellſchafft einiger Mohren-Weiber
befand.
Wie mir da zu Muthe geweſen, werdet ihr, mein
Herr van Blac, ſelbſten zu beurtheilen wiſſen, allein,
ich hatte nicht viel Zeit meinem Schickſale nachzu-
dencken, indem ich in Geſellſchafft einiger Mohren-
Weiber alſofort nach Mequinez an den Kayſerl.
Hof geſchafft wurde, auch mir gefallen laſſen muſte,
Tag und Nacht zu reiſen. Man brachte mich bald
darauf zu dem Kayſer Muley Ismaël, welchem der
Raͤuber mit meiner Perſon ein Preſent gemacht
hatte, und welches auch ſehr wohl von ihm auf-
genommen wurde, denn er hatte, wie mir nachhero
geſagt worden, ſo gleich befohlen, mich unter die
Zahl ſeiner Kebs-Weiber zu verſetzen. Es wur-
de mir ein properes Apartement nebſt verſchiede-
nen Cabinetten und Cammern angewieſen, die
Tractamenten waren koͤniglich, von Aufwaͤrtern
aber hatte ich mehr um mich, als ich gebrauchte, und
um mich leiden konte.
Der Kayſer that mir in den erſten Tagen (ſei-
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Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 3. Nordhausen, 1739, S. 162. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata03_1739/170>, abgerufen am 24.11.2024.
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