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Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 3. Nordhausen, 1739.

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habe leiden müssen, folgende Nacht aber muste mei-
ne la Galere wieder fort, und er mochte viel wissen,
was er hatte, denn man sagte mir, daß er allezeit sehr
betruncken zu Bette ginge.

Mittlerweile hatte ich zwar erfahren, daß man ei-
nen jungen Holländer dem Kayser zum Sclaven und
Pagen vorgestellet, ich konte aber nicht so glücklich
werden, euch, mein werther Herr van Blac, zu Ge-
sichte zu bekommen, biß ich, eben zu der Zeit, da ihr
eure großmüthige Rede vor dem Kayser ablegtet,
nebst noch 5. andern der vornehmsten Kebs-Wei-
ber des Kaysers, die wir zusammen in das Neben-
Zimmer beruffen worden, euch nicht allein zu hören,
sondern auch das erste mahl zu sehen das Glück
hatte.

So bald der Kayser mit dem Kisler-Aga und
andern Ministern in das Neben-Zimmer eintrat,
fragte er, was uns bedeuchte bey diesem verwegenen
Christen? Jndem nun ich vermerckte, daß er die-
sen Tag wenig oder gar keine Galle im Magen hat-
te, wagte ich es plötzlich, fiel ihm zu Fusse, und
sagte: Großmächtigster Kayser! ich bitte um Gna-
de vor diesen elenden Fremdling, in Betrachtung
dessen, daß er eine Europäische Standes-Person
und mein Lands-Mann ist. Die andern 5. Kebs-
Weiber fielen ebenfalls neben mir nieder, und stim-
meten meinen Bitten bey, ob sie schon keine Hollän-
derinnen, aber doch auch aus Europa gebürtig
waren.

Der Himmel mochte das Hertz dieses sonst un-
gemein grausam gewesenen Tyrannen voritzo be-
sonders dahin lencken, daß er mir zum Zeichen der

Erhö-
(L 5)

habe leiden muͤſſen, folgende Nacht aber muſte mei-
ne la Galere wieder fort, und er mochte viel wiſſen,
was er hatte, denn man ſagte mir, daß er allezeit ſehr
betruncken zu Bette ginge.

Mittlerweile hatte ich zwar erfahren, daß man ei-
nen jungen Hollaͤnder dem Kayſer zum Sclaven und
Pagen vorgeſtellet, ich konte aber nicht ſo gluͤcklich
werden, euch, mein werther Herr van Blac, zu Ge-
ſichte zu bekommen, biß ich, eben zu der Zeit, da ihr
eure großmuͤthige Rede vor dem Kayſer ablegtet,
nebſt noch 5. andern der vornehmſten Kebs-Wei-
ber des Kayſers, die wir zuſammen in das Neben-
Zimmer beruffen worden, euch nicht allein zu hoͤren,
ſondern auch das erſte mahl zu ſehen das Gluͤck
hatte.

So bald der Kayſer mit dem Kisler-Aga und
andern Miniſtern in das Neben-Zimmer eintrat,
fragte er, was uns bedeuchte bey dieſem verwegenen
Chriſten? Jndem nun ich vermerckte, daß er die-
ſen Tag wenig oder gar keine Galle im Magen hat-
te, wagte ich es ploͤtzlich, fiel ihm zu Fuſſe, und
ſagte: Großmaͤchtigſter Kayſer! ich bitte um Gna-
de vor dieſen elenden Fremdling, in Betrachtung
deſſen, daß er eine Europaͤiſche Standes-Perſon
und mein Lands-Mann iſt. Die andern 5. Kebs-
Weiber fielen ebenfalls neben mir nieder, und ſtim-
meten meinen Bitten bey, ob ſie ſchon keine Hollaͤn-
derinnen, aber doch auch aus Europa gebuͤrtig
waren.

Der Himmel mochte das Hertz dieſes ſonſt un-
gemein grauſam geweſenen Tyrannen voritzo be-
ſonders dahin lencken, daß er mir zum Zeichen der

Erhoͤ-
(L 5)
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[169/0177] habe leiden muͤſſen, folgende Nacht aber muſte mei- ne la Galere wieder fort, und er mochte viel wiſſen, was er hatte, denn man ſagte mir, daß er allezeit ſehr betruncken zu Bette ginge. Mittlerweile hatte ich zwar erfahren, daß man ei- nen jungen Hollaͤnder dem Kayſer zum Sclaven und Pagen vorgeſtellet, ich konte aber nicht ſo gluͤcklich werden, euch, mein werther Herr van Blac, zu Ge- ſichte zu bekommen, biß ich, eben zu der Zeit, da ihr eure großmuͤthige Rede vor dem Kayſer ablegtet, nebſt noch 5. andern der vornehmſten Kebs-Wei- ber des Kayſers, die wir zuſammen in das Neben- Zimmer beruffen worden, euch nicht allein zu hoͤren, ſondern auch das erſte mahl zu ſehen das Gluͤck hatte. So bald der Kayſer mit dem Kisler-Aga und andern Miniſtern in das Neben-Zimmer eintrat, fragte er, was uns bedeuchte bey dieſem verwegenen Chriſten? Jndem nun ich vermerckte, daß er die- ſen Tag wenig oder gar keine Galle im Magen hat- te, wagte ich es ploͤtzlich, fiel ihm zu Fuſſe, und ſagte: Großmaͤchtigſter Kayſer! ich bitte um Gna- de vor dieſen elenden Fremdling, in Betrachtung deſſen, daß er eine Europaͤiſche Standes-Perſon und mein Lands-Mann iſt. Die andern 5. Kebs- Weiber fielen ebenfalls neben mir nieder, und ſtim- meten meinen Bitten bey, ob ſie ſchon keine Hollaͤn- derinnen, aber doch auch aus Europa gebuͤrtig waren. Der Himmel mochte das Hertz dieſes ſonſt un- gemein grauſam geweſenen Tyrannen voritzo be- ſonders dahin lencken, daß er mir zum Zeichen der Erhoͤ- (L 5)

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Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 3. Nordhausen, 1739, S. 169. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata03_1739/177>, abgerufen am 24.11.2024.