Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 3. Nordhausen, 1739.

Bild:
<< vorherige Seite

Barbarn zu entwischen und wieder zu ihm käme?
gab er zur Antwort: Jch will ihr ihre Befreyung
hertzlich gern gönnen, wolte auch mit einem guten
Stück Gelde darzu behülfflich seyn, wenn dieselbe
auszuwürcken stünde, allein, in mein Ehe-Bet-
te soll sie nicht wieder kommen, und wenn sie ein
gantzes Orlogs-Schiff mit Golde, Perlen und
Edelgesteinen mitbrächte, denn wer wolte mir zu
muthen: eine von den Barbarn geschändete Per-
son wieder anzunehmen, ohngeacht ich sie, vor
der Zeit, und sonderlich, so lange sie meine Ehe-
Frau gewesen, hertzlich geliebt habe.

Wie dieses, Madame! eure Eltern wieder er-
fuhren, zohen sie es sich dergestalt zu Gemüthe,
daß sie Bettlägerig wurden, und binnen 4. Wochen
alle beyde sturben. Jnzwischen ist euch doch euer
Erbtheil bis auf eine gewisse Zeit ausgesetzt, und
ein Curator darüber bestellet worden, welches ihr,
so bald als ihr kommet, werdet heben können, in-
zwischen halte das vor euer gröstes Glück, daß ihr
mit dem van Steen, welcher eurer Person nie-
mahls würdig gewesen, keine Kinder gezeugt habt.

Hiermit beschloß Dostart seine Erzählung, und
fragte nur noch dieses: Was meynet ihr nun, Ma-
dame,
bey diesen Geschichten, und wie wollet ihr die
Sachen mit eurem ungetreuen Manne anstellen?
Die van Bredal hatte die meiste Zeit unter seinem
Erzählen geweinet, konte derowegen auch itzo vor
Thränen noch nicht gleich antwortten, doch end-
lich sagte sie: Was will ich anders machen, als
meine Sache dem Himmel befehlen, ich will den
van Steen gantz nicht in seinem Vergnügen stöh-

ren,

Barbarn zu entwiſchen und wieder zu ihm kaͤme?
gab er zur Antwort: Jch will ihr ihre Befreyung
hertzlich gern goͤnnen, wolte auch mit einem guten
Stuͤck Gelde darzu behuͤlfflich ſeyn, wenn dieſelbe
auszuwuͤrcken ſtuͤnde, allein, in mein Ehe-Bet-
te ſoll ſie nicht wieder kommen, und wenn ſie ein
gantzes Orlogs-Schiff mit Golde, Perlen und
Edelgeſteinen mitbraͤchte, denn wer wolte mir zu
muthen: eine von den Barbarn geſchaͤndete Per-
ſon wieder anzunehmen, ohngeacht ich ſie, vor
der Zeit, und ſonderlich, ſo lange ſie meine Ehe-
Frau geweſen, hertzlich geliebt habe.

Wie dieſes, Madame! eure Eltern wieder er-
fuhren, zohen ſie es ſich dergeſtalt zu Gemuͤthe,
daß ſie Bettlaͤgerig wurden, und binnen 4. Wochen
alle beyde ſturben. Jnzwiſchen iſt euch doch euer
Erbtheil bis auf eine gewiſſe Zeit ausgeſetzt, und
ein Curator daruͤber beſtellet worden, welches ihr,
ſo bald als ihr kommet, werdet heben koͤnnen, in-
zwiſchen halte das vor euer groͤſtes Gluͤck, daß ihr
mit dem van Steen, welcher eurer Perſon nie-
mahls wuͤrdig geweſen, keine Kinder gezeugt habt.

Hiermit beſchloß Doſtart ſeine Erzaͤhlung, und
fragte nur noch dieſes: Was meynet ihr nun, Ma-
dame,
bey dieſen Geſchichten, und wie wollet ihr die
Sachen mit eurem ungetreuen Manne anſtellen?
Die van Bredal hatte die meiſte Zeit unter ſeinem
Erzaͤhlen geweinet, konte derowegen auch itzo vor
Thraͤnen noch nicht gleich antwortten, doch end-
lich ſagte ſie: Was will ich anders machen, als
meine Sache dem Himmel befehlen, ich will den
van Steen gantz nicht in ſeinem Vergnuͤgen ſtoͤh-

ren,
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0182" n="174"/>
Barbarn zu entwi&#x017F;chen und wieder zu ihm ka&#x0364;me?<lb/>
gab er zur Antwort: Jch will ihr ihre Befreyung<lb/>
hertzlich gern go&#x0364;nnen, wolte auch mit einem guten<lb/>
Stu&#x0364;ck Gelde darzu behu&#x0364;lfflich &#x017F;eyn, wenn die&#x017F;elbe<lb/>
auszuwu&#x0364;rcken &#x017F;tu&#x0364;nde, allein, in mein Ehe-Bet-<lb/>
te &#x017F;oll &#x017F;ie nicht wieder kommen, und wenn &#x017F;ie ein<lb/>
gantzes Orlogs-Schiff mit Golde, Perlen und<lb/>
Edelge&#x017F;teinen mitbra&#x0364;chte, denn wer wolte mir zu<lb/>
muthen: eine von den Barbarn ge&#x017F;cha&#x0364;ndete Per-<lb/>
&#x017F;on wieder anzunehmen, ohngeacht ich &#x017F;ie, vor<lb/>
der Zeit, und &#x017F;onderlich, &#x017F;o lange &#x017F;ie meine Ehe-<lb/>
Frau gewe&#x017F;en, hertzlich geliebt habe.</p><lb/>
          <p>Wie die&#x017F;es, <hi rendition="#aq">Madame!</hi> eure Eltern wieder er-<lb/>
fuhren, zohen &#x017F;ie es &#x017F;ich derge&#x017F;talt zu Gemu&#x0364;the,<lb/>
daß &#x017F;ie Bettla&#x0364;gerig wurden, und binnen 4. Wochen<lb/>
alle beyde &#x017F;turben. Jnzwi&#x017F;chen i&#x017F;t euch doch euer<lb/>
Erbtheil bis auf eine gewi&#x017F;&#x017F;e Zeit ausge&#x017F;etzt, und<lb/>
ein <hi rendition="#aq">Curator</hi> daru&#x0364;ber be&#x017F;tellet worden, welches ihr,<lb/>
&#x017F;o bald als ihr kommet, werdet heben ko&#x0364;nnen, in-<lb/>
zwi&#x017F;chen halte das vor euer gro&#x0364;&#x017F;tes Glu&#x0364;ck, daß ihr<lb/>
mit dem <hi rendition="#aq">van Steen,</hi> welcher eurer Per&#x017F;on nie-<lb/>
mahls wu&#x0364;rdig gewe&#x017F;en, keine Kinder gezeugt habt.</p><lb/>
          <p>Hiermit be&#x017F;chloß <hi rendition="#aq">Do&#x017F;tart</hi> &#x017F;eine Erza&#x0364;hlung, und<lb/>
fragte nur noch die&#x017F;es: Was meynet ihr nun, <hi rendition="#aq">Ma-<lb/>
dame,</hi> bey die&#x017F;en Ge&#x017F;chichten, und wie wollet ihr die<lb/>
Sachen mit eurem ungetreuen Manne an&#x017F;tellen?<lb/>
Die <hi rendition="#aq">van Bredal</hi> hatte die mei&#x017F;te Zeit unter &#x017F;einem<lb/>
Erza&#x0364;hlen geweinet, konte derowegen auch itzo vor<lb/>
Thra&#x0364;nen noch nicht gleich antwortten, doch end-<lb/>
lich &#x017F;agte &#x017F;ie: Was will ich anders machen, als<lb/>
meine Sache dem Himmel befehlen, ich will den<lb/><hi rendition="#aq">van Steen</hi> gantz nicht in &#x017F;einem Vergnu&#x0364;gen &#x017F;to&#x0364;h-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">ren,</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[174/0182] Barbarn zu entwiſchen und wieder zu ihm kaͤme? gab er zur Antwort: Jch will ihr ihre Befreyung hertzlich gern goͤnnen, wolte auch mit einem guten Stuͤck Gelde darzu behuͤlfflich ſeyn, wenn dieſelbe auszuwuͤrcken ſtuͤnde, allein, in mein Ehe-Bet- te ſoll ſie nicht wieder kommen, und wenn ſie ein gantzes Orlogs-Schiff mit Golde, Perlen und Edelgeſteinen mitbraͤchte, denn wer wolte mir zu muthen: eine von den Barbarn geſchaͤndete Per- ſon wieder anzunehmen, ohngeacht ich ſie, vor der Zeit, und ſonderlich, ſo lange ſie meine Ehe- Frau geweſen, hertzlich geliebt habe. Wie dieſes, Madame! eure Eltern wieder er- fuhren, zohen ſie es ſich dergeſtalt zu Gemuͤthe, daß ſie Bettlaͤgerig wurden, und binnen 4. Wochen alle beyde ſturben. Jnzwiſchen iſt euch doch euer Erbtheil bis auf eine gewiſſe Zeit ausgeſetzt, und ein Curator daruͤber beſtellet worden, welches ihr, ſo bald als ihr kommet, werdet heben koͤnnen, in- zwiſchen halte das vor euer groͤſtes Gluͤck, daß ihr mit dem van Steen, welcher eurer Perſon nie- mahls wuͤrdig geweſen, keine Kinder gezeugt habt. Hiermit beſchloß Doſtart ſeine Erzaͤhlung, und fragte nur noch dieſes: Was meynet ihr nun, Ma- dame, bey dieſen Geſchichten, und wie wollet ihr die Sachen mit eurem ungetreuen Manne anſtellen? Die van Bredal hatte die meiſte Zeit unter ſeinem Erzaͤhlen geweinet, konte derowegen auch itzo vor Thraͤnen noch nicht gleich antwortten, doch end- lich ſagte ſie: Was will ich anders machen, als meine Sache dem Himmel befehlen, ich will den van Steen gantz nicht in ſeinem Vergnuͤgen ſtoͤh- ren,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata03_1739
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata03_1739/182
Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 3. Nordhausen, 1739, S. 174. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata03_1739/182>, abgerufen am 27.11.2024.