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Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 3. Nordhausen, 1739.

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Harlingen gereiset, und andern Tages sehr ver-
drießlich wieder zurück gekommen, hätte auch allen
seinen Leuten hart verboten, von allen dem, was
sie in seinem Hause etwa höreten und merckten, kein
Wort auszupsaudern; ferner wäre der van Steen
immer unruhig geblieben, bald zu diesem bald zu
jenem guten Freunde gelauffen, und endlich hätte
man unter der Hand vernommen, daß der Nota-
rius Nörgel
in eines andern Kauffmanns-Hause
bey Nachts-Zeit sehr grausam wäre geschlagen
und verwundet worden, so, daß man ihn in einer
Sänffte hätte nach Hause tragen müssen, der van
Steen
hätte im Gesicht und an den Händen eben-
falls die Wahrzeichen gehabt, daß er in einer Schlä-
gerey gewesen wäre, bald hernach aber wäre die
Helena nebst ihrer Magd früh Morgens vor Ta-
ge in einen Wagen gesetzt worden, den man ver-
schlossen, und sie unter Begleitung von 4. unbe-
kanten Reutern fortgeführt, wohin, wisse nie-
mand eigentlich. Nörgel, fuhr dieser Kauff-
manns-Diener fort, ging, so bald er wieder cu-
rirt
war, herüber nach Engelland, und zwar auf
eben dem Schiffe, worauf ich mich befand, ließ
sich auch eines Tages dieser verwegenen Reden
gegen mich verlauten: ich trage diesen meinen Kopff
zum ersteumahle nach Engelland, weiß aber nicht,
ob ich denselben wieder herausbringen werde, doch
frage ich nichts darnach, wenn ich nur so glücklich
bin, mich an einem gewissen Feinde zu rächen, der
mir den ärgsten Possen auf der Welt gespielt hat,
kan ich nur ihn in die andere Welt schaffen, so will
ich gern sterben.

Aus

Harlingen gereiſet, und andern Tages ſehr ver-
drießlich wieder zuruͤck gekommen, haͤtte auch allen
ſeinen Leuten hart verboten, von allen dem, was
ſie in ſeinem Hauſe etwa hoͤreten und merckten, kein
Wort auszupſaudern; ferner waͤre der van Steen
immer unruhig geblieben, bald zu dieſem bald zu
jenem guten Freunde gelauffen, und endlich haͤtte
man unter der Hand vernommen, daß der Nota-
rius Nörgel
in eines andern Kauffmanns-Hauſe
bey Nachts-Zeit ſehr grauſam waͤre geſchlagen
und verwundet worden, ſo, daß man ihn in einer
Saͤnffte haͤtte nach Hauſe tragen muͤſſen, der van
Steen
haͤtte im Geſicht und an den Haͤnden eben-
falls die Wahrzeichen gehabt, daß er in einer Schlaͤ-
gerey geweſen waͤre, bald hernach aber waͤre die
Helena nebſt ihrer Magd fruͤh Morgens vor Ta-
ge in einen Wagen geſetzt worden, den man ver-
ſchloſſen, und ſie unter Begleitung von 4. unbe-
kanten Reutern fortgefuͤhrt, wohin, wiſſe nie-
mand eigentlich. Nörgel, fuhr dieſer Kauff-
manns-Diener fort, ging, ſo bald er wieder cu-
rirt
war, heruͤber nach Engelland, und zwar auf
eben dem Schiffe, worauf ich mich befand, ließ
ſich auch eines Tages dieſer verwegenen Reden
gegen mich verlauten: ich trage dieſen meinen Kopff
zum erſteumahle nach Engelland, weiß aber nicht,
ob ich denſelben wieder herausbringen werde, doch
frage ich nichts darnach, wenn ich nur ſo gluͤcklich
bin, mich an einem gewiſſen Feinde zu raͤchen, der
mir den aͤrgſten Poſſen auf der Welt geſpielt hat,
kan ich nur ihn in die andere Welt ſchaffen, ſo will
ich gern ſterben.

Aus
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[221/0229] Harlingen gereiſet, und andern Tages ſehr ver- drießlich wieder zuruͤck gekommen, haͤtte auch allen ſeinen Leuten hart verboten, von allen dem, was ſie in ſeinem Hauſe etwa hoͤreten und merckten, kein Wort auszupſaudern; ferner waͤre der van Steen immer unruhig geblieben, bald zu dieſem bald zu jenem guten Freunde gelauffen, und endlich haͤtte man unter der Hand vernommen, daß der Nota- rius Nörgel in eines andern Kauffmanns-Hauſe bey Nachts-Zeit ſehr grauſam waͤre geſchlagen und verwundet worden, ſo, daß man ihn in einer Saͤnffte haͤtte nach Hauſe tragen muͤſſen, der van Steen haͤtte im Geſicht und an den Haͤnden eben- falls die Wahrzeichen gehabt, daß er in einer Schlaͤ- gerey geweſen waͤre, bald hernach aber waͤre die Helena nebſt ihrer Magd fruͤh Morgens vor Ta- ge in einen Wagen geſetzt worden, den man ver- ſchloſſen, und ſie unter Begleitung von 4. unbe- kanten Reutern fortgefuͤhrt, wohin, wiſſe nie- mand eigentlich. Nörgel, fuhr dieſer Kauff- manns-Diener fort, ging, ſo bald er wieder cu- rirt war, heruͤber nach Engelland, und zwar auf eben dem Schiffe, worauf ich mich befand, ließ ſich auch eines Tages dieſer verwegenen Reden gegen mich verlauten: ich trage dieſen meinen Kopff zum erſteumahle nach Engelland, weiß aber nicht, ob ich denſelben wieder herausbringen werde, doch frage ich nichts darnach, wenn ich nur ſo gluͤcklich bin, mich an einem gewiſſen Feinde zu raͤchen, der mir den aͤrgſten Poſſen auf der Welt geſpielt hat, kan ich nur ihn in die andere Welt ſchaffen, ſo will ich gern ſterben. Aus

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Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 3. Nordhausen, 1739, S. 221. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata03_1739/229>, abgerufen am 24.11.2024.