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Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 3. Nordhausen, 1739.

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Aus allen diesen Reden des Kauffmanns-Die-
ners nun, konten ich und meine Liebste bald schlies-
sen, daß Nörgel unser Geheimnisse ausgeforschet
haben, und kein anderer als er mein Meuchel-Mör-
der gewesen seyn müsse, denn es kamen noch viele
andere Umstände darzu/ welche ich, Weitläufftig-
keit zu vermeiden, verschweigen will.

Jnzwischen verging meiner Liebsten bey so ge-
stalten Sachen alle Lust in Engelland zu bleiben,
denn nachdem sie noch darzu verschiedene schreckli-
che Träume gehabt, blieb sie bey den Gedancken,
unsere Feinde würden nicht ehe ruhen, biß sie uns
vom Brodte geholffen, derowegen wurden wir
schlüßig, unser Geld und Gut zusammen zu packen,
und mit ersterer Gelegenheit nach Jamaica zu see-
geln. Jch kam in etlichen Wochen nicht aus mei-
nem Logis, um nicht von neuen in Mörder-Hän-
de zu fallen, nachhero, da der Herr Gillers uns die
Nachricht brachte, daß er vor uns gesorgt, und auf
ein nach Jamaica gehendes Schiff verdungen hät-
te, welches in wenig Tagen abseegeln würde,
schafften wir unsere Sachen darauf, und traten, nach
wehmüthig genommenen Abschiede, die Reise nach
der neuen Welt an. Meine Liebste war sehr ver-
gnügt, daß wir diese Resolution ergriffen hatten,
zumahlen, da uns Wind und Wetter sehr favo-
rable
waren; allein das grausame Verhängniß
hatte beschlossen, uns auf eine jämmerliche Art von
einander zu trennen, denn da wir bereits eine ziem-
liche Weite über die Jnsul Madera hinaus waren,
überfiel uns ein entsetzlicher Sturm, welcher uns
auf die lincke Seite nach den Jnsuln des grünen

Vor-

Aus allen dieſen Reden des Kauffmanns-Die-
ners nun, konten ich und meine Liebſte bald ſchlieſ-
ſen, daß Nörgel unſer Geheimniſſe ausgeforſchet
haben, und kein anderer als er mein Meuchel-Moͤr-
der geweſen ſeyn muͤſſe, denn es kamen noch viele
andere Umſtaͤnde darzu/ welche ich, Weitlaͤufftig-
keit zu vermeiden, verſchweigen will.

Jnzwiſchen verging meiner Liebſten bey ſo ge-
ſtalten Sachen alle Luſt in Engelland zu bleiben,
denn nachdem ſie noch darzu verſchiedene ſchreckli-
che Traͤume gehabt, blieb ſie bey den Gedancken,
unſere Feinde wuͤrden nicht ehe ruhen, biß ſie uns
vom Brodte geholffen, derowegen wurden wir
ſchluͤßig, unſer Geld und Gut zuſammen zu packen,
und mit erſterer Gelegenheit nach Jamaica zu ſee-
geln. Jch kam in etlichen Wochen nicht aus mei-
nem Logis, um nicht von neuen in Moͤrder-Haͤn-
de zu fallen, nachhero, da der Herr Gillers uns die
Nachricht brachte, daß er vor uns geſorgt, und auf
ein nach Jamaica gehendes Schiff verdungen haͤt-
te, welches in wenig Tagen abſeegeln wuͤrde,
ſchafften wir unſere Sachen darauf, und traten, nach
wehmuͤthig genommenen Abſchiede, die Reiſe nach
der neuen Welt an. Meine Liebſte war ſehr ver-
gnuͤgt, daß wir dieſe Reſolution ergriffen hatten,
zumahlen, da uns Wind und Wetter ſehr favo-
rable
waren; allein das grauſame Verhaͤngniß
hatte beſchloſſen, uns auf eine jaͤmmerliche Art von
einander zu trennen, denn da wir bereits eine ziem-
liche Weite uͤber die Jnſul Madera hinaus waren,
uͤberfiel uns ein entſetzlicher Sturm, welcher uns
auf die lincke Seite nach den Jnſuln des gruͤnen

Vor-
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[222/0230] Aus allen dieſen Reden des Kauffmanns-Die- ners nun, konten ich und meine Liebſte bald ſchlieſ- ſen, daß Nörgel unſer Geheimniſſe ausgeforſchet haben, und kein anderer als er mein Meuchel-Moͤr- der geweſen ſeyn muͤſſe, denn es kamen noch viele andere Umſtaͤnde darzu/ welche ich, Weitlaͤufftig- keit zu vermeiden, verſchweigen will. Jnzwiſchen verging meiner Liebſten bey ſo ge- ſtalten Sachen alle Luſt in Engelland zu bleiben, denn nachdem ſie noch darzu verſchiedene ſchreckli- che Traͤume gehabt, blieb ſie bey den Gedancken, unſere Feinde wuͤrden nicht ehe ruhen, biß ſie uns vom Brodte geholffen, derowegen wurden wir ſchluͤßig, unſer Geld und Gut zuſammen zu packen, und mit erſterer Gelegenheit nach Jamaica zu ſee- geln. Jch kam in etlichen Wochen nicht aus mei- nem Logis, um nicht von neuen in Moͤrder-Haͤn- de zu fallen, nachhero, da der Herr Gillers uns die Nachricht brachte, daß er vor uns geſorgt, und auf ein nach Jamaica gehendes Schiff verdungen haͤt- te, welches in wenig Tagen abſeegeln wuͤrde, ſchafften wir unſere Sachen darauf, und traten, nach wehmuͤthig genommenen Abſchiede, die Reiſe nach der neuen Welt an. Meine Liebſte war ſehr ver- gnuͤgt, daß wir dieſe Reſolution ergriffen hatten, zumahlen, da uns Wind und Wetter ſehr favo- rable waren; allein das grauſame Verhaͤngniß hatte beſchloſſen, uns auf eine jaͤmmerliche Art von einander zu trennen, denn da wir bereits eine ziem- liche Weite uͤber die Jnſul Madera hinaus waren, uͤberfiel uns ein entſetzlicher Sturm, welcher uns auf die lincke Seite nach den Jnſuln des gruͤnen Vor-

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Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 3. Nordhausen, 1739, S. 222. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata03_1739/230>, abgerufen am 24.11.2024.