hätte solches geglaubt, wäre mit seiner Frauen zu Bette gegangen, und hätte die unruhige Nacht-Ar- beit einmahl dem Gesinde überlassen, hätte auch nimmermehr geglaubt, daß dergleichen Streiche in seinem Hause vorgehen solten, biß ihn früh Mor- gens das Gesinde, welches die Cammern rei- nigen wollen, herzu gerufft.
Was war zu thun? Geld hatte ich nicht, die Sache weiter untersuchen zu lassen, derowegen muste zufrieden, dem wohlthätigen Wirthe die grösten Dancksagungs- Complimente machen, und versprechen, wenn ich in bessern Stand käme, ihm redliche Zahlung zu leisten. Hierauf zohe ich die mir zugeworffenen alten Kleider an, begab mich wieder in die Stadt, denn NB. mein bißheri- ges Quartier war auserhalb derselben gewesen, suchte gute Freunde, die mich wieder in bessern Stand setzen solten, fand aber sehr wenig, die mir mit einer Christlichen Bey- Steuer zu Hülffe ka- men.
Jedoch der Himmel/ welcher doch selten ein redliches Gemüthe verderben läst, führete mich un- vermuthet in eine Stvasse, allwo mir der wertheste Mons. Eberhard mit seiner Jungfer Schwester entgegen kamen. Die verschiedenen bey mir auf- steigenden Affecten machten, daß ich einen lauten Schrey that, hernach vor Jammer bitterlich zu weinen anfing, und mich vor ihnen verbergen wolte, allein, zu meinem Glück wurde ich von ihnen er- kandt, sie nahmen mich Elenden auf, setzten mich in solchem Stand, daß ich mich wieder bey ho- netten Leuten sehen lassen und mit ihnen umgehen
konte,
haͤtte ſolches geglaubt, waͤre mit ſeiner Frauen zu Bette gegangen, und haͤtte die unruhige Nacht-Ar- beit einmahl dem Geſinde uͤberlaſſen, haͤtte auch nimmermehr geglaubt, daß dergleichen Streiche in ſeinem Hauſe vorgehen ſolten, biß ihn fruͤh Mor- gens das Geſinde, welches die Cammern rei- nigen wollen, herzu gerufft.
Was war zu thun? Geld hatte ich nicht, die Sache weiter unterſuchen zu laſſen, derowegen muſte zufrieden, dem wohlthaͤtigen Wirthe die groͤſten Danckſagungs- Complimente machen, und verſprechen, wenn ich in beſſern Stand kaͤme, ihm redliche Zahlung zu leiſten. Hierauf zohe ich die mir zugeworffenen alten Kleider an, begab mich wieder in die Stadt, denn NB. mein bißheri- ges Quartier war auſerhalb derſelben geweſen, ſuchte gute Freunde, die mich wieder in beſſern Stand ſetzen ſolten, fand aber ſehr wenig, die mir mit einer Chriſtlichen Bey- Steuer zu Huͤlffe ka- men.
Jedoch der Himmel/ welcher doch ſelten ein redliches Gemuͤthe verderben laͤſt, fuͤhrete mich un- vermuthet in eine Stvaſſe, allwo mir der wertheſte Monſ. Eberhard mit ſeiner Jungfer Schweſter entgegen kamen. Die verſchiedenen bey mir auf- ſteigenden Affecten machten, daß ich einen lauten Schrey that, hernach vor Jammer bitterlich zu weinen anfing, und mich vor ihnen verbergen wolte, allein, zu meinem Gluͤck wurde ich von ihnen er- kandt, ſie nahmen mich Elenden auf, ſetzten mich in ſolchem Stand, daß ich mich wieder bey ho- netten Leuten ſehen laſſen und mit ihnen umgehen
konte,
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0236"n="228"/>
haͤtte ſolches geglaubt, waͤre mit ſeiner Frauen zu<lb/>
Bette gegangen, und haͤtte die unruhige Nacht-Ar-<lb/>
beit einmahl dem Geſinde uͤberlaſſen, haͤtte auch<lb/>
nimmermehr geglaubt, daß dergleichen Streiche in<lb/>ſeinem Hauſe vorgehen ſolten, biß ihn fruͤh Mor-<lb/>
gens das Geſinde, welches die Cammern rei-<lb/>
nigen wollen, herzu gerufft.</p><lb/><p>Was war zu thun? Geld hatte ich nicht, die<lb/>
Sache weiter unterſuchen zu laſſen, derowegen<lb/>
muſte zufrieden, dem wohlthaͤtigen Wirthe<lb/>
die groͤſten Danckſagungs- <hirendition="#aq">Complimente</hi> machen,<lb/>
und verſprechen, wenn ich in beſſern Stand kaͤme,<lb/>
ihm redliche Zahlung zu leiſten. Hierauf zohe<lb/>
ich die mir zugeworffenen alten Kleider an, begab<lb/>
mich wieder in die Stadt, denn <hirendition="#aq">NB.</hi> mein bißheri-<lb/>
ges Quartier war auſerhalb derſelben geweſen,<lb/>ſuchte gute Freunde, die mich wieder in beſſern<lb/>
Stand ſetzen ſolten, fand aber ſehr wenig, die mir<lb/>
mit einer Chriſtlichen Bey- Steuer zu Huͤlffe ka-<lb/>
men.</p><lb/><p>Jedoch der Himmel/ welcher doch ſelten ein<lb/>
redliches Gemuͤthe verderben laͤſt, fuͤhrete mich un-<lb/>
vermuthet in eine Stvaſſe, allwo mir der wertheſte<lb/><hirendition="#aq">Monſ. Eberhard</hi> mit ſeiner Jungfer Schweſter<lb/>
entgegen kamen. Die verſchiedenen bey mir auf-<lb/>ſteigenden <hirendition="#aq">Affecten</hi> machten, daß ich einen lauten<lb/>
Schrey that, hernach vor Jammer bitterlich zu<lb/>
weinen anfing, und mich vor ihnen verbergen wolte,<lb/>
allein, zu meinem Gluͤck wurde ich von ihnen er-<lb/>
kandt, ſie nahmen mich Elenden auf, ſetzten mich<lb/>
in ſolchem Stand, daß ich mich wieder bey <hirendition="#aq">ho-<lb/>
netten</hi> Leuten ſehen laſſen und mit ihnen umgehen<lb/><fwplace="bottom"type="catch">konte,</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[228/0236]
haͤtte ſolches geglaubt, waͤre mit ſeiner Frauen zu
Bette gegangen, und haͤtte die unruhige Nacht-Ar-
beit einmahl dem Geſinde uͤberlaſſen, haͤtte auch
nimmermehr geglaubt, daß dergleichen Streiche in
ſeinem Hauſe vorgehen ſolten, biß ihn fruͤh Mor-
gens das Geſinde, welches die Cammern rei-
nigen wollen, herzu gerufft.
Was war zu thun? Geld hatte ich nicht, die
Sache weiter unterſuchen zu laſſen, derowegen
muſte zufrieden, dem wohlthaͤtigen Wirthe
die groͤſten Danckſagungs- Complimente machen,
und verſprechen, wenn ich in beſſern Stand kaͤme,
ihm redliche Zahlung zu leiſten. Hierauf zohe
ich die mir zugeworffenen alten Kleider an, begab
mich wieder in die Stadt, denn NB. mein bißheri-
ges Quartier war auſerhalb derſelben geweſen,
ſuchte gute Freunde, die mich wieder in beſſern
Stand ſetzen ſolten, fand aber ſehr wenig, die mir
mit einer Chriſtlichen Bey- Steuer zu Huͤlffe ka-
men.
Jedoch der Himmel/ welcher doch ſelten ein
redliches Gemuͤthe verderben laͤſt, fuͤhrete mich un-
vermuthet in eine Stvaſſe, allwo mir der wertheſte
Monſ. Eberhard mit ſeiner Jungfer Schweſter
entgegen kamen. Die verſchiedenen bey mir auf-
ſteigenden Affecten machten, daß ich einen lauten
Schrey that, hernach vor Jammer bitterlich zu
weinen anfing, und mich vor ihnen verbergen wolte,
allein, zu meinem Gluͤck wurde ich von ihnen er-
kandt, ſie nahmen mich Elenden auf, ſetzten mich
in ſolchem Stand, daß ich mich wieder bey ho-
netten Leuten ſehen laſſen und mit ihnen umgehen
konte,
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 3. Nordhausen, 1739, S. 228. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata03_1739/236>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.