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Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 3. Nordhausen, 1739.

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allen, denn er blieb ohnbeweglich sitzen, schalt un-
sere Furcht, die wir wegen des Tenffels-Gaucke-
ley hätten, und ermahnete uns, ein stärcker Ver-
trauen auf den Göttlichen Schutz zu setzen.
Demnach blieben wir gantz hertzhafft sitzen, ob
gleich vor Verlauff dieser Stunde noch 10. Feuer-
Kugeln aus der Felsen-Klufft heraus geflogen ka-
men, die theils auf der Brücke herum schwerme-
ten, und sich hernach in den Abgrund stürtzten,
theils hoch in die Lufft stiegen, im Heruntersincken
aber verschwanden. Nachdem dieses Feuer-
Werck vordey war, ließ die Stimme aus der Fel-
sen-Klufft folgende deutliche Sylben erschallen:
On-za-to-hoom! und die hinter uns antworte-
te noch kläglicher als gestern: Mi-di-schriz-
schriz-schriz!
Hierauf hörete man abermahls ein
gräßliches Brüllen, Heulen und Winseln aus dem
grossen Berge erschallen, eben als wenn lauter Lö-
wen, Bären, Wölffe, Hunde, Katzen und
dergleichen Thiere darinnen befindlich wären, da
aber die Mitternachts-Stunde zu Ende, ward
alles auf einmahl stille, derowegen schlieffen wir
Wechsels-weise, biß der helle Tag wieder da war.

Nachdem wir uns ingesammt in einem andäch-
tigen Morgen-Gebeth GOtt befohlen, auch die
Leiber mit kräfftiger Speise und köstlichen Weine
gestärckt hatten, steckten wir, jeder die Taschen
voll Victualien, hingen die mit Wein gefülleten
Flaschen über die Schuldern, nahmen in die lincke
Hand eine Pech-Fackel oder Wind-Licht, in die
rechte aber theils einen Degen oder Pistol, deren
jeder ein paar vor sich im Gurt gesteckt mit sich ge-

nommen,

allen, denn er blieb ohnbeweglich ſitzen, ſchalt un-
ſere Furcht, die wir wegen des Tenffels-Gaucke-
ley haͤtten, und ermahnete uns, ein ſtaͤrcker Ver-
trauen auf den Goͤttlichen Schutz zu ſetzen.
Demnach blieben wir gantz hertzhafft ſitzen, ob
gleich vor Verlauff dieſer Stunde noch 10. Feuer-
Kugeln aus der Felſen-Klufft heraus geflogen ka-
men, die theils auf der Bruͤcke herum ſchwerme-
ten, und ſich hernach in den Abgrund ſtuͤrtzten,
theils hoch in die Lufft ſtiegen, im Herunterſincken
aber verſchwanden. Nachdem dieſes Feuer-
Werck vordey war, ließ die Stimme aus der Fel-
ſen-Klufft folgende deutliche Sylben erſchallen:
On-za-to-hoom! und die hinter uns antworte-
te noch klaͤglicher als geſtern: Mi-di-ſchriz-
ſchriz-ſchriz!
Hierauf hoͤrete man abermahls ein
graͤßliches Bruͤllen, Heulen und Winſeln aus dem
groſſen Berge erſchallen, eben als wenn lauter Loͤ-
wen, Baͤren, Woͤlffe, Hunde, Katzen und
dergleichen Thiere darinnen befindlich waͤren, da
aber die Mitternachts-Stunde zu Ende, ward
alles auf einmahl ſtille, derowegen ſchlieffen wir
Wechſels-weiſe, biß der helle Tag wieder da war.

Nachdem wir uns ingeſammt in einem andaͤch-
tigen Morgen-Gebeth GOtt befohlen, auch die
Leiber mit kraͤfftiger Speiſe und koͤſtlichen Weine
geſtaͤrckt hatten, ſteckten wir, jeder die Taſchen
voll Victualien, hingen die mit Wein gefuͤlleten
Flaſchen uͤber die Schuldern, nahmen in die lincke
Hand eine Pech-Fackel oder Wind-Licht, in die
rechte aber theils einen Degen oder Piſtol, deren
jeder ein paar vor ſich im Gurt geſteckt mit ſich ge-

nommen,
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[316/0324] allen, denn er blieb ohnbeweglich ſitzen, ſchalt un- ſere Furcht, die wir wegen des Tenffels-Gaucke- ley haͤtten, und ermahnete uns, ein ſtaͤrcker Ver- trauen auf den Goͤttlichen Schutz zu ſetzen. Demnach blieben wir gantz hertzhafft ſitzen, ob gleich vor Verlauff dieſer Stunde noch 10. Feuer- Kugeln aus der Felſen-Klufft heraus geflogen ka- men, die theils auf der Bruͤcke herum ſchwerme- ten, und ſich hernach in den Abgrund ſtuͤrtzten, theils hoch in die Lufft ſtiegen, im Herunterſincken aber verſchwanden. Nachdem dieſes Feuer- Werck vordey war, ließ die Stimme aus der Fel- ſen-Klufft folgende deutliche Sylben erſchallen: On-za-to-hoom! und die hinter uns antworte- te noch klaͤglicher als geſtern: Mi-di-ſchriz- ſchriz-ſchriz! Hierauf hoͤrete man abermahls ein graͤßliches Bruͤllen, Heulen und Winſeln aus dem groſſen Berge erſchallen, eben als wenn lauter Loͤ- wen, Baͤren, Woͤlffe, Hunde, Katzen und dergleichen Thiere darinnen befindlich waͤren, da aber die Mitternachts-Stunde zu Ende, ward alles auf einmahl ſtille, derowegen ſchlieffen wir Wechſels-weiſe, biß der helle Tag wieder da war. Nachdem wir uns ingeſammt in einem andaͤch- tigen Morgen-Gebeth GOtt befohlen, auch die Leiber mit kraͤfftiger Speiſe und koͤſtlichen Weine geſtaͤrckt hatten, ſteckten wir, jeder die Taſchen voll Victualien, hingen die mit Wein gefuͤlleten Flaſchen uͤber die Schuldern, nahmen in die lincke Hand eine Pech-Fackel oder Wind-Licht, in die rechte aber theils einen Degen oder Piſtol, deren jeder ein paar vor ſich im Gurt geſteckt mit ſich ge- nommen,

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Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 3. Nordhausen, 1739, S. 316. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata03_1739/324>, abgerufen am 22.11.2024.