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Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 3. Nordhausen, 1739.

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worden, um selbiges setzten wir uns herum, und
warteten mit Verlangen, ob in der heutigen Mit-
ternachts-Stunde, abermahls etwas besonderes
zu sehen und zu hören seyn würde.

Mons. van Blac sahe dieser wegen fleißig nach
seiner Uhr, und als es kaum eine Minute über 11.
Uhr war, kam eine gewaltige grosse Feuer-Kugel
aus der Felsen-Klufft die Treppe herunter, und
auf unsere Brücke gerollet, schwermete fast einer
Minuten lang mitten auf deselben herum, und
stürtzte sich endlich hinunter in den Abgrund, in
welchem ein solches entsetztliches Geprassele und
Getöse entstund, daß uns fast allen, sowohl über
eins als über das andere, ein Grausen ankom-
men wolte, der eintzige Mons. van Blac sagte mit
Lachen: Nur nicht näher! so gehts noch hin.
Jch bath ihn stille zu seyn, er aber sprach: man
siehet nun doch wohl, daß es nichts natürliches,
sondern ein teuffelisches Blendwerck ist, deßwegen
muß man dem Teuffel die Liebe nicht thun, und
sich vor ihm fürchten, vielmehr seiner spotten;
Wir haben uns GOtt befohlen, und sind nicht ge-
sonnen etwas böses auszuüben, was hat der Teuf-
fel vor Macht an uns? Kaum hatte er diese Wor-
te ausgesprochen, als die andere Feuer-Kugel
aus der Klufft gen Himmel zu fuhr, sich gemäch-
lich wieder herunter senckte, eben als wenn sie zwi-
schen uns niederfallen wolte, weßwegen wir in-
dem aufspringen und zurücklauffen wolten, allein,
da sie noch wohl 50. Ellen über uns war, verging
sie plötzlich als ein Wind. Mons. van Blac hat-
te in Wahrheit die meiste Courage unter uns

allen,

worden, um ſelbiges ſetzten wir uns herum, und
warteten mit Verlangen, ob in der heutigen Mit-
ternachts-Stunde, abermahls etwas beſonderes
zu ſehen und zu hoͤren ſeyn wuͤrde.

Monſ. van Blac ſahe dieſer wegen fleißig nach
ſeiner Uhr, und als es kaum eine Minute uͤber 11.
Uhr war, kam eine gewaltige groſſe Feuer-Kugel
aus der Felſen-Klufft die Treppe herunter, und
auf unſere Bruͤcke gerollet, ſchwermete faſt einer
Minuten lang mitten auf deſelben herum, und
ſtuͤrtzte ſich endlich hinunter in den Abgrund, in
welchem ein ſolches entſetztliches Gepraſſele und
Getoͤſe entſtund, daß uns faſt allen, ſowohl uͤber
eins als uͤber das andere, ein Grauſen ankom-
men wolte, der eintzige Monſ. van Blac ſagte mit
Lachen: Nur nicht naͤher! ſo gehts noch hin.
Jch bath ihn ſtille zu ſeyn, er aber ſprach: man
ſiehet nun doch wohl, daß es nichts natuͤrliches,
ſondern ein teuffeliſches Blendwerck iſt, deßwegen
muß man dem Teuffel die Liebe nicht thun, und
ſich vor ihm fuͤrchten, vielmehr ſeiner ſpotten;
Wir haben uns GOtt befohlen, und ſind nicht ge-
ſonnen etwas boͤſes auszuuͤben, was hat der Teuf-
fel vor Macht an uns? Kaum hatte er dieſe Wor-
te ausgeſprochen, als die andere Feuer-Kugel
aus der Klufft gen Himmel zu fuhr, ſich gemaͤch-
lich wieder herunter ſenckte, eben als wenn ſie zwi-
ſchen uns niederfallen wolte, weßwegen wir in-
dem aufſpringen und zuruͤcklauffen wolten, allein,
da ſie noch wohl 50. Ellen uͤber uns war, verging
ſie ploͤtzlich als ein Wind. Monſ. van Blac hat-
te in Wahrheit die meiſte Courage unter uns

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[315/0323] worden, um ſelbiges ſetzten wir uns herum, und warteten mit Verlangen, ob in der heutigen Mit- ternachts-Stunde, abermahls etwas beſonderes zu ſehen und zu hoͤren ſeyn wuͤrde. Monſ. van Blac ſahe dieſer wegen fleißig nach ſeiner Uhr, und als es kaum eine Minute uͤber 11. Uhr war, kam eine gewaltige groſſe Feuer-Kugel aus der Felſen-Klufft die Treppe herunter, und auf unſere Bruͤcke gerollet, ſchwermete faſt einer Minuten lang mitten auf deſelben herum, und ſtuͤrtzte ſich endlich hinunter in den Abgrund, in welchem ein ſolches entſetztliches Gepraſſele und Getoͤſe entſtund, daß uns faſt allen, ſowohl uͤber eins als uͤber das andere, ein Grauſen ankom- men wolte, der eintzige Monſ. van Blac ſagte mit Lachen: Nur nicht naͤher! ſo gehts noch hin. Jch bath ihn ſtille zu ſeyn, er aber ſprach: man ſiehet nun doch wohl, daß es nichts natuͤrliches, ſondern ein teuffeliſches Blendwerck iſt, deßwegen muß man dem Teuffel die Liebe nicht thun, und ſich vor ihm fuͤrchten, vielmehr ſeiner ſpotten; Wir haben uns GOtt befohlen, und ſind nicht ge- ſonnen etwas boͤſes auszuuͤben, was hat der Teuf- fel vor Macht an uns? Kaum hatte er dieſe Wor- te ausgeſprochen, als die andere Feuer-Kugel aus der Klufft gen Himmel zu fuhr, ſich gemaͤch- lich wieder herunter ſenckte, eben als wenn ſie zwi- ſchen uns niederfallen wolte, weßwegen wir in- dem aufſpringen und zuruͤcklauffen wolten, allein, da ſie noch wohl 50. Ellen uͤber uns war, verging ſie ploͤtzlich als ein Wind. Monſ. van Blac hat- te in Wahrheit die meiſte Courage unter uns allen,

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Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 3. Nordhausen, 1739, S. 315. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata03_1739/323>, abgerufen am 17.06.2024.