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Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 3. Nordhausen, 1739.

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ne geheime Zusammenkunfft hielt, doch da ich nicht
wuste, was es zu bedeuten hatte, bekümmerte mich
solches auch nicht, vielmehr war ich damit ver-
gnügt, daß mir meine Stief-Mutter alles gab und
zuließ, was nur mein Hertze begehrte. Allein, et-
wa ein Jahr hernach, da mein Vater auf etliche Ta-
ge verreiset war, entstund ein grausamer Tumult
in unserer Eltern Schlaf-Cammer, denn die Thü-
re wurde eingestossen, wir höreten die Mutter schrey-
en und auch des Vaters Stimme, auch einen
Büchsen-Knall zum Cammer-Fenster hinaus,
weßwegen wir vier Kinder (denn mein ältester
Bruder war schon bey Hofe in Diensten) alle auf
einmahl aufsprungen, in der Eltern Cammer lief-
fen, und sahen, daß der Vater immer auf die Mut-
ter mit dem Hirschfänger loß hieb, sie auch gewiß
in Koch-Stücken zerhauen haben würde, wenn wir
Jungens ihm nicht den Arm gehalten und die Mäd-
gens sich über die Mutter hergebreitet hätte. Jn-
zwischen schwamm die Mutter fast in ihrem Blu-
te, denn sie hatte etliche Hiebe über den Kopff,
Brüste und Arme bekommen. Endlich ließ sich
der Vater durch unser jämmerliches Schreyen be-
wegen, mit mir hinunter in die Stube zu gehen,
allwo ich so gleich eine Laterne anstecken und mit
ihm vom Hause hinweg nach dem Walde zu gehen
muste; er hatte eine Büchse an der Schulter han-
gen, und den blossen Hirschfänger in der Hand,
wir waren aber kaum 100. Schritte gegangen, als
wir den Förster Helnam in blossen blutigen Hemb-
de auf dem Gesichte liegend antraffen. Mein Va-
ter wendete ihn um auf den Rücken, sagte weiter

nichts

ne geheime Zuſammenkunfft hielt, doch da ich nicht
wuſte, was es zu bedeuten hatte, bekuͤmmerte mich
ſolches auch nicht, vielmehr war ich damit ver-
gnuͤgt, daß mir meine Stief-Mutter alles gab und
zuließ, was nur mein Hertze begehrte. Allein, et-
wa ein Jahr hernach, da mein Vater auf etliche Ta-
ge verreiſet war, entſtund ein grauſamer Tumult
in unſerer Eltern Schlaf-Cammer, denn die Thuͤ-
re wurde eingeſtoſſen, wir hoͤreten die Mutter ſchrey-
en und auch des Vaters Stimme, auch einen
Buͤchſen-Knall zum Cammer-Fenſter hinaus,
weßwegen wir vier Kinder (denn mein aͤlteſter
Bruder war ſchon bey Hofe in Dienſten) alle auf
einmahl aufſprungen, in der Eltern Cammer lief-
fen, und ſahen, daß der Vater immer auf die Mut-
ter mit dem Hirſchfaͤnger loß hieb, ſie auch gewiß
in Koch-Stuͤcken zerhauen haben wuͤrde, wenn wir
Jungens ihm nicht den Arm gehalten und die Maͤd-
gens ſich uͤber die Mutter hergebreitet haͤtte. Jn-
zwiſchen ſchwamm die Mutter faſt in ihrem Blu-
te, denn ſie hatte etliche Hiebe uͤber den Kopff,
Bruͤſte und Arme bekommen. Endlich ließ ſich
der Vater durch unſer jaͤmmerliches Schreyen be-
wegen, mit mir hinunter in die Stube zu gehen,
allwo ich ſo gleich eine Laterne anſtecken und mit
ihm vom Hauſe hinweg nach dem Walde zu gehen
muſte; er hatte eine Buͤchſe an der Schulter han-
gen, und den bloſſen Hirſchfaͤnger in der Hand,
wir waren aber kaum 100. Schritte gegangen, als
wir den Foͤrſter Helnam in bloſſen blutigen Hemb-
de auf dem Geſichte liegend antraffen. Mein Va-
ter wendete ihn um auf den Ruͤcken, ſagte weiter

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[367/0375] ne geheime Zuſammenkunfft hielt, doch da ich nicht wuſte, was es zu bedeuten hatte, bekuͤmmerte mich ſolches auch nicht, vielmehr war ich damit ver- gnuͤgt, daß mir meine Stief-Mutter alles gab und zuließ, was nur mein Hertze begehrte. Allein, et- wa ein Jahr hernach, da mein Vater auf etliche Ta- ge verreiſet war, entſtund ein grauſamer Tumult in unſerer Eltern Schlaf-Cammer, denn die Thuͤ- re wurde eingeſtoſſen, wir hoͤreten die Mutter ſchrey- en und auch des Vaters Stimme, auch einen Buͤchſen-Knall zum Cammer-Fenſter hinaus, weßwegen wir vier Kinder (denn mein aͤlteſter Bruder war ſchon bey Hofe in Dienſten) alle auf einmahl aufſprungen, in der Eltern Cammer lief- fen, und ſahen, daß der Vater immer auf die Mut- ter mit dem Hirſchfaͤnger loß hieb, ſie auch gewiß in Koch-Stuͤcken zerhauen haben wuͤrde, wenn wir Jungens ihm nicht den Arm gehalten und die Maͤd- gens ſich uͤber die Mutter hergebreitet haͤtte. Jn- zwiſchen ſchwamm die Mutter faſt in ihrem Blu- te, denn ſie hatte etliche Hiebe uͤber den Kopff, Bruͤſte und Arme bekommen. Endlich ließ ſich der Vater durch unſer jaͤmmerliches Schreyen be- wegen, mit mir hinunter in die Stube zu gehen, allwo ich ſo gleich eine Laterne anſtecken und mit ihm vom Hauſe hinweg nach dem Walde zu gehen muſte; er hatte eine Buͤchſe an der Schulter han- gen, und den bloſſen Hirſchfaͤnger in der Hand, wir waren aber kaum 100. Schritte gegangen, als wir den Foͤrſter Helnam in bloſſen blutigen Hemb- de auf dem Geſichte liegend antraffen. Mein Va- ter wendete ihn um auf den Ruͤcken, ſagte weiter nichts

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Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 3. Nordhausen, 1739, S. 367. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata03_1739/375>, abgerufen am 22.11.2024.