nichts als diese Worte: Ja, ja, du bists, und hast genung. Er ließ aber den Cörper liegen, und kehre- te mit mir um nach unsern Hause zu, schickte mich auch sogleich hinauf, um zu sehen, was die Mutter machte. Dieser hatte mein Bruder die Wunden voll Zunder, Spinneweben, Werck und derglei- chen gestopfft, auch Brandtewein hinein gegossen und drauf gelegt, allein, selbige wolten doch nicht zu bluten aufhören, und da ich dieses dem Vater wie- der zu sagen hinunter kam, war derselbe fort.
Wir Kinder meyneten, er würde etwa in das nächste Dorff gegangen seyn, und Leute herzu ruf- fen, hoffeten aber auf deren Ankunfft umsonst, biß der Tag anbrach, da denn zu unsern Glücke etliche Manns-und Weibs-Personen kamen, welche in die Stadt zu Marckte gehen, vorhero aber erstlich bey uns Brandtewein trincken wolten. Zwey Weiber, die sonst mit meiner Stief-Mutter wohl bekandt waren, blieben bey derselben, welche, als sie hörete, daß Helnam nicht weit von unsern Hau- se erschossen läge, eine starcke Ohnmacht bekam, weßwegen die Weiber Mühe hatten, sie wieder zu ermuntern, die Männer aber eileten nach der Stadt, hatten die Geschichte der Obrigkeit gemel- det, da denn gar bald die Gerichten mit Doctor, Barbierer und Priester heraus kamen, erstlich die Mutter behörig verbinden liessen, nachhero exami- nirten. Sie hatte die gantze Geschicht offen- hertzig und dabey bekennet, daß sie schon seit etlichen Jahren, und ehe sie noch meinen Vater geheyra- thet, mit Helnam der Liebe gepflogen, meinen Va- ter aber, um ihn nicht eiffersüchtig, sondern desto
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nichts als dieſe Worte: Ja, ja, du biſts, und haſt genung. Er ließ aber den Coͤrper liegen, und kehre- te mit mir um nach unſern Hauſe zu, ſchickte mich auch ſogleich hinauf, um zu ſehen, was die Mutter machte. Dieſer hatte mein Bruder die Wunden voll Zunder, Spinneweben, Werck und derglei- chen geſtopfft, auch Brandtewein hinein gegoſſen und drauf gelegt, allein, ſelbige wolten doch nicht zu bluten aufhoͤren, und da ich dieſes dem Vater wie- der zu ſagen hinunter kam, war derſelbe fort.
Wir Kinder meyneten, er wuͤrde etwa in das naͤchſte Dorff gegangen ſeyn, und Leute herzu ruf- fen, hoffeten aber auf deren Ankunfft umſonſt, biß der Tag anbrach, da denn zu unſern Gluͤcke etliche Manns-und Weibs-Perſonen kamen, welche in die Stadt zu Marckte gehen, vorhero aber erſtlich bey uns Brandtewein trincken wolten. Zwey Weiber, die ſonſt mit meiner Stief-Mutter wohl bekandt waren, blieben bey derſelben, welche, als ſie hoͤrete, daß Helnam nicht weit von unſern Hau- ſe erſchoſſen laͤge, eine ſtarcke Ohnmacht bekam, weßwegen die Weiber Muͤhe hatten, ſie wieder zu ermuntern, die Maͤnner aber eileten nach der Stadt, hatten die Geſchichte der Obrigkeit gemel- det, da denn gar bald die Gerichten mit Doctor, Barbierer und Prieſter heraus kamen, erſtlich die Mutter behoͤrig verbinden lieſſen, nachhero exami- nirten. Sie hatte die gantze Geſchicht offen- hertzig und dabey bekennet, daß ſie ſchon ſeit etlichen Jahren, und ehe ſie noch meinen Vater geheyra- thet, mit Helnam der Liebe gepflogen, meinen Va- ter aber, um ihn nicht eifferſuͤchtig, ſondern deſto
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nichts als dieſe Worte: Ja, ja, du biſts, und haſt
genung. Er ließ aber den Coͤrper liegen, und kehre-
te mit mir um nach unſern Hauſe zu, ſchickte mich
auch ſogleich hinauf, um zu ſehen, was die Mutter
machte. Dieſer hatte mein Bruder die Wunden
voll Zunder, Spinneweben, Werck und derglei-
chen geſtopfft, auch Brandtewein hinein gegoſſen
und drauf gelegt, allein, ſelbige wolten doch nicht zu
bluten aufhoͤren, und da ich dieſes dem Vater wie-
der zu ſagen hinunter kam, war derſelbe fort.
Wir Kinder meyneten, er wuͤrde etwa in das
naͤchſte Dorff gegangen ſeyn, und Leute herzu ruf-
fen, hoffeten aber auf deren Ankunfft umſonſt, biß
der Tag anbrach, da denn zu unſern Gluͤcke etliche
Manns-und Weibs-Perſonen kamen, welche in
die Stadt zu Marckte gehen, vorhero aber erſtlich
bey uns Brandtewein trincken wolten. Zwey
Weiber, die ſonſt mit meiner Stief-Mutter wohl
bekandt waren, blieben bey derſelben, welche, als
ſie hoͤrete, daß Helnam nicht weit von unſern Hau-
ſe erſchoſſen laͤge, eine ſtarcke Ohnmacht bekam,
weßwegen die Weiber Muͤhe hatten, ſie wieder zu
ermuntern, die Maͤnner aber eileten nach der
Stadt, hatten die Geſchichte der Obrigkeit gemel-
det, da denn gar bald die Gerichten mit Doctor,
Barbierer und Prieſter heraus kamen, erſtlich die
Mutter behoͤrig verbinden lieſſen, nachhero exami-
nirten. Sie hatte die gantze Geſchicht offen-
hertzig und dabey bekennet, daß ſie ſchon ſeit etlichen
Jahren, und ehe ſie noch meinen Vater geheyra-
thet, mit Helnam der Liebe gepflogen, meinen Va-
ter aber, um ihn nicht eifferſuͤchtig, ſondern deſto
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Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 3. Nordhausen, 1739, S. 368. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata03_1739/376>, abgerufen am 22.11.2024.
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