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Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 3. Nordhausen, 1739.

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sicherer zu machen, immer vorgeschwatzt, daß ihr
dieser Mensch zuwider wäre etc. etc. Hierauf hatte
sie gebeten, daß der Priester bey ihr bleiben, der
Doctor und Barbierer aber nur nach Hause rei-
sen möchten, indem sie fühlete, daß sie den Abend
nicht erleben würde. Dieses letztere traff auch ein,
denn nachdem der Priester den gantzen Tag mit
ihr gesprochen und gebetet, auch das Heilige
Abendmahl gereicht, starb sie, ehe es Abend wurde.
Helnams Cörper öffnete man, nachhero wurde der-
selbe, so wohl als meine Stief-Mutter auf be-
sondere Landes-Herrliche Begnadigung, an die
Seite des Gottes-Ackers des nächsten Dorffs be-
graben. Uns armen Kindern hatten die Gerich-
ten fast nichts mehr als die allernöthigsten Sachen
gelassen, einen Mann und Frau bestellet, die indessen
die Wirthschafft treiben und uns verpflegen musten;
allein, etliche Wochen hernach war der Landes-Herr
so gnädig, meinem ältesten Bruder, der schon eini-
ge Jahr bey ihm in Diensten gestanden, in die Stel-
le meines Vaters, von dessen Auffenthalt kein
Mensch etwas wissen wolte, zu setzen, da denn
mein Bruder eine betagte Befreundtin zur Hauß-
hälterin annahm, uns seine Geschwister noch eine
Zeitlang bey sich zu behalten versprach, auch es bey
dem Landes-Herrn dahin brachte, daß die Gerich-
ten nach Abzug der Kosten, die übrige Verlassen-
schafft unserer Eltern, an bestellte Vormünder aus-
liefern musten. Es war aber, leyder! nicht allzu-
viel übrig geblieben; und also sehen sie, meine Her-
ren! (erinnerte uns allhier der Capitain Horn) daß
ein ungetreues listiges Weib, unsern Vater und

uns
III. Theil. (A a)

ſicherer zu machen, immer vorgeſchwatzt, daß ihr
dieſer Menſch zuwider waͤre ꝛc. ꝛc. Hierauf hatte
ſie gebeten, daß der Prieſter bey ihr bleiben, der
Doctor und Barbierer aber nur nach Hauſe rei-
ſen moͤchten, indem ſie fuͤhlete, daß ſie den Abend
nicht erleben wuͤrde. Dieſes letztere traff auch ein,
denn nachdem der Prieſter den gantzen Tag mit
ihr geſprochen und gebetet, auch das Heilige
Abendmahl gereicht, ſtarb ſie, ehe es Abend wurde.
Helnams Coͤrper oͤffnete man, nachhero wurde der-
ſelbe, ſo wohl als meine Stief-Mutter auf be-
ſondere Landes-Herrliche Begnadigung, an die
Seite des Gottes-Ackers des naͤchſten Dorffs be-
graben. Uns armen Kindern hatten die Gerich-
ten faſt nichts mehr als die allernoͤthigſten Sachen
gelaſſen, einen Mann und Frau beſtellet, die indeſſen
die Wirthſchafft treiben und uns verpflegen muſten;
allein, etliche Wochen hernach war der Landes-Herr
ſo gnaͤdig, meinem aͤlteſten Bruder, der ſchon eini-
ge Jahr bey ihm in Dienſten geſtanden, in die Stel-
le meines Vaters, von deſſen Auffenthalt kein
Menſch etwas wiſſen wolte, zu ſetzen, da denn
mein Bruder eine betagte Befreundtin zur Hauß-
haͤlterin annahm, uns ſeine Geſchwiſter noch eine
Zeitlang bey ſich zu behalten verſprach, auch es bey
dem Landes-Herrn dahin brachte, daß die Gerich-
ten nach Abzug der Koſten, die uͤbrige Verlaſſen-
ſchafft unſerer Eltern, an beſtellte Vormuͤnder aus-
liefern muſten. Es war aber, leyder! nicht allzu-
viel uͤbrig geblieben; und alſo ſehen ſie, meine Her-
ren! (erinnerte uns allhier der Capitain Horn) daß
ein ungetreues liſtiges Weib, unſern Vater und

uns
III. Theil. (A a)
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[369/0377] ſicherer zu machen, immer vorgeſchwatzt, daß ihr dieſer Menſch zuwider waͤre ꝛc. ꝛc. Hierauf hatte ſie gebeten, daß der Prieſter bey ihr bleiben, der Doctor und Barbierer aber nur nach Hauſe rei- ſen moͤchten, indem ſie fuͤhlete, daß ſie den Abend nicht erleben wuͤrde. Dieſes letztere traff auch ein, denn nachdem der Prieſter den gantzen Tag mit ihr geſprochen und gebetet, auch das Heilige Abendmahl gereicht, ſtarb ſie, ehe es Abend wurde. Helnams Coͤrper oͤffnete man, nachhero wurde der- ſelbe, ſo wohl als meine Stief-Mutter auf be- ſondere Landes-Herrliche Begnadigung, an die Seite des Gottes-Ackers des naͤchſten Dorffs be- graben. Uns armen Kindern hatten die Gerich- ten faſt nichts mehr als die allernoͤthigſten Sachen gelaſſen, einen Mann und Frau beſtellet, die indeſſen die Wirthſchafft treiben und uns verpflegen muſten; allein, etliche Wochen hernach war der Landes-Herr ſo gnaͤdig, meinem aͤlteſten Bruder, der ſchon eini- ge Jahr bey ihm in Dienſten geſtanden, in die Stel- le meines Vaters, von deſſen Auffenthalt kein Menſch etwas wiſſen wolte, zu ſetzen, da denn mein Bruder eine betagte Befreundtin zur Hauß- haͤlterin annahm, uns ſeine Geſchwiſter noch eine Zeitlang bey ſich zu behalten verſprach, auch es bey dem Landes-Herrn dahin brachte, daß die Gerich- ten nach Abzug der Koſten, die uͤbrige Verlaſſen- ſchafft unſerer Eltern, an beſtellte Vormuͤnder aus- liefern muſten. Es war aber, leyder! nicht allzu- viel uͤbrig geblieben; und alſo ſehen ſie, meine Her- ren! (erinnerte uns allhier der Capitain Horn) daß ein ungetreues liſtiges Weib, unſern Vater und uns III. Theil. (A a)

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Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 3. Nordhausen, 1739, S. 369. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata03_1739/377>, abgerufen am 22.11.2024.