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Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 3. Nordhausen, 1739.

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chen. Jndem er nun dennoch, Gelegenheit suchte
sie in ihrem Zimmer zu sprechen, und sich dieserwe-
gen einsmahls heimlich in ihr Haus geschlichen,
seinen Zweck aber nicht erreichen können, weil die
Dame seiner noch bey Zeiten gewahr worden, und
sich in ein anderes Zimmer versteckt und verschlos-
sen hatte, fing er grausam an zu fulminiren, stieß
verschiedene Schimpff-Reden aus, welche doch
von niemand anders als von ihren Domestiquen
angehöret wurden, und ging endlich im grösten
Grimm und Zorne nach seinem Logis. Fol-
genden Morgens sehr früh, da er noch nicht auf-
gestanden war, bekam er von einer gewissen hö-
hern Hand einen schrifftlichen Befehl, dessen Jn-
halt, wie ich hernach erfahren, dieser war: daß er
sich bey Vermeidung gröster Ungnade, auch ernst-
licher Bestraffung, ferner nicht unterstehen solte,
diese Dame weder mit Worten, Schrifften, viel-
weniger mit Wercken zu beleidigen. Jch brachte
diesen Brief meinem Herrn ins Bette, so bald er
aufgewacht, und zu allem Glück kein eintziger von
den andern Bedienten im Schlaf-Zimmer war, er
hatte aber denselben kaum gelesen, als er, wie halb
rasend, aus dem Bette sprunge, den Brief mit
Füssen trat, und sich im Eiffer folgender Worte
vernehmen ließ: "Ha! ists so bestellet? warte,
"Ungetreue - - ich will dir nicht 10. biß 12000.
"Thlr. werth umsonst ausgebeutelt haben,
"sondern meinen Hohn an dir rächen, und
"wenn es auch mein Leben kosten solte."

Hierauf muste ich die andern Bedienten ruffen, um
ihn anzukleiden, sie konten es ihm zwar alle ansehen,

daß

chen. Jndem er nun dennoch, Gelegenheit ſuchte
ſie in ihrem Zimmer zu ſprechen, und ſich dieſerwe-
gen einsmahls heimlich in ihr Haus geſchlichen,
ſeinen Zweck aber nicht erreichen koͤnnen, weil die
Dame ſeiner noch bey Zeiten gewahr worden, und
ſich in ein anderes Zimmer verſteckt und verſchloſ-
ſen hatte, fing er grauſam an zu fulminiren, ſtieß
verſchiedene Schimpff-Reden aus, welche doch
von niemand anders als von ihren Domeſtiquen
angehoͤret wurden, und ging endlich im groͤſten
Grimm und Zorne nach ſeinem Logis. Fol-
genden Morgens ſehr fruͤh, da er noch nicht auf-
geſtanden war, bekam er von einer gewiſſen hoͤ-
hern Hand einen ſchrifftlichen Befehl, deſſen Jn-
halt, wie ich hernach erfahren, dieſer war: daß er
ſich bey Vermeidung groͤſter Ungnade, auch ernſt-
licher Beſtraffung, ferner nicht unterſtehen ſolte,
dieſe Dame weder mit Worten, Schrifften, viel-
weniger mit Wercken zu beleidigen. Jch brachte
dieſen Brief meinem Herrn ins Bette, ſo bald er
aufgewacht, und zu allem Gluͤck kein eintziger von
den andern Bedienten im Schlaf-Zimmer war, er
hatte aber denſelben kaum geleſen, als er, wie halb
raſend, aus dem Bette ſprunge, den Brief mit
Fuͤſſen trat, und ſich im Eiffer folgender Worte
vernehmen ließ: „Ha! iſts ſo beſtellet? warte,
„Ungetreue ‒ ‒ ich will dir nicht 10. biß 12000.
„Thlr. werth umſonſt ausgebeutelt haben,
„ſondern meinen Hohn an dir raͤchen, und
„wenn es auch mein Leben koſten ſolte.‟

Hierauf muſte ich die andern Bedienten ruffen, um
ihn anzukleiden, ſie konten es ihm zwar alle anſehen,

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[372/0380] chen. Jndem er nun dennoch, Gelegenheit ſuchte ſie in ihrem Zimmer zu ſprechen, und ſich dieſerwe- gen einsmahls heimlich in ihr Haus geſchlichen, ſeinen Zweck aber nicht erreichen koͤnnen, weil die Dame ſeiner noch bey Zeiten gewahr worden, und ſich in ein anderes Zimmer verſteckt und verſchloſ- ſen hatte, fing er grauſam an zu fulminiren, ſtieß verſchiedene Schimpff-Reden aus, welche doch von niemand anders als von ihren Domeſtiquen angehoͤret wurden, und ging endlich im groͤſten Grimm und Zorne nach ſeinem Logis. Fol- genden Morgens ſehr fruͤh, da er noch nicht auf- geſtanden war, bekam er von einer gewiſſen hoͤ- hern Hand einen ſchrifftlichen Befehl, deſſen Jn- halt, wie ich hernach erfahren, dieſer war: daß er ſich bey Vermeidung groͤſter Ungnade, auch ernſt- licher Beſtraffung, ferner nicht unterſtehen ſolte, dieſe Dame weder mit Worten, Schrifften, viel- weniger mit Wercken zu beleidigen. Jch brachte dieſen Brief meinem Herrn ins Bette, ſo bald er aufgewacht, und zu allem Gluͤck kein eintziger von den andern Bedienten im Schlaf-Zimmer war, er hatte aber denſelben kaum geleſen, als er, wie halb raſend, aus dem Bette ſprunge, den Brief mit Fuͤſſen trat, und ſich im Eiffer folgender Worte vernehmen ließ: „Ha! iſts ſo beſtellet? warte, „Ungetreue ‒ ‒ ich will dir nicht 10. biß 12000. „Thlr. werth umſonſt ausgebeutelt haben, „ſondern meinen Hohn an dir raͤchen, und „wenn es auch mein Leben koſten ſolte.‟ Hierauf muſte ich die andern Bedienten ruffen, um ihn anzukleiden, ſie konten es ihm zwar alle anſehen, daß

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Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 3. Nordhausen, 1739, S. 372. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata03_1739/380>, abgerufen am 17.06.2024.