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Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 3. Nordhausen, 1739.

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zwischen ihrem und meines Herrn Schlaf-Zimmer
nur eine Scheide-Wand, durch deren Thür in ver-
gangener Nacht die Masque pass- und repassirt
war. Da ich nun wieder fort gehen wolte, rieff
ste mich zurück, und beschenckte mich mit 2. Stü-
cken Leinwand, verboth mir aber, ausser meinem
Herrn, keinem Menschen etwas davon zu sagen,
sondern vor mich Unter-und Ober-Hembder davon
machen zu lassen. Jch danckte gantz unterthänigst
davor, und befand hernach beyde Stücke sehr fein,
auch daß jedes 30. Ellen hielt. Nach der Abend-
Mahlzeit, klagte mein Herr über gewaltige Kopff-
Schmertzen, weßwegen die Lust auf diesen Abend
ziemlich gestöhrt zu seyn schien/ und sich ein jedes de-
sto zeitiger zu Bette begab. Jedoch bey meinem
Herrn mochten die Kopff-Schmertzen wohl ein blos-
ses verstelltes Wefen seyn, denn da er auf sein Zim-
mer kam, war er lustig und guter Dinge, rauchte
auch, ehe er zu Bette ging, noch ein paar Pfeiffen
Canaster. Gegen Mitternacht öffnete sich die Sei-
ten-Thür abermahls, und die Masque hielt es eben-
falls wie in voriger Nacht, ich aber stellete mich an,
als ob ich sehr veste schlieffe, biß mich mein Herr
etwa um 5. Uhr aufweckte, und befahl, den Thee
nicht eher als um 9. Uhr zu fordern, und gegen je-
derman zu sagen, daß er vor Kopff-Schmertzen die
gantze Nacht hindurch fast kein Auge zuthun kön-
nen. Dieser Tag wurde ebenfalls in lauter Wohl-
leben zugebracht, ausserdem, daß der Officier und
mein Herr immer auf einander stichelten, denn ob
schon beyde fonsten noch niemahls mit einander in
Compagnie gewesen waren, so schien es doch, als

ob

zwiſchen ihrem und meines Herrn Schlaf-Zimmer
nur eine Scheide-Wand, durch deren Thuͤr in ver-
gangener Nacht die Maſque paſſ- und repaſſirt
war. Da ich nun wieder fort gehen wolte, rieff
ſte mich zuruͤck, und beſchenckte mich mit 2. Stuͤ-
cken Leinwand, verboth mir aber, auſſer meinem
Herrn, keinem Menſchen etwas davon zu ſagen,
ſondern vor mich Unter-und Ober-Hembder davon
machen zu laſſen. Jch danckte gantz unterthaͤnigſt
davor, und befand hernach beyde Stuͤcke ſehr fein,
auch daß jedes 30. Ellen hielt. Nach der Abend-
Mahlzeit, klagte mein Herr uͤber gewaltige Kopff-
Schmertzen, weßwegen die Luſt auf dieſen Abend
ziemlich geſtoͤhrt zu ſeyn ſchien/ und ſich ein jedes de-
ſto zeitiger zu Bette begab. Jedoch bey meinem
Herrn mochten die Kopff-Schmertzen wohl ein bloſ-
ſes verſtelltes Wefen ſeyn, denn da er auf ſein Zim-
mer kam, war er luſtig und guter Dinge, rauchte
auch, ehe er zu Bette ging, noch ein paar Pfeiffen
Canaſter. Gegen Mitternacht oͤffnete ſich die Sei-
ten-Thuͤr abermahls, und die Maſque hielt es eben-
falls wie in voriger Nacht, ich aber ſtellete mich an,
als ob ich ſehr veſte ſchlieffe, biß mich mein Herr
etwa um 5. Uhr aufweckte, und befahl, den Thée
nicht eher als um 9. Uhr zu fordern, und gegen je-
derman zu ſagen, daß er vor Kopff-Schmertzen die
gantze Nacht hindurch faſt kein Auge zuthun koͤn-
nen. Dieſer Tag wurde ebenfalls in lauter Wohl-
leben zugebracht, auſſerdem, daß der Officier und
mein Herr immer auf einander ſtichelten, denn ob
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[378/0386] zwiſchen ihrem und meines Herrn Schlaf-Zimmer nur eine Scheide-Wand, durch deren Thuͤr in ver- gangener Nacht die Maſque paſſ- und repaſſirt war. Da ich nun wieder fort gehen wolte, rieff ſte mich zuruͤck, und beſchenckte mich mit 2. Stuͤ- cken Leinwand, verboth mir aber, auſſer meinem Herrn, keinem Menſchen etwas davon zu ſagen, ſondern vor mich Unter-und Ober-Hembder davon machen zu laſſen. Jch danckte gantz unterthaͤnigſt davor, und befand hernach beyde Stuͤcke ſehr fein, auch daß jedes 30. Ellen hielt. Nach der Abend- Mahlzeit, klagte mein Herr uͤber gewaltige Kopff- Schmertzen, weßwegen die Luſt auf dieſen Abend ziemlich geſtoͤhrt zu ſeyn ſchien/ und ſich ein jedes de- ſto zeitiger zu Bette begab. Jedoch bey meinem Herrn mochten die Kopff-Schmertzen wohl ein bloſ- ſes verſtelltes Wefen ſeyn, denn da er auf ſein Zim- mer kam, war er luſtig und guter Dinge, rauchte auch, ehe er zu Bette ging, noch ein paar Pfeiffen Canaſter. Gegen Mitternacht oͤffnete ſich die Sei- ten-Thuͤr abermahls, und die Maſque hielt es eben- falls wie in voriger Nacht, ich aber ſtellete mich an, als ob ich ſehr veſte ſchlieffe, biß mich mein Herr etwa um 5. Uhr aufweckte, und befahl, den Thée nicht eher als um 9. Uhr zu fordern, und gegen je- derman zu ſagen, daß er vor Kopff-Schmertzen die gantze Nacht hindurch faſt kein Auge zuthun koͤn- nen. Dieſer Tag wurde ebenfalls in lauter Wohl- leben zugebracht, auſſerdem, daß der Officier und mein Herr immer auf einander ſtichelten, denn ob ſchon beyde fonſten noch niemahls mit einander in Compagnie geweſen waren, ſo ſchien es doch, als ob

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Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 3. Nordhausen, 1739, S. 378. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata03_1739/386>, abgerufen am 17.06.2024.