Bald hernach ließ der Officier seine Pferde satteln, und ritt, nachdem er einen negligenten Abschied genommen, voll Wein und Grimm seiner Wege. Jederman war froh, daß er diese Resolution er- griffen, und sonderlich das Frauenzimmer; die Frau Hauß-Wirthin aber, welche eine in der Ge- burth arbeitenden Frau besucht, war bey dem gan- tzen Streite gar nicht zugegen gewesen, verwunder- te sich derowegen ziemlich darüber, und sagte: sie hätte jederzeit eine malhonette Conduite an die- sem Officier gemerckt, indem er zum öfftern den tugendhafftesten Leuten Klebe, Flecken anhängen und sich selbsten ein und anderer Sachen berühmen wollen, die wohl niemahls wahr gewesen, etc. etc. (Allein, es hat mir kurtze Zeit hernach ein guter Freund im Vertrauen eröffnet, daß diese Dame eben diesen Officier, in Abwesenheit ihres Gemahls, gar öffters heimlich zu sich bitten lassen, und ihm gar gern ein oder etliche Nacht-Quartiere gönnen mögen, weßwegen ihn allerdings die Eifferfucht we- gen meines Herrn, vor dießmahl zu einer wunder- lichen Aufführung verleitet haben mag.)
Mein Herr war, ohngeachtder gefährlichen Ar- beit, die er auf Morgen früh vor sich hatte, lustig und guter Dinge, mir aber pochte das Hertz als ein Hammer, und an der Frau Hauß-Wirthin merckte ich ein paar mahl, daß, wenn sie sich alleine, ausser- halb der Stube, befand, sie die Hände runge, und Thränen fallen ließ. Jedoch unser beyder Angst wurde in etwas vermindert, da noch selbigen Abend des Officiers Laquey zurück geritten kam, und Nachricht brachte, daß seinem Herrn unterwegs
ein
Bald hernach ließ der Officier ſeine Pferde ſatteln, und ritt, nachdem er einen negligenten Abſchied genommen, voll Wein und Grimm ſeiner Wege. Jederman war froh, daß er dieſe Reſolution er- griffen, und ſonderlich das Frauenzimmer; die Frau Hauß-Wirthin aber, welche eine in der Ge- burth arbeitenden Frau beſucht, war bey dem gan- tzen Streite gar nicht zugegen geweſen, verwunder- te ſich derowegen ziemlich daruͤber, und ſagte: ſie haͤtte jederzeit eine malhonette Conduite an die- ſem Officier gemerckt, indem er zum oͤfftern den tugendhaffteſten Leuten Klebe, Flecken anhaͤngen und ſich ſelbſten ein und anderer Sachen beruͤhmen wollen, die wohl niemahls wahr geweſen, ꝛc. ꝛc. (Allein, es hat mir kurtze Zeit hernach ein guter Freund im Vertrauen eroͤffnet, daß dieſe Dame eben dieſen Officier, in Abweſenheit ihres Gemahls, gar oͤffters heimlich zu ſich bitten laſſen, und ihm gar gern ein oder etliche Nacht-Quartiere goͤnnen moͤgen, weßwegen ihn allerdings die Eifferfucht we- gen meines Herrn, vor dießmahl zu einer wunder- lichen Auffuͤhrung verleitet haben mag.)
Mein Herr war, ohngeachtder gefaͤhrlichen Ar- beit, die er auf Morgen fruͤh vor ſich hatte, luſtig und guter Dinge, mir aber pochte das Hertz als ein Hammer, und an der Frau Hauß-Wirthin merckte ich ein paar mahl, daß, wenn ſie ſich alleine, auſſer- halb der Stube, befand, ſie die Haͤnde runge, und Thraͤnen fallen ließ. Jedoch unſer beyder Angſt wurde in etwas vermindert, da noch ſelbigen Abend des Officiers Laquey zuruͤck geritten kam, und Nachricht brachte, daß ſeinem Herrn unterwegs
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Bald hernach ließ der Officier ſeine Pferde ſatteln,
und ritt, nachdem er einen negligenten Abſchied
genommen, voll Wein und Grimm ſeiner Wege.
Jederman war froh, daß er dieſe Reſolution er-
griffen, und ſonderlich das Frauenzimmer; die
Frau Hauß-Wirthin aber, welche eine in der Ge-
burth arbeitenden Frau beſucht, war bey dem gan-
tzen Streite gar nicht zugegen geweſen, verwunder-
te ſich derowegen ziemlich daruͤber, und ſagte: ſie
haͤtte jederzeit eine malhonette Conduite an die-
ſem Officier gemerckt, indem er zum oͤfftern den
tugendhaffteſten Leuten Klebe, Flecken anhaͤngen
und ſich ſelbſten ein und anderer Sachen beruͤhmen
wollen, die wohl niemahls wahr geweſen, ꝛc. ꝛc.
(Allein, es hat mir kurtze Zeit hernach ein guter
Freund im Vertrauen eroͤffnet, daß dieſe Dame
eben dieſen Officier, in Abweſenheit ihres Gemahls,
gar oͤffters heimlich zu ſich bitten laſſen, und ihm
gar gern ein oder etliche Nacht-Quartiere goͤnnen
moͤgen, weßwegen ihn allerdings die Eifferfucht we-
gen meines Herrn, vor dießmahl zu einer wunder-
lichen Auffuͤhrung verleitet haben mag.)
Mein Herr war, ohngeachtder gefaͤhrlichen Ar-
beit, die er auf Morgen fruͤh vor ſich hatte, luſtig
und guter Dinge, mir aber pochte das Hertz als ein
Hammer, und an der Frau Hauß-Wirthin merckte
ich ein paar mahl, daß, wenn ſie ſich alleine, auſſer-
halb der Stube, befand, ſie die Haͤnde runge, und
Thraͤnen fallen ließ. Jedoch unſer beyder Angſt
wurde in etwas vermindert, da noch ſelbigen Abend
des Officiers Laquey zuruͤck geritten kam, und
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Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 3. Nordhausen, 1739, S. 381. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata03_1739/389>, abgerufen am 22.11.2024.
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