Brod, hernach um ein Bette, weil er vor Mü- digkeit fast die Augen nicht mehr offen halten könte. Er nahm auch weiter nichts zu sich, sondern eilete zu Bette, und erzählete der Frau von E.* diesen Abend gar nichts von alle dem, was sich seit der Zeit, vielweniger diesen vergangenen Tag, mit ihm zugetragen hatte. Etwa eine halbe Stunde, nach- dem ich mich nieder gelegt, öffnete sich die Thür, ich sahe mich aber nicht einmahl mehr nach dem Ge- spenste um, welches herein kam, weil ich es aus verschiedenen Umständen schon kennen lernen, wur- de auch nicht gewahr, um welche Zeit es wieder fort ging. Früh Morgens beym Thee erzäh- lete mein Herr erstlich der Frau von E.* wie er seine beyden Gegner gestern früh abgefertiget hätte, sie wunderte sich höchlich darüber, gratulirte ihm, daß er so glücklich und ohnbeschädigt davon kommen wäre, und letztlich sagte sie: ich kan nicht läugnen, daß ich allezeit ein Mitleiden mit denenjenigen ge- habt, welche im Duell umkommen, oder nur blessirt sind, aber dieser Officier gehet mir gar nicht nahe, nur darum, weil er so sehr viel unbe- sonnene Reden, die wenigen Tage über, allhier geführet hat, derowegen ist es eben so gut, daß ihm das Maul gestopfft ist. Aber, mein Herr! sragte sie weiter, sind sie allhier auch sicher? O ja! ant- wortete er, denn ich bin allhier in des dritten Her- ren Lande, jedoch wenn meine Anwesenheit könte verschwiegen bleiben, wäre es mir um so viel desto lieber. Gut! versetzte sie, daß es mir nur gesagt wird, nun lassen sie mich alleine sorgen, denn alles mein Gesinde hat die Tugend der Ver-
schwiegen-
Brod, hernach um ein Bette, weil er vor Muͤ- digkeit faſt die Augen nicht mehr offen halten koͤnte. Er nahm auch weiter nichts zu ſich, ſondern eilete zu Bette, und erzaͤhlete der Frau von E.* dieſen Abend gar nichts von alle dem, was ſich ſeit der Zeit, vielweniger dieſen vergangenen Tag, mit ihm zugetragen hatte. Etwa eine halbe Stunde, nach- dem ich mich nieder gelegt, oͤffnete ſich die Thuͤr, ich ſahe mich aber nicht einmahl mehr nach dem Ge- ſpenſte um, welches herein kam, weil ich es aus verſchiedenen Umſtaͤnden ſchon kennen lernen, wur- de auch nicht gewahr, um welche Zeit es wieder fort ging. Fruͤh Morgens beym Thée erzaͤh- lete mein Herr erſtlich der Frau von E.* wie er ſeine beyden Gegner geſtern fruͤh abgefertiget haͤtte, ſie wunderte ſich hoͤchlich daruͤber, gratulirte ihm, daß er ſo gluͤcklich und ohnbeſchaͤdigt davon kommen waͤre, und letztlich ſagte ſie: ich kan nicht laͤugnen, daß ich allezeit ein Mitleiden mit denenjenigen ge- habt, welche im Duell umkommen, oder nur bleſſirt ſind, aber dieſer Officier gehet mir gar nicht nahe, nur darum, weil er ſo ſehr viel unbe- ſonnene Reden, die wenigen Tage uͤber, allhier gefuͤhret hat, derowegen iſt es eben ſo gut, daß ihm das Maul geſtopfft iſt. Aber, mein Herr! ſragte ſie weiter, ſind ſie allhier auch ſicher? O ja! ant- wortete er, denn ich bin allhier in des dritten Her- ren Lande, jedoch wenn meine Anweſenheit koͤnte verſchwiegen bleiben, waͤre es mir um ſo viel deſto lieber. Gut! verſetzte ſie, daß es mir nur geſagt wird, nun laſſen ſie mich alleine ſorgen, denn alles mein Geſinde hat die Tugend der Ver-
ſchwiegen-
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0396"n="388"/>
Brod, hernach um ein Bette, weil er vor Muͤ-<lb/>
digkeit faſt die Augen nicht mehr offen halten koͤnte.<lb/>
Er nahm auch weiter nichts zu ſich, ſondern eilete<lb/>
zu Bette, und erzaͤhlete der Frau von <hirendition="#aq">E.</hi>* dieſen<lb/>
Abend gar nichts von alle dem, was ſich ſeit der<lb/>
Zeit, vielweniger dieſen vergangenen Tag, mit ihm<lb/>
zugetragen hatte. Etwa eine halbe Stunde, nach-<lb/>
dem ich mich nieder gelegt, oͤffnete ſich die Thuͤr,<lb/>
ich ſahe mich aber nicht einmahl mehr nach dem Ge-<lb/>ſpenſte um, welches herein kam, weil ich es aus<lb/>
verſchiedenen Umſtaͤnden ſchon kennen lernen, wur-<lb/>
de auch nicht gewahr, um welche Zeit es wieder<lb/>
fort ging. Fruͤh Morgens beym <hirendition="#aq">Thée</hi> erzaͤh-<lb/>
lete mein Herr erſtlich der Frau von <hirendition="#aq">E.</hi>* wie er ſeine<lb/>
beyden Gegner geſtern fruͤh abgefertiget haͤtte, ſie<lb/>
wunderte ſich hoͤchlich daruͤber, <hirendition="#aq">gratulir</hi>te ihm, daß<lb/>
er ſo gluͤcklich und ohnbeſchaͤdigt davon kommen<lb/>
waͤre, und letztlich ſagte ſie: ich kan nicht laͤugnen,<lb/>
daß ich allezeit ein Mitleiden mit denenjenigen ge-<lb/>
habt, welche im <hirendition="#aq">Duell</hi> umkommen, oder nur<lb/><hirendition="#aq">bleſſirt</hi>ſind, aber dieſer <hirendition="#aq">Officier</hi> gehet mir gar<lb/>
nicht nahe, nur darum, weil er ſo ſehr viel unbe-<lb/>ſonnene Reden, die wenigen Tage uͤber, allhier<lb/>
gefuͤhret hat, derowegen iſt es eben ſo gut, daß ihm<lb/>
das Maul geſtopfft iſt. Aber, mein Herr! ſragte<lb/>ſie weiter, ſind ſie allhier auch ſicher? O ja! ant-<lb/>
wortete er, denn ich bin allhier in des dritten Her-<lb/>
ren Lande, jedoch wenn meine Anweſenheit koͤnte<lb/>
verſchwiegen bleiben, waͤre es mir um ſo viel deſto<lb/>
lieber. Gut! verſetzte ſie, daß es mir nur<lb/>
geſagt wird, nun laſſen ſie mich alleine ſorgen,<lb/>
denn alles mein Geſinde hat die Tugend der Ver-<lb/><fwplace="bottom"type="catch">ſchwiegen-</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[388/0396]
Brod, hernach um ein Bette, weil er vor Muͤ-
digkeit faſt die Augen nicht mehr offen halten koͤnte.
Er nahm auch weiter nichts zu ſich, ſondern eilete
zu Bette, und erzaͤhlete der Frau von E.* dieſen
Abend gar nichts von alle dem, was ſich ſeit der
Zeit, vielweniger dieſen vergangenen Tag, mit ihm
zugetragen hatte. Etwa eine halbe Stunde, nach-
dem ich mich nieder gelegt, oͤffnete ſich die Thuͤr,
ich ſahe mich aber nicht einmahl mehr nach dem Ge-
ſpenſte um, welches herein kam, weil ich es aus
verſchiedenen Umſtaͤnden ſchon kennen lernen, wur-
de auch nicht gewahr, um welche Zeit es wieder
fort ging. Fruͤh Morgens beym Thée erzaͤh-
lete mein Herr erſtlich der Frau von E.* wie er ſeine
beyden Gegner geſtern fruͤh abgefertiget haͤtte, ſie
wunderte ſich hoͤchlich daruͤber, gratulirte ihm, daß
er ſo gluͤcklich und ohnbeſchaͤdigt davon kommen
waͤre, und letztlich ſagte ſie: ich kan nicht laͤugnen,
daß ich allezeit ein Mitleiden mit denenjenigen ge-
habt, welche im Duell umkommen, oder nur
bleſſirt ſind, aber dieſer Officier gehet mir gar
nicht nahe, nur darum, weil er ſo ſehr viel unbe-
ſonnene Reden, die wenigen Tage uͤber, allhier
gefuͤhret hat, derowegen iſt es eben ſo gut, daß ihm
das Maul geſtopfft iſt. Aber, mein Herr! ſragte
ſie weiter, ſind ſie allhier auch ſicher? O ja! ant-
wortete er, denn ich bin allhier in des dritten Her-
ren Lande, jedoch wenn meine Anweſenheit koͤnte
verſchwiegen bleiben, waͤre es mir um ſo viel deſto
lieber. Gut! verſetzte ſie, daß es mir nur
geſagt wird, nun laſſen ſie mich alleine ſorgen,
denn alles mein Geſinde hat die Tugend der Ver-
ſchwiegen-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 3. Nordhausen, 1739, S. 388. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata03_1739/396>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.