muste er nunmehro erfahren, daß sie ihn sehr kalt- finnig begegnete, und endlich erfuhr er auch, daß ein gantz junger Frantzösischer Duc, seinen Posten bey ihr eingenommen hätte; derowegen sparete er weder Müh noch Kosten, denselben wieder auszu- stechen, und das wollüstige Weib mag sich endlich wohl resolviren, ihre Gunst-Bezeugungen unter diese beyden Amanten gleich einzutheilen, um entwe- der ihre Geilheit recht zu ersättigen, oder vielleicht von beyden starcken Profit zu ziehen. Demnach bringet sie es auf listige Art dahin, daß beyde keine öffentliche Visiten ferner bey ihr ablegen dürffen, heimlich aber läßt sie, Wechsels-weise, baldden Fran- zosen, bald meinen Herrn zu sich kommen, welcher keine Gelegenheit verabsäumete, dieser geilen Frauen aufzuwarten, ohngeacht ihm gesteckt wurde, daß dem Kaufmanne seinetwegen ein Floh ins Ohr gesetzt worden. Mittlerweile starb meines Herrn Cam- mer-Diener an einem hitzigen Fieber, woran wohl nichts anders als der Wein, welchener gar zu gern trunck, Ursach seyn mochte. Mein Herr bedauerte denselben, wegen seiner treu-geleisteten Dienste, sehr, bekam zwar einen andern Deutschen feinen Men- schen an dessen Stelle, hatte aber dennoch mehr Vertrauen zu mir als zu ihm, und gab mir das meiste von seinen kostbaren Sachen unter mei- nen Verschluß; wie gern ich aber gesehen hätte, daß mein Herr, um nur von seiner gefährlichen Le- bens-Art abzukommen, das verführerische May- land einmahl verlassen hätte, so gedachte er doch niemahls daran, zumahlen da nicht allein aus Deutschland frische Wechsel einlieffen, sondern er
auch
muſte er nunmehro erfahren, daß ſie ihn ſehr kalt- finnig begegnete, und endlich erfuhr er auch, daß ein gantz junger Frantzoͤſiſcher Duc, ſeinen Poſten bey ihr eingenommen haͤtte; derowegen ſparete er weder Muͤh noch Koſten, denſelben wieder auszu- ſtechen, und das wolluͤſtige Weib mag ſich endlich wohl reſolviren, ihre Gunſt-Bezeugungen unter dieſe beyden Amanten gleich einzutheilen, um entwe- der ihre Geilheit recht zu erſaͤttigen, oder vielleicht von beyden ſtarcken Profit zu ziehen. Demnach bringet ſie es auf liſtige Art dahin, daß beyde keine oͤffentliche Visiten ferner bey ihr ablegen duͤrffen, heimlich aber laͤßt ſie, Wechſels-weiſe, baldden Fran- zoſen, bald meinen Herrn zu ſich kommen, welcher keine Gelegenheit verabſaͤumete, dieſer geilen Frauen aufzuwarten, ohngeacht ihm geſteckt wurde, daß dem Kaufmanne ſeinetwegen ein Floh ins Ohr geſetzt worden. Mittlerweile ſtarb meines Herrn Cam- mer-Diener an einem hitzigen Fieber, woran wohl nichts anders als der Wein, welchener gar zu gern trunck, Urſach ſeyn mochte. Mein Herr bedauerte denſelben, wegen ſeiner treu-geleiſteten Dienſte, ſehr, bekam zwar einen andern Deutſchen feinen Men- ſchen an deſſen Stelle, hatte aber dennoch mehr Vertrauen zu mir als zu ihm, und gab mir das meiſte von ſeinen koſtbaren Sachen unter mei- nen Verſchluß; wie gern ich aber geſehen haͤtte, daß mein Herr, um nur von ſeiner gefaͤhrlichen Le- bens-Art abzukommen, das verfuͤhreriſche May- land einmahl verlaſſen haͤtte, ſo gedachte er doch niemahls daran, zumahlen da nicht allein aus Deutſchland friſche Wechſel einlieffen, ſondern er
auch
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0421"n="413"/>
muſte er nunmehro erfahren, daß ſie ihn ſehr kalt-<lb/>
finnig begegnete, und endlich erfuhr er auch, daß<lb/>
ein gantz junger Frantzoͤſiſcher <hirendition="#aq">Duc,</hi>ſeinen Poſten<lb/>
bey ihr eingenommen haͤtte; derowegen ſparete er<lb/>
weder Muͤh noch Koſten, denſelben wieder auszu-<lb/>ſtechen, und das wolluͤſtige Weib mag ſich endlich<lb/>
wohl <hirendition="#aq">reſolvir</hi>en, ihre Gunſt-Bezeugungen unter<lb/>
dieſe beyden <hirendition="#aq">Amant</hi>en gleich einzutheilen, um entwe-<lb/>
der ihre Geilheit recht zu erſaͤttigen, oder vielleicht<lb/>
von beyden ſtarcken <hirendition="#aq">Profit</hi> zu ziehen. Demnach<lb/>
bringet ſie es auf liſtige Art dahin, daß beyde keine<lb/>
oͤffentliche <hirendition="#aq">Visit</hi>en ferner bey ihr ablegen duͤrffen,<lb/>
heimlich aber laͤßt ſie, Wechſels-weiſe, baldden Fran-<lb/>
zoſen, bald meinen Herrn zu ſich kommen, welcher<lb/>
keine Gelegenheit verabſaͤumete, dieſer geilen Frauen<lb/>
aufzuwarten, ohngeacht ihm geſteckt wurde, daß dem<lb/>
Kaufmanne ſeinetwegen ein Floh ins Ohr geſetzt<lb/>
worden. Mittlerweile ſtarb meines Herrn Cam-<lb/>
mer-Diener an einem hitzigen Fieber, woran wohl<lb/>
nichts anders als der Wein, welchener gar zu gern<lb/>
trunck, Urſach ſeyn mochte. Mein Herr bedauerte<lb/>
denſelben, wegen ſeiner treu-geleiſteten Dienſte, ſehr,<lb/>
bekam zwar einen andern Deutſchen feinen Men-<lb/>ſchen an deſſen Stelle, hatte aber dennoch mehr<lb/>
Vertrauen zu mir als zu ihm, und gab mir das<lb/>
meiſte von ſeinen koſtbaren Sachen unter mei-<lb/>
nen Verſchluß; wie gern ich aber geſehen haͤtte,<lb/>
daß mein Herr, um nur von ſeiner gefaͤhrlichen Le-<lb/>
bens-Art abzukommen, das verfuͤhreriſche May-<lb/>
land einmahl verlaſſen haͤtte, ſo gedachte er doch<lb/>
niemahls daran, zumahlen da nicht allein aus<lb/>
Deutſchland friſche Wechſel einlieffen, ſondern er<lb/><fwplace="bottom"type="catch">auch</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[413/0421]
muſte er nunmehro erfahren, daß ſie ihn ſehr kalt-
finnig begegnete, und endlich erfuhr er auch, daß
ein gantz junger Frantzoͤſiſcher Duc, ſeinen Poſten
bey ihr eingenommen haͤtte; derowegen ſparete er
weder Muͤh noch Koſten, denſelben wieder auszu-
ſtechen, und das wolluͤſtige Weib mag ſich endlich
wohl reſolviren, ihre Gunſt-Bezeugungen unter
dieſe beyden Amanten gleich einzutheilen, um entwe-
der ihre Geilheit recht zu erſaͤttigen, oder vielleicht
von beyden ſtarcken Profit zu ziehen. Demnach
bringet ſie es auf liſtige Art dahin, daß beyde keine
oͤffentliche Visiten ferner bey ihr ablegen duͤrffen,
heimlich aber laͤßt ſie, Wechſels-weiſe, baldden Fran-
zoſen, bald meinen Herrn zu ſich kommen, welcher
keine Gelegenheit verabſaͤumete, dieſer geilen Frauen
aufzuwarten, ohngeacht ihm geſteckt wurde, daß dem
Kaufmanne ſeinetwegen ein Floh ins Ohr geſetzt
worden. Mittlerweile ſtarb meines Herrn Cam-
mer-Diener an einem hitzigen Fieber, woran wohl
nichts anders als der Wein, welchener gar zu gern
trunck, Urſach ſeyn mochte. Mein Herr bedauerte
denſelben, wegen ſeiner treu-geleiſteten Dienſte, ſehr,
bekam zwar einen andern Deutſchen feinen Men-
ſchen an deſſen Stelle, hatte aber dennoch mehr
Vertrauen zu mir als zu ihm, und gab mir das
meiſte von ſeinen koſtbaren Sachen unter mei-
nen Verſchluß; wie gern ich aber geſehen haͤtte,
daß mein Herr, um nur von ſeiner gefaͤhrlichen Le-
bens-Art abzukommen, das verfuͤhreriſche May-
land einmahl verlaſſen haͤtte, ſo gedachte er doch
niemahls daran, zumahlen da nicht allein aus
Deutſchland friſche Wechſel einlieffen, ſondern er
auch
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 3. Nordhausen, 1739, S. 413. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata03_1739/421>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.