bin durch mein Heyrathen zum allerunglückseelig- sten Menschen gemacht. Mit schönen Kleidern be- hängt mich meine Frau, so, wie etwa ein grosser Herr seinem Leib-Hengste ein kostbar Zeug aufle- gen läßt, um Staat darmit zu machen, aber ich darff nirgends damit hingehen, wo sie nicht dar- bey ist, ausgenommen in die Kirche, und auch da- hin nicht einmahl, wenn ihr der Kopff nicht recht stehet, denn sie spricht gleich: ich ginge nicht in die Kirche, GOttes Wort zu hören, sondern mich nur nach schönern Weibern und Jungfern umzusehen. Macht mir ein ander Frauenzimmer etwa ein höf- lich Compliment, und ich ziehe meinen Hut dar- gegen wieder ab, fängt sie alsofort zu brummen an: Ja, ja! Die kennest du auch schon besser, und hättest sie lieber als mich, sehet nur, wie das Ca- naillen-Pack vor meinen sichtlichen Augen mit einander charmiren kan; J, denckt doch, daß ich nicht ein Narre wäre, und mich hinlegte und stürbe, und dich singen liesse:
Die Alte verließ mir diß steinerne Hauß. Die Junge guckt mit mir zum Fenster hinaus.
Ja, bestuhlgängele dich nicht, Parißgen, in 50. Jahren wirst du mich noch nicht loß, auf 1. Jahr magst du mich wohl genommen, aber nicht gefe- hen haben, wie viel Nullen dabey stehen. Hun- dert Jahr gedencke ich alt zu werden, dir zum Schure, du Nack - - -! Denn ich habe dich aus einem verdorbenen Studenten zum rechtschaf- senen Manne gemacht, und dir zwar eins von mei-
nen
bin durch mein Heyrathen zum allerungluͤckſeelig- ſten Menſchen gemacht. Mit ſchoͤnen Kleidern be- haͤngt mich meine Frau, ſo, wie etwa ein groſſer Herr ſeinem Leib-Hengſte ein koſtbar Zeug aufle- gen laͤßt, um Staat darmit zu machen, aber ich darff nirgends damit hingehen, wo ſie nicht dar- bey iſt, ausgenommen in die Kirche, und auch da- hin nicht einmahl, wenn ihr der Kopff nicht recht ſtehet, denn ſie ſpricht gleich: ich ginge nicht in die Kirche, GOttes Wort zu hoͤren, ſondern mich nur nach ſchoͤnern Weibern und Jungfern umzuſehen. Macht mir ein ander Frauenzimmer etwa ein hoͤf- lich Compliment, und ich ziehe meinen Hut dar- gegen wieder ab, faͤngt ſie alſofort zu brummen an: Ja, ja! Die kenneſt du auch ſchon beſſer, und haͤtteſt ſie lieber als mich, ſehet nur, wie das Ca- naillen-Pack vor meinen ſichtlichen Augen mit einander charmiren kan; J, denckt doch, daß ich nicht ein Narre waͤre, und mich hinlegte und ſtuͤrbe, und dich ſingen lieſſe:
Die Alte verließ mir diß ſteinerne Hauß. Die Junge guckt mit mir zum Fenſter hinaus.
Ja, beſtuhlgaͤngele dich nicht, Parißgen, in 50. Jahren wirſt du mich noch nicht loß, auf 1. Jahr magſt du mich wohl genommen, aber nicht gefe- hen haben, wie viel Nullen dabey ſtehen. Hun- dert Jahr gedencke ich alt zu werden, dir zum Schure, du Nack ‒ ‒ ‒! Denn ich habe dich aus einem verdorbenen Studenten zum rechtſchaf- ſenen Manne gemacht, und dir zwar eins von mei-
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bin durch mein Heyrathen zum allerungluͤckſeelig-
ſten Menſchen gemacht. Mit ſchoͤnen Kleidern be-
haͤngt mich meine Frau, ſo, wie etwa ein groſſer
Herr ſeinem Leib-Hengſte ein koſtbar Zeug aufle-
gen laͤßt, um Staat darmit zu machen, aber ich
darff nirgends damit hingehen, wo ſie nicht dar-
bey iſt, ausgenommen in die Kirche, und auch da-
hin nicht einmahl, wenn ihr der Kopff nicht recht
ſtehet, denn ſie ſpricht gleich: ich ginge nicht in die
Kirche, GOttes Wort zu hoͤren, ſondern mich nur
nach ſchoͤnern Weibern und Jungfern umzuſehen.
Macht mir ein ander Frauenzimmer etwa ein hoͤf-
lich Compliment, und ich ziehe meinen Hut dar-
gegen wieder ab, faͤngt ſie alſofort zu brummen
an: Ja, ja! Die kenneſt du auch ſchon beſſer, und
haͤtteſt ſie lieber als mich, ſehet nur, wie das Ca-
naillen-Pack vor meinen ſichtlichen Augen mit
einander charmiren kan; J, denckt doch, daß ich
nicht ein Narre waͤre, und mich hinlegte und ſtuͤrbe,
und dich ſingen lieſſe:
Die Alte verließ mir diß ſteinerne Hauß.
Die Junge guckt mit mir zum Fenſter hinaus.
Ja, beſtuhlgaͤngele dich nicht, Parißgen, in 50.
Jahren wirſt du mich noch nicht loß, auf 1. Jahr
magſt du mich wohl genommen, aber nicht gefe-
hen haben, wie viel Nullen dabey ſtehen. Hun-
dert Jahr gedencke ich alt zu werden, dir zum
Schure, du Nack ‒ ‒ ‒! Denn ich habe dich
aus einem verdorbenen Studenten zum rechtſchaf-
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Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 3. Nordhausen, 1739, S. 426. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata03_1739/434>, abgerufen am 24.11.2024.
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