Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 3. Nordhausen, 1739.

Bild:
<< vorherige Seite

bin durch mein Heyrathen zum allerunglückseelig-
sten Menschen gemacht. Mit schönen Kleidern be-
hängt mich meine Frau, so, wie etwa ein grosser
Herr seinem Leib-Hengste ein kostbar Zeug aufle-
gen läßt, um Staat darmit zu machen, aber ich
darff nirgends damit hingehen, wo sie nicht dar-
bey ist, ausgenommen in die Kirche, und auch da-
hin nicht einmahl, wenn ihr der Kopff nicht recht
stehet, denn sie spricht gleich: ich ginge nicht in die
Kirche, GOttes Wort zu hören, sondern mich nur
nach schönern Weibern und Jungfern umzusehen.
Macht mir ein ander Frauenzimmer etwa ein höf-
lich Compliment, und ich ziehe meinen Hut dar-
gegen wieder ab, fängt sie alsofort zu brummen
an: Ja, ja! Die kennest du auch schon besser, und
hättest sie lieber als mich, sehet nur, wie das Ca-
naill
en-Pack vor meinen sichtlichen Augen mit
einander charmiren kan; J, denckt doch, daß ich
nicht ein Narre wäre, und mich hinlegte und stürbe,
und dich singen liesse:

Die Alte verließ mir diß steinerne Hauß.
Die Junge guckt mit mir zum Fenster hinaus.

Ja, bestuhlgängele dich nicht, Parißgen, in 50.
Jahren wirst du mich noch nicht loß, auf 1. Jahr
magst du mich wohl genommen, aber nicht gefe-
hen haben, wie viel Nullen dabey stehen. Hun-
dert Jahr gedencke ich alt zu werden, dir zum
Schure, du Nack - - -! Denn ich habe dich
aus einem verdorbenen Studenten zum rechtschaf-
senen Manne gemacht, und dir zwar eins von mei-

nen

bin durch mein Heyrathen zum allerungluͤckſeelig-
ſten Menſchen gemacht. Mit ſchoͤnen Kleidern be-
haͤngt mich meine Frau, ſo, wie etwa ein groſſer
Herr ſeinem Leib-Hengſte ein koſtbar Zeug aufle-
gen laͤßt, um Staat darmit zu machen, aber ich
darff nirgends damit hingehen, wo ſie nicht dar-
bey iſt, ausgenommen in die Kirche, und auch da-
hin nicht einmahl, wenn ihr der Kopff nicht recht
ſtehet, denn ſie ſpricht gleich: ich ginge nicht in die
Kirche, GOttes Wort zu hoͤren, ſondern mich nur
nach ſchoͤnern Weibern und Jungfern umzuſehen.
Macht mir ein ander Frauenzimmer etwa ein hoͤf-
lich Compliment, und ich ziehe meinen Hut dar-
gegen wieder ab, faͤngt ſie alſofort zu brummen
an: Ja, ja! Die kenneſt du auch ſchon beſſer, und
haͤtteſt ſie lieber als mich, ſehet nur, wie das Ca-
naill
en-Pack vor meinen ſichtlichen Augen mit
einander charmiren kan; J, denckt doch, daß ich
nicht ein Narre waͤre, und mich hinlegte und ſtuͤrbe,
und dich ſingen lieſſe:

Die Alte verließ mir diß ſteinerne Hauß.
Die Junge guckt mit mir zum Fenſter hinaus.

Ja, beſtuhlgaͤngele dich nicht, Parißgen, in 50.
Jahren wirſt du mich noch nicht loß, auf 1. Jahr
magſt du mich wohl genommen, aber nicht gefe-
hen haben, wie viel Nullen dabey ſtehen. Hun-
dert Jahr gedencke ich alt zu werden, dir zum
Schure, du Nack ‒ ‒ ‒! Denn ich habe dich
aus einem verdorbenen Studenten zum rechtſchaf-
ſenen Manne gemacht, und dir zwar eins von mei-

nen
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0434" n="426"/>
bin durch mein Heyrathen zum allerunglu&#x0364;ck&#x017F;eelig-<lb/>
&#x017F;ten Men&#x017F;chen gemacht. Mit &#x017F;cho&#x0364;nen Kleidern be-<lb/>
ha&#x0364;ngt mich meine Frau, &#x017F;o, wie etwa ein gro&#x017F;&#x017F;er<lb/>
Herr &#x017F;einem Leib-Heng&#x017F;te ein ko&#x017F;tbar Zeug aufle-<lb/>
gen la&#x0364;ßt, um Staat darmit zu machen, aber ich<lb/>
darff nirgends damit hingehen, wo &#x017F;ie nicht dar-<lb/>
bey i&#x017F;t, ausgenommen in die Kirche, und auch da-<lb/>
hin nicht einmahl, wenn ihr der Kopff nicht recht<lb/>
&#x017F;tehet, denn &#x017F;ie &#x017F;pricht gleich: ich ginge nicht in die<lb/>
Kirche, GOttes Wort zu ho&#x0364;ren, &#x017F;ondern mich nur<lb/>
nach &#x017F;cho&#x0364;nern Weibern und Jungfern umzu&#x017F;ehen.<lb/>
Macht mir ein ander Frauenzimmer etwa ein ho&#x0364;f-<lb/>
lich <hi rendition="#aq">Compliment,</hi> und ich ziehe meinen Hut dar-<lb/>
gegen wieder ab, fa&#x0364;ngt &#x017F;ie al&#x017F;ofort zu brummen<lb/>
an: Ja, ja! Die kenne&#x017F;t du auch &#x017F;chon be&#x017F;&#x017F;er, und<lb/>
ha&#x0364;tte&#x017F;t &#x017F;ie lieber als mich, &#x017F;ehet nur, wie das <hi rendition="#aq">Ca-<lb/>
naill</hi>en-Pack vor meinen &#x017F;ichtlichen Augen mit<lb/>
einander <hi rendition="#aq">charmir</hi>en kan; J, denckt doch, daß ich<lb/>
nicht ein Narre wa&#x0364;re, und mich hinlegte und &#x017F;tu&#x0364;rbe,<lb/>
und dich &#x017F;ingen lie&#x017F;&#x017F;e:</p><lb/>
          <lg type="poem">
            <l>Die Alte verließ mir diß &#x017F;teinerne Hauß.</l><lb/>
            <l>Die Junge guckt mit mir zum Fen&#x017F;ter hinaus.</l>
          </lg><lb/>
          <p>Ja, be&#x017F;tuhlga&#x0364;ngele dich nicht, Parißgen, in 50.<lb/>
Jahren wir&#x017F;t du mich noch nicht loß, auf 1. Jahr<lb/>
mag&#x017F;t du mich wohl genommen, aber nicht gefe-<lb/>
hen haben, wie viel Nullen dabey &#x017F;tehen. Hun-<lb/>
dert Jahr gedencke ich alt zu werden, dir zum<lb/>
Schure, du Nack &#x2012; &#x2012; &#x2012;! Denn ich habe dich<lb/>
aus einem verdorbenen Studenten zum recht&#x017F;chaf-<lb/>
&#x017F;enen Manne gemacht, und dir zwar eins von mei-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">nen</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[426/0434] bin durch mein Heyrathen zum allerungluͤckſeelig- ſten Menſchen gemacht. Mit ſchoͤnen Kleidern be- haͤngt mich meine Frau, ſo, wie etwa ein groſſer Herr ſeinem Leib-Hengſte ein koſtbar Zeug aufle- gen laͤßt, um Staat darmit zu machen, aber ich darff nirgends damit hingehen, wo ſie nicht dar- bey iſt, ausgenommen in die Kirche, und auch da- hin nicht einmahl, wenn ihr der Kopff nicht recht ſtehet, denn ſie ſpricht gleich: ich ginge nicht in die Kirche, GOttes Wort zu hoͤren, ſondern mich nur nach ſchoͤnern Weibern und Jungfern umzuſehen. Macht mir ein ander Frauenzimmer etwa ein hoͤf- lich Compliment, und ich ziehe meinen Hut dar- gegen wieder ab, faͤngt ſie alſofort zu brummen an: Ja, ja! Die kenneſt du auch ſchon beſſer, und haͤtteſt ſie lieber als mich, ſehet nur, wie das Ca- naillen-Pack vor meinen ſichtlichen Augen mit einander charmiren kan; J, denckt doch, daß ich nicht ein Narre waͤre, und mich hinlegte und ſtuͤrbe, und dich ſingen lieſſe: Die Alte verließ mir diß ſteinerne Hauß. Die Junge guckt mit mir zum Fenſter hinaus. Ja, beſtuhlgaͤngele dich nicht, Parißgen, in 50. Jahren wirſt du mich noch nicht loß, auf 1. Jahr magſt du mich wohl genommen, aber nicht gefe- hen haben, wie viel Nullen dabey ſtehen. Hun- dert Jahr gedencke ich alt zu werden, dir zum Schure, du Nack ‒ ‒ ‒! Denn ich habe dich aus einem verdorbenen Studenten zum rechtſchaf- ſenen Manne gemacht, und dir zwar eins von mei- nen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata03_1739
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata03_1739/434
Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 3. Nordhausen, 1739, S. 426. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata03_1739/434>, abgerufen am 24.11.2024.