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Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 3. Nordhausen, 1739.

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rer Hinter-Thür, weil mir dieser nun nichts mehr
nütze war. Ohngeacht mir aber dieselbe meine
der Charlotten geschenckte Sachen, von kleinesten
biß zum grösten, wieder brachte, ließ ich mich doch
verlauten, daß ich wegen des vorgehabten Be-
trugs und bösen Streichs, den sie mir spielen wol-
len, meinen Hohn schon auf andere Art rächen wol-
te; weßwegen die Alte Himmel-hoch bath, die
unglückseelige Charlotte nicht weiter zu kräncken,
und vor aller Welt auf eine dreyfache Art zu pro-
stitui
ren. Allein, ich stellete mich, als ob es mein
würcklicher Ernst wäre, biß sie es endlich auf viel-
fältig wiederholtes Bitten so weit brachte, daß ich
mir mit 500. Thalern das Maul stopffen ließ, und
sie nicht zu beschimpffen, theuer angelobte. Hier-
mit hatte meine gantze Liebes-Begebenheit mit
Charlotten ein Ende, ich habe sie auch niemahls
wieder mit Augen gesehen, wohl aber vernommen,
daß sie bald hernach weit hinweg gezogen, wegen
unseres Verlöbniß aber muste es heissen, ich hätte
ihr anfänglich versprochen, meinen Dienst bey Ho-
fe zu qvittiren, und ein ander Amt anzunehmen,
weil mich aber dieses nachhero gereuet, und ich nicht
Wort gehalten, so hätte sie auch nicht Wort hal-
ten wollen, demnach wären wir in Streit gera-
then, und hätten einander den gantzen Handel auf-
gesagt. Alle Menschen glaubten dieses, und kein
eintziges wäre auf die Gedancken gerathen, daß die
von aussen so keusch, züchtig, fromm und Gottes-
fürchtig scheinende Charlotte ein Jungfer-Kindgen
bekommen, und dasselbe wegsetzen lassen.

Kaum
(E e 4)

rer Hinter-Thuͤr, weil mir dieſer nun nichts mehr
nuͤtze war. Ohngeacht mir aber dieſelbe meine
der Charlotten geſchenckte Sachen, von kleineſten
biß zum groͤſten, wieder brachte, ließ ich mich doch
verlauten, daß ich wegen des vorgehabten Be-
trugs und boͤſen Streichs, den ſie mir ſpielen wol-
len, meinen Hohn ſchon auf andere Art raͤchen wol-
te; weßwegen die Alte Himmel-hoch bath, die
ungluͤckſeelige Charlotte nicht weiter zu kraͤncken,
und vor aller Welt auf eine dreyfache Art zu pro-
ſtitui
ren. Allein, ich ſtellete mich, als ob es mein
wuͤrcklicher Ernſt waͤre, biß ſie es endlich auf viel-
faͤltig wiederholtes Bitten ſo weit brachte, daß ich
mir mit 500. Thalern das Maul ſtopffen ließ, und
ſie nicht zu beſchimpffen, theuer angelobte. Hier-
mit hatte meine gantze Liebes-Begebenheit mit
Charlotten ein Ende, ich habe ſie auch niemahls
wieder mit Augen geſehen, wohl aber vernommen,
daß ſie bald hernach weit hinweg gezogen, wegen
unſeres Verloͤbniß aber muſte es heiſſen, ich haͤtte
ihr anfaͤnglich verſprochen, meinen Dienſt bey Ho-
fe zu qvittiren, und ein ander Amt anzunehmen,
weil mich aber dieſes nachhero gereuet, und ich nicht
Wort gehalten, ſo haͤtte ſie auch nicht Wort hal-
ten wollen, demnach waͤren wir in Streit gera-
then, und haͤtten einander den gantzen Handel auf-
geſagt. Alle Menſchen glaubten dieſes, und kein
eintziges waͤre auf die Gedancken gerathen, daß die
von auſſen ſo keuſch, zuͤchtig, fromm und Gottes-
fuͤrchtig ſcheinende Charlotte ein Jungfer-Kindgen
bekommen, und daſſelbe wegſetzen laſſen.

Kaum
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[439/0447] rer Hinter-Thuͤr, weil mir dieſer nun nichts mehr nuͤtze war. Ohngeacht mir aber dieſelbe meine der Charlotten geſchenckte Sachen, von kleineſten biß zum groͤſten, wieder brachte, ließ ich mich doch verlauten, daß ich wegen des vorgehabten Be- trugs und boͤſen Streichs, den ſie mir ſpielen wol- len, meinen Hohn ſchon auf andere Art raͤchen wol- te; weßwegen die Alte Himmel-hoch bath, die ungluͤckſeelige Charlotte nicht weiter zu kraͤncken, und vor aller Welt auf eine dreyfache Art zu pro- ſtituiren. Allein, ich ſtellete mich, als ob es mein wuͤrcklicher Ernſt waͤre, biß ſie es endlich auf viel- faͤltig wiederholtes Bitten ſo weit brachte, daß ich mir mit 500. Thalern das Maul ſtopffen ließ, und ſie nicht zu beſchimpffen, theuer angelobte. Hier- mit hatte meine gantze Liebes-Begebenheit mit Charlotten ein Ende, ich habe ſie auch niemahls wieder mit Augen geſehen, wohl aber vernommen, daß ſie bald hernach weit hinweg gezogen, wegen unſeres Verloͤbniß aber muſte es heiſſen, ich haͤtte ihr anfaͤnglich verſprochen, meinen Dienſt bey Ho- fe zu qvittiren, und ein ander Amt anzunehmen, weil mich aber dieſes nachhero gereuet, und ich nicht Wort gehalten, ſo haͤtte ſie auch nicht Wort hal- ten wollen, demnach waͤren wir in Streit gera- then, und haͤtten einander den gantzen Handel auf- geſagt. Alle Menſchen glaubten dieſes, und kein eintziges waͤre auf die Gedancken gerathen, daß die von auſſen ſo keuſch, zuͤchtig, fromm und Gottes- fuͤrchtig ſcheinende Charlotte ein Jungfer-Kindgen bekommen, und daſſelbe wegſetzen laſſen. Kaum (E e 4)

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Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 3. Nordhausen, 1739, S. 439. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata03_1739/447>, abgerufen am 22.11.2024.