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Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 3. Nordhausen, 1739.

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Bruder! ich bin von Hertzen erfreuet, daß euch der
Himmel gesegnet und mit zeitlichen Gütern vergnü-
get hat, aus allen Umständen, und sonderlich dem
brüderlichen Anerbiethen, vermercke, daß ihr dem
Geitze nicht ergeben seyd, vor meine Person aber
dancke ich vor euren guten Willen, denn der Himmel
hat mich seit der Zeit auch gesegnet, und ich will euch,
ohne meinen geringsten Schaden, noch 2. mahl
20000. Thlr. zu den Eurigen geben, damit ihr euch,
wenn ihr ja nicht wieder in unser Vaterland zu keh-
ren gesonnen, ein feines Land-Guth erkauffen, und
euer Leben darauf ruhig zubringen könnet; allein
dargegen wolte mir dieses ausbitten, daß ihr nur
noch eine eintzige Reise zur See mit mir thun, und
mich auch erstlich zur Ruhe bringen möchtet. Mein
Bruder hörete bey Vernehmung solcher Reden hoch
auf, versprach aber endlich, mir alles zu Gefallen zu
thun, was ich nur von ihm verlangen und ihm mög-
lich zu verrichten seyn würde. Es ist wohl gut, mein
Bruder, sprach ich, allein, ohngeacht ihr mein leibli-
cher Bruder seyd, so ist mir doch, eines geleisteten
theuren Eydes wegen, nicht erlaubt, euch einige son-
derbare Begebenheiten zu eröffnen, es wäre denn
Sache, daß ihr mir ebenfalls, gewisser Puncte we-
gen, auf einige Zeit den Eyd der Treue und Ver-
schwiegenheit zu praestiren, euch entschliessen köntet.
Wie er sich nun dessen gegen mich, als seinen leibli-
chen und ältern Bruder, gar nicht weigerte, so führe-
te ich ihn hierauf in mein Logis, allwo er nicht allein
das Geheimniß, so viel als ihm nehmlich davon zu
wissen nöthig war, von mir erfuhr, sondern auch mei-
ne Schätze zu sehen bekam, worüber er nicht wenig

erstau-
(G g 2)

Bruder! ich bin von Hertzen erfreuet, daß euch der
Himmel geſegnet und mit zeitlichen Guͤtern vergnuͤ-
get hat, aus allen Umſtaͤnden, und ſonderlich dem
bruͤderlichen Anerbiethen, vermercke, daß ihr dem
Geitze nicht ergeben ſeyd, vor meine Perſon aber
dancke ich vor euren guten Willen, denn der Himmel
hat mich ſeit der Zeit auch geſegnet, und ich will euch,
ohne meinen geringſten Schaden, noch 2. mahl
20000. Thlr. zu den Eurigen geben, damit ihr euch,
wenn ihr ja nicht wieder in unſer Vaterland zu keh-
ren geſonnen, ein feines Land-Guth erkauffen, und
euer Leben darauf ruhig zubringen koͤnnet; allein
dargegen wolte mir dieſes ausbitten, daß ihr nur
noch eine eintzige Reiſe zur See mit mir thun, und
mich auch erſtlich zur Ruhe bringen moͤchtet. Mein
Bruder hoͤrete bey Vernehmung ſolcher Reden hoch
auf, verſprach aber endlich, mir alles zu Gefallen zu
thun, was ich nur von ihm verlangen und ihm moͤg-
lich zu verrichten ſeyn wuͤrde. Es iſt wohl gut, mein
Bruder, ſprach ich, allein, ohngeacht ihr mein leibli-
cher Bruder ſeyd, ſo iſt mir doch, eines geleiſteten
theuren Eydes wegen, nicht erlaubt, euch einige ſon-
derbare Begebenheiten zu eroͤffnen, es waͤre denn
Sache, daß ihr mir ebenfalls, gewiſſer Puncte we-
gen, auf einige Zeit den Eyd der Treue und Ver-
ſchwiegenheit zu præſtiren, euch entſchlieſſen koͤntet.
Wie er ſich nun deſſen gegen mich, als ſeinen leibli-
chen und aͤltern Bruder, gar nicht weigerte, ſo fuͤhre-
te ich ihn hierauf in mein Logis, allwo er nicht allein
das Geheimniß, ſo viel als ihm nehmlich davon zu
wiſſen noͤthig war, von mir erfuhr, ſondern auch mei-
ne Schaͤtze zu ſehen bekam, woruͤber er nicht wenig

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(G g 2)
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[467/0475] Bruder! ich bin von Hertzen erfreuet, daß euch der Himmel geſegnet und mit zeitlichen Guͤtern vergnuͤ- get hat, aus allen Umſtaͤnden, und ſonderlich dem bruͤderlichen Anerbiethen, vermercke, daß ihr dem Geitze nicht ergeben ſeyd, vor meine Perſon aber dancke ich vor euren guten Willen, denn der Himmel hat mich ſeit der Zeit auch geſegnet, und ich will euch, ohne meinen geringſten Schaden, noch 2. mahl 20000. Thlr. zu den Eurigen geben, damit ihr euch, wenn ihr ja nicht wieder in unſer Vaterland zu keh- ren geſonnen, ein feines Land-Guth erkauffen, und euer Leben darauf ruhig zubringen koͤnnet; allein dargegen wolte mir dieſes ausbitten, daß ihr nur noch eine eintzige Reiſe zur See mit mir thun, und mich auch erſtlich zur Ruhe bringen moͤchtet. Mein Bruder hoͤrete bey Vernehmung ſolcher Reden hoch auf, verſprach aber endlich, mir alles zu Gefallen zu thun, was ich nur von ihm verlangen und ihm moͤg- lich zu verrichten ſeyn wuͤrde. Es iſt wohl gut, mein Bruder, ſprach ich, allein, ohngeacht ihr mein leibli- cher Bruder ſeyd, ſo iſt mir doch, eines geleiſteten theuren Eydes wegen, nicht erlaubt, euch einige ſon- derbare Begebenheiten zu eroͤffnen, es waͤre denn Sache, daß ihr mir ebenfalls, gewiſſer Puncte we- gen, auf einige Zeit den Eyd der Treue und Ver- ſchwiegenheit zu præſtiren, euch entſchlieſſen koͤntet. Wie er ſich nun deſſen gegen mich, als ſeinen leibli- chen und aͤltern Bruder, gar nicht weigerte, ſo fuͤhre- te ich ihn hierauf in mein Logis, allwo er nicht allein das Geheimniß, ſo viel als ihm nehmlich davon zu wiſſen noͤthig war, von mir erfuhr, ſondern auch mei- ne Schaͤtze zu ſehen bekam, woruͤber er nicht wenig erſtau- (G g 2)

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Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 3. Nordhausen, 1739, S. 467. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata03_1739/475>, abgerufen am 24.11.2024.