Jch habe es, mein Herr Vater! gab mein Va- ter zur Antwort, aus dem Munde dieses meines eintzigen Sohnes, Eberhard Julii, vernommen, und bin noch itzo unvermögend, die wunderbaren Füh- rungen des Himmels gnugsam zu bewundern. Jch freue mich von Grund der Seelen, versetzte der Alt-Vater, euch alle insgesammt bey mir zu sehen, und daß ihr Zeugen meines vergnügten Wohlstandes seyn könnet, ihr werdet aber viel- leicht auch Zeugen meines bald heran nahenden Endes seyn, denn da der Himmel nunmehro mein Bitten und Flehen in allen Stücken erhöret hat, wüste ich mir nichts weiter zu wünschen, als einen baldigen sanfft und seeligen Todt. Wir thaten hierüber sehr kläglich, ich aber sagte: wie daß ich den Himmel bitten wolte, ihn nur wenigstens so alt werden zu lassen, als Don Cyrillo de Valaro auf dieser Jnsul alt worden wäre. Nein, mein Sohn, versetzte er, das wünschet mir nicht, son- dern viel lieber eine baldige Auflösung; Don Cyril- lo hat viel Arbeit auf dieser Jnsul gethan, ich werde aber wohl nicht lügen, wenn ich sage, daß ich noch mehr gethan, und weit mehr Kummer und Sorgen ausgestanden habe als er; Derowegen fühle ich meine Mattigkeit wohl, und mercke, daß ich es nicht mehr lange machen werde, bin auch hertzlich damit zufrieden, indem mir vor meinem Ende alles nach Wunsche ergangen. Hierauf reichte er meinem Vater und meiner Schwester die Hände, und nöthigte sie, neben sich zu sitzen, uns andern wurden auch Stühle gesetzt, mitlerweile aber der Alt-Vater mit meinem Vater von un-
sern
Jch habe es, mein Herr Vater! gab mein Va- ter zur Antwort, aus dem Munde dieſes meines eintzigen Sohnes, Eberhard Julii, vernommen, und bin noch itzo unvermoͤgend, die wunderbaren Fuͤh- rungen des Himmels gnugſam zu bewundern. Jch freue mich von Grund der Seelen, verſetzte der Alt-Vater, euch alle insgeſammt bey mir zu ſehen, und daß ihr Zeugen meines vergnuͤgten Wohlſtandes ſeyn koͤnnet, ihr werdet aber viel- leicht auch Zeugen meines bald heran nahenden Endes ſeyn, denn da der Himmel nunmehro mein Bitten und Flehen in allen Stuͤcken erhoͤret hat, wuͤſte ich mir nichts weiter zu wuͤnſchen, als einen baldigen ſanfft und ſeeligen Todt. Wir thaten hieruͤber ſehr klaͤglich, ich aber ſagte: wie daß ich den Himmel bitten wolte, ihn nur wenigſtens ſo alt werden zu laſſen, als Don Cyrillo de Valaro auf dieſer Jnſul alt worden waͤre. Nein, mein Sohn, verſetzte er, das wuͤnſchet mir nicht, ſon- dern viel lieber eine baldige Aufloͤſung; Don Cyril- lo hat viel Arbeit auf dieſer Jnſul gethan, ich werde aber wohl nicht luͤgen, wenn ich ſage, daß ich noch mehr gethan, und weit mehr Kummer und Sorgen ausgeſtanden habe als er; Derowegen fuͤhle ich meine Mattigkeit wohl, und mercke, daß ich es nicht mehr lange machen werde, bin auch hertzlich damit zufrieden, indem mir vor meinem Ende alles nach Wunſche ergangen. Hierauf reichte er meinem Vater und meiner Schweſter die Haͤnde, und noͤthigte ſie, neben ſich zu ſitzen, uns andern wurden auch Stuͤhle geſetzt, mitlerweile aber der Alt-Vater mit meinem Vater von un-
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Jch habe es, mein Herr Vater! gab mein Va-
ter zur Antwort, aus dem Munde dieſes meines
eintzigen Sohnes, Eberhard Julii, vernommen, und
bin noch itzo unvermoͤgend, die wunderbaren Fuͤh-
rungen des Himmels gnugſam zu bewundern.
Jch freue mich von Grund der Seelen, verſetzte
der Alt-Vater, euch alle insgeſammt bey mir zu
ſehen, und daß ihr Zeugen meines vergnuͤgten
Wohlſtandes ſeyn koͤnnet, ihr werdet aber viel-
leicht auch Zeugen meines bald heran nahenden
Endes ſeyn, denn da der Himmel nunmehro mein
Bitten und Flehen in allen Stuͤcken erhoͤret hat,
wuͤſte ich mir nichts weiter zu wuͤnſchen, als einen
baldigen ſanfft und ſeeligen Todt. Wir thaten
hieruͤber ſehr klaͤglich, ich aber ſagte: wie daß ich
den Himmel bitten wolte, ihn nur wenigſtens ſo
alt werden zu laſſen, als Don Cyrillo de Valaro
auf dieſer Jnſul alt worden waͤre. Nein, mein
Sohn, verſetzte er, das wuͤnſchet mir nicht, ſon-
dern viel lieber eine baldige Aufloͤſung; Don Cyril-
lo hat viel Arbeit auf dieſer Jnſul gethan, ich
werde aber wohl nicht luͤgen, wenn ich ſage, daß
ich noch mehr gethan, und weit mehr Kummer und
Sorgen ausgeſtanden habe als er; Derowegen
fuͤhle ich meine Mattigkeit wohl, und mercke, daß
ich es nicht mehr lange machen werde, bin auch
hertzlich damit zufrieden, indem mir vor meinem
Ende alles nach Wunſche ergangen. Hierauf
reichte er meinem Vater und meiner Schweſter
die Haͤnde, und noͤthigte ſie, neben ſich zu ſitzen, uns
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Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 3. Nordhausen, 1739, S. 48. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata03_1739/56>, abgerufen am 21.11.2024.
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