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Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 3. Nordhausen, 1739.

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sern Vor-Eltern eine lange Unterredung gehalten,
dieser letztere ihm auch erzählet, was er von ihnen
wüste, und was er noch vor schrifftliche Urkunden,
diese und jene Sachen betreffend, mit sich gebracht
hätte, waren die Mittags-Stunden bereits vor-
bey, weßwegen die Mahlzeit aufgetragen wurde,
wir 6. Angekommene speiseten nebst Alberto II.
und einigen andern grauen Häuptern an des
Alt-Vaters Tafel, Herr Wodley aber, wel-
cher sonsten täglich an des Alt-Vaters Tafel
speisete, tractirte voritzo in den untersten Zim-
mern die andern neuen Einkömmlinge nebst de-
nen, welche oben nicht Platz bekommen konten.

Unter den grauen Häuptern vermissete ich son-
derlich den ehrlichen alten David, sonst Rauking
genannt, welcher nur vor wenig Monaten gestor-
ben, und fast 90. Jahr alt worden war, ich be-
daurete diesen Mann sehr wegen seiner Erfahren-
heit und Aufrichtigkeit. Sonsten waren die Aelte-
sten, so ich verlassen hatte, noch alle am Leben, in
Davids-Raum aber war nunmehro des verstor-
benen erstgebohrner 45. jähriger Sohn, Aeltester
und Vorsteher worden.

Mein Vater, Schwester und die übrigen wun-
derten sich ungemein, wie appetitlich, sauber und
ordentlich die Mahlzeit an- und eingerichtet war,
ein jeder wurde von einem reinlichen 12. biß 14.
jährigen Knaben bedienet, die Speisen waren
sehr wohl, aber doch nicht wie in Europa zuwei-
len geschicht, so gar leckerhafft, oder wenn ich es
recht sagen soll, tändelhafft zugerichtet. Hierbey

war
III. Theil. (D)

ſern Vor-Eltern eine lange Unterredung gehalten,
dieſer letztere ihm auch erzaͤhlet, was er von ihnen
wuͤſte, und was er noch vor ſchrifftliche Urkunden,
dieſe und jene Sachen betreffend, mit ſich gebracht
haͤtte, waren die Mittags-Stunden bereits vor-
bey, weßwegen die Mahlzeit aufgetragen wurde,
wir 6. Angekommene ſpeiſeten nebſt Alberto II.
und einigen andern grauen Haͤuptern an des
Alt-Vaters Tafel, Herr Wodley aber, wel-
cher ſonſten taͤglich an des Alt-Vaters Tafel
ſpeiſete, tractirte voritzo in den unterſten Zim-
mern die andern neuen Einkoͤmmlinge nebſt de-
nen, welche oben nicht Platz bekommen konten.

Unter den grauen Haͤuptern vermiſſete ich ſon-
derlich den ehrlichen alten David, ſonſt Rauking
genannt, welcher nur vor wenig Monaten geſtor-
ben, und faſt 90. Jahr alt worden war, ich be-
daurete dieſen Mann ſehr wegen ſeiner Erfahren-
heit und Aufrichtigkeit. Sonſten waren die Aelte-
ſten, ſo ich verlaſſen hatte, noch alle am Leben, in
Davids-Raum aber war nunmehro des verſtor-
benen erſtgebohrner 45. jaͤhriger Sohn, Aelteſter
und Vorſteher worden.

Mein Vater, Schweſter und die uͤbrigen wun-
derten ſich ungemein, wie appetitlich, ſauber und
ordentlich die Mahlzeit an- und eingerichtet war,
ein jeder wurde von einem reinlichen 12. biß 14.
jaͤhrigen Knaben bedienet, die Speiſen waren
ſehr wohl, aber doch nicht wie in Europa zuwei-
len geſchicht, ſo gar leckerhafft, oder wenn ich es
recht ſagen ſoll, taͤndelhafft zugerichtet. Hierbey

war
III. Theil. (D)
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[49/0057] ſern Vor-Eltern eine lange Unterredung gehalten, dieſer letztere ihm auch erzaͤhlet, was er von ihnen wuͤſte, und was er noch vor ſchrifftliche Urkunden, dieſe und jene Sachen betreffend, mit ſich gebracht haͤtte, waren die Mittags-Stunden bereits vor- bey, weßwegen die Mahlzeit aufgetragen wurde, wir 6. Angekommene ſpeiſeten nebſt Alberto II. und einigen andern grauen Haͤuptern an des Alt-Vaters Tafel, Herr Wodley aber, wel- cher ſonſten taͤglich an des Alt-Vaters Tafel ſpeiſete, tractirte voritzo in den unterſten Zim- mern die andern neuen Einkoͤmmlinge nebſt de- nen, welche oben nicht Platz bekommen konten. Unter den grauen Haͤuptern vermiſſete ich ſon- derlich den ehrlichen alten David, ſonſt Rauking genannt, welcher nur vor wenig Monaten geſtor- ben, und faſt 90. Jahr alt worden war, ich be- daurete dieſen Mann ſehr wegen ſeiner Erfahren- heit und Aufrichtigkeit. Sonſten waren die Aelte- ſten, ſo ich verlaſſen hatte, noch alle am Leben, in Davids-Raum aber war nunmehro des verſtor- benen erſtgebohrner 45. jaͤhriger Sohn, Aelteſter und Vorſteher worden. Mein Vater, Schweſter und die uͤbrigen wun- derten ſich ungemein, wie appetitlich, ſauber und ordentlich die Mahlzeit an- und eingerichtet war, ein jeder wurde von einem reinlichen 12. biß 14. jaͤhrigen Knaben bedienet, die Speiſen waren ſehr wohl, aber doch nicht wie in Europa zuwei- len geſchicht, ſo gar leckerhafft, oder wenn ich es recht ſagen ſoll, taͤndelhafft zugerichtet. Hierbey war III. Theil. (D)

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Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 3. Nordhausen, 1739, S. 49. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata03_1739/57>, abgerufen am 21.11.2024.