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Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 4. Nordhausen, 1743.

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aufgehoben wurde, denn der Gouverneur hatte
uns zum Plaisir einen Thier-Streit anstellen lassen.
Wir sahen demselben mit grösten Vergnügen zu.
Erstlich wurden in die gemachten Schrancken ein
wilder Ochse und ein Löwe gelassen, welche beyde
einen hefftigen Kampff über eine Stunde lang mit
einander hatten, welcher in Wahrheit sehr curieus
anzusehen war, endlich überwand der Löwe, und zer-
riß den Ochsen. Hierauf wurde ein anderer fri-
scher Ochse in die Schrancken gelassen, welcher
sich sehr großmüthig und tapffer aufführete; nachdem
er erst hingegangen, und seinen zerfleischten Bitbru-
der etliche mahl beschnuppert hatte, trat er den
Kampff mit dem Löwen an, welcher sich zwar tapf-
fer wehrete, allein, weilen ihm wegen des vorigen
Kamffs die Kräffte schon ziemlicher Maassen ver-
schwunden, sahe der Ochse seinen Vortheil ab, und
stieß dem Löwen seine beyden Hörner mit der aller-
grösten Gewalt der gestallt in den Bauch, daß ihm
das Eingeweyde heraus drung, und auf die Erde
fiel. Als der Ochse dieses sahe, wendete er sich um,
gieng auf dem gantzen Platze herum, und brüllete
gantz erschröcklich, woraus man schliessen konte,
daß er Victoria! ruffte; Allein seine Großmuth wur-
de bald gedemüthiget, indem 3. der allergrösten
Hunde zu ihm in die Schrancken gelassen wurden,
welche ihm dergestallt zusetzten, daß er endlich matt
wurde, und darnieder fiel, doch hatte er vorhero
erst einen Hund getödtet, den andern tödtlich bles-
si
rt, der dritte Hund blieb gesund und frisch, ohn-
geachtet er dem Ochsen hefftig zugesetzt hatte.

Nach diesem wurden 2. Leoparden und 4. wil-

de

aufgehoben wurde, denn der Gouverneur hatte
uns zum Plaiſir einen Thier-Streit anſtellen laſſen.
Wir ſahen demſelben mit groͤſten Vergnuͤgen zu.
Erſtlich wurden in die gemachten Schrancken ein
wilder Ochſe und ein Loͤwe gelaſſen, welche beyde
einen hefftigen Kampff uͤber eine Stunde lang mit
einander hatten, welcher in Wahrheit ſehr curieus
anzuſehen war, endlich uͤberwand der Loͤwe, und zer-
riß den Ochſen. Hierauf wurde ein anderer fri-
ſcher Ochſe in die Schrancken gelaſſen, welcher
ſich ſehr großmuͤthig und tapffer auffuͤhrete; nachdem
er erſt hingegangen, und ſeinen zerfleiſchten Bitbru-
der etliche mahl beſchnuppert hatte, trat er den
Kampff mit dem Loͤwen an, welcher ſich zwar tapf-
fer wehrete, allein, weilen ihm wegen des vorigen
Kamffs die Kraͤffte ſchon ziemlicher Maaſſen ver-
ſchwunden, ſahe der Ochſe ſeinen Vortheil ab, und
ſtieß dem Loͤwen ſeine beyden Hoͤrner mit der aller-
groͤſten Gewalt der geſtallt in den Bauch, daß ihm
das Eingeweyde heraus drung, und auf die Erde
fiel. Als der Ochſe dieſes ſahe, wendete er ſich um,
gieng auf dem gantzen Platze herum, und bruͤllete
gantz erſchroͤcklich, woraus man ſchlieſſen konte,
daß er Victoria! ruffte; Allein ſeine Großmuth wur-
de bald gedemuͤthiget, indem 3. der allergroͤſten
Hunde zu ihm in die Schrancken gelaſſen wurden,
welche ihm dergeſtallt zuſetzten, daß er endlich matt
wurde, und darnieder fiel, doch hatte er vorhero
erſt einen Hund getoͤdtet, den andern toͤdtlich bleſ-
ſi
rt, der dritte Hund blieb geſund und friſch, ohn-
geachtet er dem Ochſen hefftig zugeſetzt hatte.

Nach dieſem wurden 2. Leoparden und 4. wil-

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[107/0117] aufgehoben wurde, denn der Gouverneur hatte uns zum Plaiſir einen Thier-Streit anſtellen laſſen. Wir ſahen demſelben mit groͤſten Vergnuͤgen zu. Erſtlich wurden in die gemachten Schrancken ein wilder Ochſe und ein Loͤwe gelaſſen, welche beyde einen hefftigen Kampff uͤber eine Stunde lang mit einander hatten, welcher in Wahrheit ſehr curieus anzuſehen war, endlich uͤberwand der Loͤwe, und zer- riß den Ochſen. Hierauf wurde ein anderer fri- ſcher Ochſe in die Schrancken gelaſſen, welcher ſich ſehr großmuͤthig und tapffer auffuͤhrete; nachdem er erſt hingegangen, und ſeinen zerfleiſchten Bitbru- der etliche mahl beſchnuppert hatte, trat er den Kampff mit dem Loͤwen an, welcher ſich zwar tapf- fer wehrete, allein, weilen ihm wegen des vorigen Kamffs die Kraͤffte ſchon ziemlicher Maaſſen ver- ſchwunden, ſahe der Ochſe ſeinen Vortheil ab, und ſtieß dem Loͤwen ſeine beyden Hoͤrner mit der aller- groͤſten Gewalt der geſtallt in den Bauch, daß ihm das Eingeweyde heraus drung, und auf die Erde fiel. Als der Ochſe dieſes ſahe, wendete er ſich um, gieng auf dem gantzen Platze herum, und bruͤllete gantz erſchroͤcklich, woraus man ſchlieſſen konte, daß er Victoria! ruffte; Allein ſeine Großmuth wur- de bald gedemuͤthiget, indem 3. der allergroͤſten Hunde zu ihm in die Schrancken gelaſſen wurden, welche ihm dergeſtallt zuſetzten, daß er endlich matt wurde, und darnieder fiel, doch hatte er vorhero erſt einen Hund getoͤdtet, den andern toͤdtlich bleſ- ſirt, der dritte Hund blieb geſund und friſch, ohn- geachtet er dem Ochſen hefftig zugeſetzt hatte. Nach dieſem wurden 2. Leoparden und 4. wil- de

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Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 4. Nordhausen, 1743, S. 107. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata04_1743/117>, abgerufen am 21.11.2024.