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Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 4. Nordhausen, 1743.

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seyn und heissen wolte: Vater und Mutter binnen
so kurtzer Zeit auf einmahl zu verlieren.

Jedoch dieser wurde ziemlicher Maassen gelin-
dert, da ich meine liebe Mutter ohngefähr zwischen
10. und 11. Uhren des Nachts nebst ihren beyden La-
queyen zurück kommen sahe. Sie machte die Thür
des Zimmers ohne langes Verweilen auf, und frag-
te nichts mehr, als dieses: Meine Tochter! wenn
ihr Caffee habet, so gebet mir und diesen Leuten etliche
Schälchen zu trincken, lasset uns auch ein gut Glaß
Rosoli holen, denn das Glück hat meine Faust ge-
segnet und geführet, daß ich ein so gutes, ja fast
noch bessers Meister-Stück gemacht, als die Ju-
dith
bey dem Holoferne.

Jndem ich nun darnach fragte, welcher Ge-
stalt ihre Verrichtungen abgelauffen wären, erstat-
tete der eine Laquey mir folgenden Bericht: Nach-
dem wir unten im Hause, wo die Conquette lo-
girte,
angelangt, und ein paar oder mehr Boutel-
l
en-Weins vor unsern Herrn gefordert, säumete
die Wirthin nicht lange, uns dieselben zu bringen,
worauf so wohl der so genannte unser Herr, als wir
Diener den Wein versuchten, auch uns etwas zur
Kost reichen liessen; Jndem wir uns aber hierauf et-
was bey Seits begaben, ließ sich unser so genann-
ter Herr mit der Frau Wirthin in ein vertrauliches
Gespräche ein, und mochte wohl nach und nach so
viel aus ihrem treuhertzigen Hertzen erforschet ha-
ben, daß die Frantzösische Comoediantin, wornach
er gefragt, bereits in ihrem Bette versorgt sey, und
zwar mit demjenigen Frantzösischen Cavalier, der
ihrentwegen nur vor wenig Tagen einen andern Ca-

valier

ſeyn und heiſſen wolte: Vater und Mutter binnen
ſo kurtzer Zeit auf einmahl zu verlieren.

Jedoch dieſer wurde ziemlicher Maaſſen gelin-
dert, da ich meine liebe Mutter ohngefaͤhr zwiſchen
10. und 11. Uhren des Nachts nebſt ihren beyden La-
queyen zuruͤck kommen ſahe. Sie machte die Thuͤr
des Zimmers ohne langes Verweilen auf, und frag-
te nichts mehr, als dieſes: Meine Tochter! wenn
ihr Caffee habet, ſo gebet mir und dieſen Leuten etliche
Schaͤlchen zu trincken, laſſet uns auch ein gut Glaß
Roſoli holen, denn das Gluͤck hat meine Fauſt ge-
ſegnet und gefuͤhret, daß ich ein ſo gutes, ja faſt
noch beſſers Meiſter-Stuͤck gemacht, als die Ju-
dith
bey dem Holoferne.

Jndem ich nun darnach fragte, welcher Ge-
ſtalt ihre Verrichtungen abgelauffen waͤren, erſtat-
tete der eine Laquey mir folgenden Bericht: Nach-
dem wir unten im Hauſe, wo die Conquette lo-
girte,
angelangt, und ein paar oder mehr Boutel-
l
en-Weins vor unſern Herrn gefordert, ſaͤumete
die Wirthin nicht lange, uns dieſelben zu bringen,
worauf ſo wohl der ſo genannte unſer Herr, als wir
Diener den Wein verſuchten, auch uns etwas zur
Koſt reichen lieſſen; Jndem wir uns aber hierauf et-
was bey Seits begaben, ließ ſich unſer ſo genann-
ter Herr mit der Frau Wirthin in ein vertrauliches
Geſpraͤche ein, und mochte wohl nach und nach ſo
viel aus ihrem treuhertzigen Hertzen erforſchet ha-
ben, daß die Frantzoͤſiſche Comœdiantin, wornach
er gefragt, bereits in ihrem Bette verſorgt ſey, und
zwar mit demjenigen Frantzoͤſiſchen Cavalier, der
ihrentwegen nur vor wenig Tagen einen andern Ca-

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[218/0228] ſeyn und heiſſen wolte: Vater und Mutter binnen ſo kurtzer Zeit auf einmahl zu verlieren. Jedoch dieſer wurde ziemlicher Maaſſen gelin- dert, da ich meine liebe Mutter ohngefaͤhr zwiſchen 10. und 11. Uhren des Nachts nebſt ihren beyden La- queyen zuruͤck kommen ſahe. Sie machte die Thuͤr des Zimmers ohne langes Verweilen auf, und frag- te nichts mehr, als dieſes: Meine Tochter! wenn ihr Caffee habet, ſo gebet mir und dieſen Leuten etliche Schaͤlchen zu trincken, laſſet uns auch ein gut Glaß Roſoli holen, denn das Gluͤck hat meine Fauſt ge- ſegnet und gefuͤhret, daß ich ein ſo gutes, ja faſt noch beſſers Meiſter-Stuͤck gemacht, als die Ju- dith bey dem Holoferne. Jndem ich nun darnach fragte, welcher Ge- ſtalt ihre Verrichtungen abgelauffen waͤren, erſtat- tete der eine Laquey mir folgenden Bericht: Nach- dem wir unten im Hauſe, wo die Conquette lo- girte, angelangt, und ein paar oder mehr Boutel- len-Weins vor unſern Herrn gefordert, ſaͤumete die Wirthin nicht lange, uns dieſelben zu bringen, worauf ſo wohl der ſo genannte unſer Herr, als wir Diener den Wein verſuchten, auch uns etwas zur Koſt reichen lieſſen; Jndem wir uns aber hierauf et- was bey Seits begaben, ließ ſich unſer ſo genann- ter Herr mit der Frau Wirthin in ein vertrauliches Geſpraͤche ein, und mochte wohl nach und nach ſo viel aus ihrem treuhertzigen Hertzen erforſchet ha- ben, daß die Frantzoͤſiſche Comœdiantin, wornach er gefragt, bereits in ihrem Bette verſorgt ſey, und zwar mit demjenigen Frantzoͤſiſchen Cavalier, der ihrentwegen nur vor wenig Tagen einen andern Ca- valier

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Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 4. Nordhausen, 1743, S. 218. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata04_1743/228>, abgerufen am 21.11.2024.