Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 4. Nordhausen, 1743.

Bild:
<< vorherige Seite

Alabasterweisses, oder bräunliches Angesichte, wie
ich denn angemerckt, daß auf dieser Jnsul die
Blondinen und Brunetten einander an der Zahl
um sehr weniges überlegen seyn mögen.

Jedoch unsere neugebackenen Amazoninnen
noch weiter zu beschreiben, so hätte ich wohl aus
Neugierigkeit bey einer jedweden die Anfrage thun
mögen: ob sie nach Art der alten Amazonen sich
auch wohl wolten entschliessen, eine jede ihre lincke
Brust abschneiden zu lassen, weilen aber befürch-
tete, daß sie mir eine spitzige Antwort geben und
etwa sagen möchten, daß sie keine Amazoninnen
nach der alten Art wären, indem sie keinen Schild
zu führen brauchten, der ihnen zum Schutze ihrer
Brust etwa nöthig seyn, und mir noch fernere ver-
drüßliche Reden geben möchten, so ließ ich die Sa-
che gut seyn. Unterdessen führeten sie tödtliche
Waffen, denn es hatte eine jede in ihrer rechten
Hand einen leichten Wurff-Spieß, wie nicht we-
niger einen leichten Pallasch an der lincken Hüffte
hangen, in dessen ledernem Bauch-Gurte eine
kleine Pistole stack; Uber die lincke Schulter
biß auf die rechte Hüffte herunter sahe man einen
3. Finger-breiten Riemen herab lauffen, an wel-
chem, wie man das Ding in Deutschland zu nen-
nen pflegt, eine gätliche Patron-Tasche hieng,
worinnen 12. Pistol-Patronen und 6. gätliche ge-
füllete Granaden stacken, auch hatte eine jede ihre
brennende Lunte an der Brust, so wie es gebräuch-
lich ist, in einem Futterale hangend. Kurtz zu sa-
gen: Fast alles unser Frauenzimmer hatten sich
vollenkommen als Granadiers armirt. Wer

ihnen
IV. Theil. (s)

Alabaſterweiſſes, oder braͤunliches Angeſichte, wie
ich denn angemerckt, daß auf dieſer Jnſul die
Blondinen und Brunetten einander an der Zahl
um ſehr weniges uͤberlegen ſeyn moͤgen.

Jedoch unſere neugebackenen Amazoninnen
noch weiter zu beſchreiben, ſo haͤtte ich wohl aus
Neugierigkeit bey einer jedweden die Anfrage thun
moͤgen: ob ſie nach Art der alten Amazonen ſich
auch wohl wolten entſchlieſſen, eine jede ihre lincke
Bruſt abſchneiden zu laſſen, weilen aber befuͤrch-
tete, daß ſie mir eine ſpitzige Antwort geben und
etwa ſagen moͤchten, daß ſie keine Amazoninnen
nach der alten Art waͤren, indem ſie keinen Schild
zu fuͤhren brauchten, der ihnen zum Schutze ihrer
Bruſt etwa noͤthig ſeyn, und mir noch fernere ver-
druͤßliche Reden geben moͤchten, ſo ließ ich die Sa-
che gut ſeyn. Unterdeſſen fuͤhreten ſie toͤdtliche
Waffen, denn es hatte eine jede in ihrer rechten
Hand einen leichten Wurff-Spieß, wie nicht we-
niger einen leichten Pallaſch an der lincken Huͤffte
hangen, in deſſen ledernem Bauch-Gurte eine
kleine Piſtole ſtack; Uber die lincke Schulter
biß auf die rechte Huͤffte herunter ſahe man einen
3. Finger-breiten Riemen herab lauffen, an wel-
chem, wie man das Ding in Deutſchland zu nen-
nen pflegt, eine gaͤtliche Patron-Taſche hieng,
worinnen 12. Piſtol-Patronen und 6. gaͤtliche ge-
fuͤllete Granaden ſtacken, auch hatte eine jede ihre
brennende Lunte an der Bruſt, ſo wie es gebraͤuch-
lich iſt, in einem Futterale hangend. Kurtz zu ſa-
gen: Faſt alles unſer Frauenzimmer hatten ſich
vollenkommen als Granadiers armirt. Wer

ihnen
IV. Theil. (s)
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0283" n="273"/>
Alaba&#x017F;terwei&#x017F;&#x017F;es, oder bra&#x0364;unliches Ange&#x017F;ichte, wie<lb/>
ich denn angemerckt, daß auf die&#x017F;er Jn&#x017F;ul die<lb/>
Blondinen und Brunetten einander an der Zahl<lb/>
um &#x017F;ehr weniges u&#x0364;berlegen &#x017F;eyn mo&#x0364;gen.</p><lb/>
        <p>Jedoch un&#x017F;ere neugebackenen Amazoninnen<lb/>
noch weiter zu be&#x017F;chreiben, &#x017F;o ha&#x0364;tte ich wohl aus<lb/>
Neugierigkeit bey einer jedweden die Anfrage thun<lb/>
mo&#x0364;gen: ob &#x017F;ie nach Art der alten Amazonen &#x017F;ich<lb/>
auch wohl wolten ent&#x017F;chlie&#x017F;&#x017F;en, eine jede ihre lincke<lb/>
Bru&#x017F;t ab&#x017F;chneiden zu la&#x017F;&#x017F;en, weilen aber befu&#x0364;rch-<lb/>
tete, daß &#x017F;ie mir eine &#x017F;pitzige Antwort geben und<lb/>
etwa &#x017F;agen mo&#x0364;chten, daß &#x017F;ie keine Amazoninnen<lb/>
nach der alten Art wa&#x0364;ren, indem &#x017F;ie keinen Schild<lb/>
zu fu&#x0364;hren brauchten, der ihnen zum Schutze ihrer<lb/>
Bru&#x017F;t etwa no&#x0364;thig &#x017F;eyn, und mir noch fernere ver-<lb/>
dru&#x0364;ßliche Reden geben mo&#x0364;chten, &#x017F;o ließ ich die Sa-<lb/>
che gut &#x017F;eyn. Unterde&#x017F;&#x017F;en fu&#x0364;hreten &#x017F;ie to&#x0364;dtliche<lb/>
Waffen, denn es hatte eine jede in ihrer rechten<lb/>
Hand einen leichten Wurff-Spieß, wie nicht we-<lb/>
niger einen leichten Palla&#x017F;ch an der lincken Hu&#x0364;ffte<lb/>
hangen, in de&#x017F;&#x017F;en ledernem Bauch-Gurte eine<lb/>
kleine Pi&#x017F;tole &#x017F;tack; Uber die lincke Schulter<lb/>
biß auf die rechte Hu&#x0364;ffte herunter &#x017F;ahe man einen<lb/>
3. Finger-breiten Riemen herab lauffen, an wel-<lb/>
chem, wie man das Ding in Deut&#x017F;chland zu nen-<lb/>
nen pflegt, eine ga&#x0364;tliche Patron-Ta&#x017F;che hieng,<lb/>
worinnen 12. Pi&#x017F;tol-Patronen und 6. ga&#x0364;tliche ge-<lb/>
fu&#x0364;llete <hi rendition="#aq">Granad</hi>en &#x017F;tacken, auch hatte eine jede ihre<lb/>
brennende Lunte an der Bru&#x017F;t, &#x017F;o wie es gebra&#x0364;uch-<lb/>
lich i&#x017F;t, in einem Futterale hangend. Kurtz zu &#x017F;a-<lb/>
gen: Fa&#x017F;t alles un&#x017F;er Frauenzimmer hatten &#x017F;ich<lb/>
vollenkommen als <hi rendition="#aq">Granadiers armirt.</hi> Wer<lb/>
<fw place="bottom" type="sig"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">IV.</hi></hi><hi rendition="#fr">Theil.</hi> (s)</fw><fw place="bottom" type="catch">ihnen</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[273/0283] Alabaſterweiſſes, oder braͤunliches Angeſichte, wie ich denn angemerckt, daß auf dieſer Jnſul die Blondinen und Brunetten einander an der Zahl um ſehr weniges uͤberlegen ſeyn moͤgen. Jedoch unſere neugebackenen Amazoninnen noch weiter zu beſchreiben, ſo haͤtte ich wohl aus Neugierigkeit bey einer jedweden die Anfrage thun moͤgen: ob ſie nach Art der alten Amazonen ſich auch wohl wolten entſchlieſſen, eine jede ihre lincke Bruſt abſchneiden zu laſſen, weilen aber befuͤrch- tete, daß ſie mir eine ſpitzige Antwort geben und etwa ſagen moͤchten, daß ſie keine Amazoninnen nach der alten Art waͤren, indem ſie keinen Schild zu fuͤhren brauchten, der ihnen zum Schutze ihrer Bruſt etwa noͤthig ſeyn, und mir noch fernere ver- druͤßliche Reden geben moͤchten, ſo ließ ich die Sa- che gut ſeyn. Unterdeſſen fuͤhreten ſie toͤdtliche Waffen, denn es hatte eine jede in ihrer rechten Hand einen leichten Wurff-Spieß, wie nicht we- niger einen leichten Pallaſch an der lincken Huͤffte hangen, in deſſen ledernem Bauch-Gurte eine kleine Piſtole ſtack; Uber die lincke Schulter biß auf die rechte Huͤffte herunter ſahe man einen 3. Finger-breiten Riemen herab lauffen, an wel- chem, wie man das Ding in Deutſchland zu nen- nen pflegt, eine gaͤtliche Patron-Taſche hieng, worinnen 12. Piſtol-Patronen und 6. gaͤtliche ge- fuͤllete Granaden ſtacken, auch hatte eine jede ihre brennende Lunte an der Bruſt, ſo wie es gebraͤuch- lich iſt, in einem Futterale hangend. Kurtz zu ſa- gen: Faſt alles unſer Frauenzimmer hatten ſich vollenkommen als Granadiers armirt. Wer ihnen IV. Theil. (s)

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata04_1743
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata04_1743/283
Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 4. Nordhausen, 1743, S. 273. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata04_1743/283>, abgerufen am 21.11.2024.