des Leibes machen könnet, denn dieses verlangen wir nicht, weiln wir keine Tagelöhner nöthig haben, sondern unsere selbst eigene Tagelöhner nach eines jeden Vermögen sind.
Nachdem nun diese guten Leute, welche biß dato noch alle lebendig, lustig und guter Dinge an- zutreffen sind, diesen Vortrag von mir angehöret, schienen sie von Hertzen darüber erfreut zu seyn, und wolten uns allen die Hände küssen, allein wir schenck- ten ihnen diese unnöthige Höflichkeit, liessen uns aber doch aus Neubegierde zu des Don Juans Grabmahle führen, wobey sie denn fragten: ob wir dasselbe wolten eröffnen lassen, um seinen Cör- per in Augenschein zu nehmen? da sie sich denn mit etlichen mit Eisen beschlagenen Rudern so gleich darüber hermachen, und dasselbe aufgraben wolten; Allein wir sagten ihnen, daß dieses nur unterblei- ben könte, indem wir ihrer Redlichkeit traueten, und den Cörper nicht in seiner Ruhe stöhren wolten. Hier- auf lasen wir Felsenburger allen unsern noch bey uns habenden Proviant zusammen, worunter et- liche Flaschen Wein befindlich, die sich einige dur- stige Seelen auf die Reise füllen lassen; wie aber un- ser eigener Hunger und Durst schon ziemlich gestil- let war, und wir binnen wenig Stunden wieder in unsern Wohnungen zu seyn uns vorstelleten, so liessen wir alles dieses unsern neuangekommenen Gästen zurück, die sich denn, wie sie hernach sag- ten; eine sehr kostbare Abend-Mahlzeit davon zu be- reitet, welche sie aber nicht alle verzehren können, sondern noch sehr viel biß auf den andern Tag übrig behalten hätten.
Demnach
des Leibes machen koͤnnet, denn dieſes verlangen wir nicht, weiln wir keine Tageloͤhner noͤthig haben, ſondern unſere ſelbſt eigene Tageloͤhner nach eines jeden Vermoͤgen ſind.
Nachdem nun dieſe guten Leute, welche biß dato noch alle lebendig, luſtig und guter Dinge an- zutreffen ſind, dieſen Vortrag von mir angehoͤret, ſchienen ſie von Hertzen daruͤber erfreut zu ſeyn, und wolten uns allen die Haͤnde kuͤſſen, allein wir ſchenck- ten ihnen dieſe unnoͤthige Hoͤflichkeit, lieſſen uns aber doch aus Neubegierde zu des Don Juans Grabmahle fuͤhren, wobey ſie denn fragten: ob wir daſſelbe wolten eroͤffnen laſſen, um ſeinen Coͤr- per in Augenſchein zu nehmen? da ſie ſich denn mit etlichen mit Eiſen beſchlagenen Rudern ſo gleich daruͤber hermachen, und daſſelbe aufgraben wolten; Allein wir ſagten ihnen, daß dieſes nur unterblei- ben koͤnte, indem wir ihrer Redlichkeit traueten, und den Coͤrper nicht in ſeiner Ruhe ſtoͤhren wolten. Hier- auf laſen wir Felſenburger allen unſern noch bey uns habenden Proviant zuſammen, worunter et- liche Flaſchen Wein befindlich, die ſich einige dur- ſtige Seelen auf die Reiſe fuͤllen laſſen; wie aber un- ſer eigener Hunger und Durſt ſchon ziemlich geſtil- let war, und wir binnen wenig Stunden wieder in unſern Wohnungen zu ſeyn uns vorſtelleten, ſo lieſſen wir alles dieſes unſern neuangekommenen Gaͤſten zuruͤck, die ſich denn, wie ſie hernach ſag- ten; eine ſehr koſtbare Abend-Mahlzeit davon zu be- reitet, welche ſie aber nicht alle verzehren koͤnnen, ſondern noch ſehr viel biß auf den andern Tag uͤbrig behalten haͤtten.
Demnach
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0332"n="322"/>
des Leibes machen koͤnnet, denn dieſes verlangen<lb/>
wir nicht, weiln wir keine Tageloͤhner noͤthig haben,<lb/>ſondern unſere ſelbſt eigene Tageloͤhner nach eines<lb/>
jeden Vermoͤgen ſind.</p><lb/><p>Nachdem nun dieſe guten Leute, welche biß<lb/><hirendition="#aq">dato</hi> noch alle lebendig, luſtig und guter Dinge an-<lb/>
zutreffen ſind, dieſen Vortrag von mir angehoͤret,<lb/>ſchienen ſie von Hertzen daruͤber erfreut zu ſeyn, und<lb/>
wolten uns allen die Haͤnde kuͤſſen, allein wir ſchenck-<lb/>
ten ihnen dieſe unnoͤthige Hoͤflichkeit, lieſſen uns<lb/>
aber doch aus Neubegierde zu des <hirendition="#aq">Don Juans</hi><lb/>
Grabmahle fuͤhren, wobey ſie denn fragten: ob<lb/>
wir daſſelbe wolten eroͤffnen laſſen, um ſeinen Coͤr-<lb/>
per in Augenſchein zu nehmen? da ſie ſich denn mit<lb/>
etlichen mit Eiſen beſchlagenen Rudern ſo gleich<lb/>
daruͤber hermachen, und daſſelbe aufgraben wolten;<lb/>
Allein wir ſagten ihnen, daß dieſes nur unterblei-<lb/>
ben koͤnte, indem wir ihrer Redlichkeit traueten, und<lb/>
den Coͤrper nicht in ſeiner Ruhe ſtoͤhren wolten. Hier-<lb/>
auf laſen wir Felſenburger allen unſern noch bey<lb/>
uns habenden Proviant zuſammen, worunter et-<lb/>
liche Flaſchen Wein befindlich, die ſich einige dur-<lb/>ſtige Seelen auf die Reiſe fuͤllen laſſen; wie aber un-<lb/>ſer eigener Hunger und Durſt ſchon ziemlich geſtil-<lb/>
let war, und wir binnen wenig Stunden wieder in<lb/>
unſern Wohnungen zu ſeyn uns vorſtelleten, ſo<lb/>
lieſſen wir alles dieſes unſern neuangekommenen<lb/>
Gaͤſten zuruͤck, die ſich denn, wie ſie hernach ſag-<lb/>
ten; eine ſehr koſtbare Abend-Mahlzeit davon zu be-<lb/>
reitet, welche ſie aber nicht alle verzehren koͤnnen,<lb/>ſondern noch ſehr viel biß auf den andern Tag uͤbrig<lb/>
behalten haͤtten.</p><lb/><fwplace="bottom"type="catch">Demnach</fw><lb/></div></body></text></TEI>
[322/0332]
des Leibes machen koͤnnet, denn dieſes verlangen
wir nicht, weiln wir keine Tageloͤhner noͤthig haben,
ſondern unſere ſelbſt eigene Tageloͤhner nach eines
jeden Vermoͤgen ſind.
Nachdem nun dieſe guten Leute, welche biß
dato noch alle lebendig, luſtig und guter Dinge an-
zutreffen ſind, dieſen Vortrag von mir angehoͤret,
ſchienen ſie von Hertzen daruͤber erfreut zu ſeyn, und
wolten uns allen die Haͤnde kuͤſſen, allein wir ſchenck-
ten ihnen dieſe unnoͤthige Hoͤflichkeit, lieſſen uns
aber doch aus Neubegierde zu des Don Juans
Grabmahle fuͤhren, wobey ſie denn fragten: ob
wir daſſelbe wolten eroͤffnen laſſen, um ſeinen Coͤr-
per in Augenſchein zu nehmen? da ſie ſich denn mit
etlichen mit Eiſen beſchlagenen Rudern ſo gleich
daruͤber hermachen, und daſſelbe aufgraben wolten;
Allein wir ſagten ihnen, daß dieſes nur unterblei-
ben koͤnte, indem wir ihrer Redlichkeit traueten, und
den Coͤrper nicht in ſeiner Ruhe ſtoͤhren wolten. Hier-
auf laſen wir Felſenburger allen unſern noch bey
uns habenden Proviant zuſammen, worunter et-
liche Flaſchen Wein befindlich, die ſich einige dur-
ſtige Seelen auf die Reiſe fuͤllen laſſen; wie aber un-
ſer eigener Hunger und Durſt ſchon ziemlich geſtil-
let war, und wir binnen wenig Stunden wieder in
unſern Wohnungen zu ſeyn uns vorſtelleten, ſo
lieſſen wir alles dieſes unſern neuangekommenen
Gaͤſten zuruͤck, die ſich denn, wie ſie hernach ſag-
ten; eine ſehr koſtbare Abend-Mahlzeit davon zu be-
reitet, welche ſie aber nicht alle verzehren koͤnnen,
ſondern noch ſehr viel biß auf den andern Tag uͤbrig
behalten haͤtten.
Demnach
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 4. Nordhausen, 1743, S. 322. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata04_1743/332>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.