Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 4. Nordhausen, 1743.

Bild:
<< vorherige Seite

Jch vor meine Person, weilen ich bey damah-
ligen Zeiten einen eben nicht allzu ungelehrigen
Kopffe hatte, profitirte bey der Gelegenheit ein vie-
les, denn ich erlernete das Geister-Bannen, Geister-
Beschweren und viele andere Kunst-Stücke zwar
aus dem Grunde, versuchte auch solches nicht ein-
sondern sehr viele mahl, allein es kam eine Zeit, da
ich an GOtt, seine Heiligen und meine eigene Seele
zu gedencken anfieng, ohngeachtet mir alles, was
ich nur vorgenommen, nach Wunsche ergangen und
abgelauffen war; Da ich aber niemahls ein recht
ruhiges Hertze oder Gewissen in mir verspürete, als
begab ich mich zu einem wohlbekannten vornehmen
Geistl. welchem ich mein Anliegen entdeckte, auch
von ihm Trost und Rath zur Gnüge bekam, indem
er mir vorsagte, daß ich die Kunst zwar beybehal-
ten könte, weilen es eine gantz edle Kunst und Wis-
senschafft wäre; nur aber würde ein gutes Christen-
thum und hiernächst eine gute gesunde Vernunfft
darzu erfordert. Diese Lehren waren in Wahrheit
nicht zu verwerffen; weiln ich aber, ohngeachtet ich
noch ein junger wollüstiger Kerl war, ich weiß selb-
sten nicht warum, einen heimlichen Abscheu vor
dieser Kunst bekam, da ich doch in einem und andern
Stücken mich wohl einiger Maassen hätte können
glücklich machen, als suchte mein Vergnügen unter
dem Soldaten-Leben, bekam auch bald Dienste
beym Leib-Regiment des Königs, als Sergeant.
Etliche Monathe ließ ich mir diese Dienste gefallen,
hernach aber, da ich bemerckte, daß das Glücke mit
mir nur, wie mit einem leichten Feder-Balle, auf
dem Lande zu spielen gesonnen, drehete ich meinen

Kopff

Jch vor meine Perſon, weilen ich bey damah-
ligen Zeiten einen eben nicht allzu ungelehrigen
Kopffe hatte, profitirte bey der Gelegenheit ein vie-
les, denn ich erlernete das Geiſter-Bannen, Geiſter-
Beſchweren und viele andere Kunſt-Stuͤcke zwar
aus dem Grunde, verſuchte auch ſolches nicht ein-
ſondern ſehr viele mahl, allein es kam eine Zeit, da
ich an GOtt, ſeine Heiligen und meine eigene Seele
zu gedencken anfieng, ohngeachtet mir alles, was
ich nur vorgenommen, nach Wunſche ergangen und
abgelauffen war; Da ich aber niemahls ein recht
ruhiges Hertze oder Gewiſſen in mir verſpuͤrete, als
begab ich mich zu einem wohlbekannten vornehmen
Geiſtl. welchem ich mein Anliegen entdeckte, auch
von ihm Troſt und Rath zur Gnuͤge bekam, indem
er mir vorſagte, daß ich die Kunſt zwar beybehal-
ten koͤnte, weilen es eine gantz edle Kunſt und Wiſ-
ſenſchafft waͤre; nur aber wuͤrde ein gutes Chriſten-
thum und hiernaͤchſt eine gute geſunde Vernunfft
darzu erfordert. Dieſe Lehren waren in Wahrheit
nicht zu verwerffen; weiln ich aber, ohngeachtet ich
noch ein junger wolluͤſtiger Kerl war, ich weiß ſelb-
ſten nicht warum, einen heimlichen Abſcheu vor
dieſer Kunſt bekam, da ich doch in einem und andern
Stuͤcken mich wohl einiger Maaſſen haͤtte koͤnnen
gluͤcklich machen, als ſuchte mein Vergnuͤgen unter
dem Soldaten-Leben, bekam auch bald Dienſte
beym Leib-Regiment des Koͤnigs, als Sergeant.
Etliche Monathe ließ ich mir dieſe Dienſte gefallen,
hernach aber, da ich bemerckte, daß das Gluͤcke mit
mir nur, wie mit einem leichten Feder-Balle, auf
dem Lande zu ſpielen geſonnen, drehete ich meinen

Kopff
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0358" n="348"/>
        <p>Jch vor meine Per&#x017F;on, weilen ich bey damah-<lb/>
ligen Zeiten einen eben nicht allzu ungelehrigen<lb/>
Kopffe hatte, <hi rendition="#aq">profitir</hi>te bey der Gelegenheit ein vie-<lb/>
les, denn ich erlernete das Gei&#x017F;ter-Bannen, Gei&#x017F;ter-<lb/>
Be&#x017F;chweren und viele andere Kun&#x017F;t-Stu&#x0364;cke zwar<lb/>
aus dem Grunde, ver&#x017F;uchte auch &#x017F;olches nicht ein-<lb/>
&#x017F;ondern &#x017F;ehr viele mahl, allein es kam eine Zeit, da<lb/>
ich an GOtt, &#x017F;eine Heiligen und meine eigene Seele<lb/>
zu gedencken anfieng, ohngeachtet mir alles, was<lb/>
ich nur vorgenommen, nach Wun&#x017F;che ergangen und<lb/>
abgelauffen war; Da ich aber niemahls ein recht<lb/>
ruhiges Hertze oder Gewi&#x017F;&#x017F;en in mir ver&#x017F;pu&#x0364;rete, als<lb/>
begab ich mich zu einem wohlbekannten vornehmen<lb/>
Gei&#x017F;tl. welchem ich mein Anliegen entdeckte, auch<lb/>
von ihm Tro&#x017F;t und Rath zur Gnu&#x0364;ge bekam, indem<lb/>
er mir vor&#x017F;agte, daß ich die Kun&#x017F;t zwar beybehal-<lb/>
ten ko&#x0364;nte, weilen es eine gantz edle Kun&#x017F;t und Wi&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en&#x017F;chafft wa&#x0364;re; nur aber wu&#x0364;rde ein gutes Chri&#x017F;ten-<lb/>
thum und hierna&#x0364;ch&#x017F;t eine gute ge&#x017F;unde Vernunfft<lb/>
darzu erfordert. Die&#x017F;e Lehren waren in Wahrheit<lb/>
nicht zu verwerffen; weiln ich aber, ohngeachtet ich<lb/>
noch ein junger wollu&#x0364;&#x017F;tiger Kerl war, ich weiß &#x017F;elb-<lb/>
&#x017F;ten nicht warum, einen heimlichen Ab&#x017F;cheu vor<lb/>
die&#x017F;er Kun&#x017F;t bekam, da ich doch in einem und andern<lb/>
Stu&#x0364;cken mich wohl einiger Maa&#x017F;&#x017F;en ha&#x0364;tte ko&#x0364;nnen<lb/>
glu&#x0364;cklich machen, als &#x017F;uchte mein Vergnu&#x0364;gen unter<lb/>
dem Soldaten-Leben, bekam auch bald Dien&#x017F;te<lb/>
beym Leib-<hi rendition="#aq">Regiment</hi> des Ko&#x0364;nigs, als <hi rendition="#aq">Sergeant.</hi><lb/>
Etliche Monathe ließ ich mir die&#x017F;e Dien&#x017F;te gefallen,<lb/>
hernach aber, da ich bemerckte, daß das Glu&#x0364;cke mit<lb/>
mir nur, wie mit einem leichten Feder-Balle, auf<lb/>
dem Lande zu &#x017F;pielen ge&#x017F;onnen, drehete ich meinen<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Kopff</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[348/0358] Jch vor meine Perſon, weilen ich bey damah- ligen Zeiten einen eben nicht allzu ungelehrigen Kopffe hatte, profitirte bey der Gelegenheit ein vie- les, denn ich erlernete das Geiſter-Bannen, Geiſter- Beſchweren und viele andere Kunſt-Stuͤcke zwar aus dem Grunde, verſuchte auch ſolches nicht ein- ſondern ſehr viele mahl, allein es kam eine Zeit, da ich an GOtt, ſeine Heiligen und meine eigene Seele zu gedencken anfieng, ohngeachtet mir alles, was ich nur vorgenommen, nach Wunſche ergangen und abgelauffen war; Da ich aber niemahls ein recht ruhiges Hertze oder Gewiſſen in mir verſpuͤrete, als begab ich mich zu einem wohlbekannten vornehmen Geiſtl. welchem ich mein Anliegen entdeckte, auch von ihm Troſt und Rath zur Gnuͤge bekam, indem er mir vorſagte, daß ich die Kunſt zwar beybehal- ten koͤnte, weilen es eine gantz edle Kunſt und Wiſ- ſenſchafft waͤre; nur aber wuͤrde ein gutes Chriſten- thum und hiernaͤchſt eine gute geſunde Vernunfft darzu erfordert. Dieſe Lehren waren in Wahrheit nicht zu verwerffen; weiln ich aber, ohngeachtet ich noch ein junger wolluͤſtiger Kerl war, ich weiß ſelb- ſten nicht warum, einen heimlichen Abſcheu vor dieſer Kunſt bekam, da ich doch in einem und andern Stuͤcken mich wohl einiger Maaſſen haͤtte koͤnnen gluͤcklich machen, als ſuchte mein Vergnuͤgen unter dem Soldaten-Leben, bekam auch bald Dienſte beym Leib-Regiment des Koͤnigs, als Sergeant. Etliche Monathe ließ ich mir dieſe Dienſte gefallen, hernach aber, da ich bemerckte, daß das Gluͤcke mit mir nur, wie mit einem leichten Feder-Balle, auf dem Lande zu ſpielen geſonnen, drehete ich meinen Kopff

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata04_1743
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata04_1743/358
Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 4. Nordhausen, 1743, S. 348. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata04_1743/358>, abgerufen am 21.11.2024.