Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 4. Nordhausen, 1743.

Bild:
<< vorherige Seite

Mütter waren, versuchten wir, uns manche Lust
mit dem Löwen zu machen, indem wir denselben
in einen wohl verzäunten Garten einsperreten,
darbey allerhand Arten von Thieren, als wilde
Ziegen, wilde Schweine, junge Reh-Böcke, auch
einiges Flügelwerck, Gänse, Endten, Türckische
Hähne und Hühner etc. zu demselben hinein jag-
ten; allein er trieb zwar seine Kurtzweile mit allen
diesen Thieren, tödtete aber keins, biß wir 2. Reh-
Böcke, 4. Schweine und 6. wilde Ziegen auf die
Köpffe schossen; da er denn, weilen er vielleicht
merckte, daß man ihn nur vexirte, die angeschos-
senen Stücke zwar beroch, hernach aber dieselben
weiter ohnbeschädigt auf ihren Plätzen liegen ließ.
Als er nun keinen Ausgang finden konte, eröffne-
te er sich, mit Ausreissung 3. oder 4. Staqueten,
selbst eine Thür, so daß er eben zur Abend-Mahl-
zeit bey seiner Gebietherin eintraff, sich vor dersel-
ben niederlegte, zur Lust etliche mahl auf dem Erd-
boden herum weltzete, und hernach allerhand ande-
re Possen machte.

Nun muß ich mit Wahrheit bekennen und
sagen, daß ich mein Lebtage nicht geglaubt hätte,
was Menschen-Hände, wenn sie gleich lustig und
guter Dinge sind, ausrichten können: denn am
3ten Abende unserer verflossenen 3. Rast-Tage
war schon unsere völlige Ladung vorhanden, und
diese bestunde in den auserlesensten grössesten Ertz-
Stuffen, die Vincentius in dem so genannten gros-
sen Gebürge N. bloß zur Probe aushauen lassen,
von dem übrigen, was wir noch in dem Heyden-
Tempel gefunden, will ich vorjetzo nicht viel Reden

oder

Muͤtter waren, verſuchten wir, uns manche Luſt
mit dem Loͤwen zu machen, indem wir denſelben
in einen wohl verzaͤunten Garten einſperreten,
darbey allerhand Arten von Thieren, als wilde
Ziegen, wilde Schweine, junge Reh-Boͤcke, auch
einiges Fluͤgelwerck, Gaͤnſe, Endten, Tuͤrckiſche
Haͤhne und Huͤhner ꝛc. zu demſelben hinein jag-
ten; allein er trieb zwar ſeine Kurtzweile mit allen
dieſen Thieren, toͤdtete aber keins, biß wir 2. Reh-
Boͤcke, 4. Schweine und 6. wilde Ziegen auf die
Koͤpffe ſchoſſen; da er denn, weilen er vielleicht
merckte, daß man ihn nur vexirte, die angeſchoſ-
ſenen Stuͤcke zwar beroch, hernach aber dieſelben
weiter ohnbeſchaͤdigt auf ihren Plaͤtzen liegen ließ.
Als er nun keinen Ausgang finden konte, eroͤffne-
te er ſich, mit Ausreiſſung 3. oder 4. Staqueten,
ſelbſt eine Thuͤr, ſo daß er eben zur Abend-Mahl-
zeit bey ſeiner Gebietherin eintraff, ſich vor derſel-
ben niederlegte, zur Luſt etliche mahl auf dem Erd-
boden herum weltzete, und hernach allerhand ande-
re Poſſen machte.

Nun muß ich mit Wahrheit bekennen und
ſagen, daß ich mein Lebtage nicht geglaubt haͤtte,
was Menſchen-Haͤnde, wenn ſie gleich luſtig und
guter Dinge ſind, ausrichten koͤnnen: denn am
3ten Abende unſerer verfloſſenen 3. Raſt-Tage
war ſchon unſere voͤllige Ladung vorhanden, und
dieſe beſtunde in den auserleſenſten groͤſſeſten Ertz-
Stuffen, die Vincentius in dem ſo genannten groſ-
ſen Gebuͤrge N. bloß zur Probe aushauen laſſen,
von dem uͤbrigen, was wir noch in dem Heyden-
Tempel gefunden, will ich vorjetzo nicht viel Reden

oder
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0409" n="399"/>
Mu&#x0364;tter waren, ver&#x017F;uchten wir, uns manche Lu&#x017F;t<lb/>
mit dem Lo&#x0364;wen zu machen, indem wir den&#x017F;elben<lb/>
in einen wohl verza&#x0364;unten Garten ein&#x017F;perreten,<lb/>
darbey allerhand Arten von Thieren, als wilde<lb/>
Ziegen, wilde Schweine, junge Reh-Bo&#x0364;cke, auch<lb/>
einiges Flu&#x0364;gelwerck, Ga&#x0364;n&#x017F;e, Endten, Tu&#x0364;rcki&#x017F;che<lb/>
Ha&#x0364;hne und Hu&#x0364;hner &#xA75B;c. zu dem&#x017F;elben hinein jag-<lb/>
ten; allein er trieb zwar &#x017F;eine Kurtzweile mit allen<lb/>
die&#x017F;en Thieren, to&#x0364;dtete aber keins, biß wir 2. Reh-<lb/>
Bo&#x0364;cke, 4. Schweine und 6. wilde Ziegen auf die<lb/>
Ko&#x0364;pffe &#x017F;cho&#x017F;&#x017F;en; da er denn, weilen er vielleicht<lb/>
merckte, daß man ihn nur <hi rendition="#aq">vexirt</hi>e, die ange&#x017F;cho&#x017F;-<lb/>
&#x017F;enen Stu&#x0364;cke zwar beroch, hernach aber die&#x017F;elben<lb/>
weiter ohnbe&#x017F;cha&#x0364;digt auf ihren Pla&#x0364;tzen liegen ließ.<lb/>
Als er nun keinen Ausgang finden konte, ero&#x0364;ffne-<lb/>
te er &#x017F;ich, mit Ausrei&#x017F;&#x017F;ung 3. oder 4. Staqueten,<lb/>
&#x017F;elb&#x017F;t eine Thu&#x0364;r, &#x017F;o daß er eben zur Abend-Mahl-<lb/>
zeit bey &#x017F;einer Gebietherin eintraff, &#x017F;ich vor der&#x017F;el-<lb/>
ben niederlegte, zur Lu&#x017F;t etliche mahl auf dem Erd-<lb/>
boden herum weltzete, und hernach allerhand ande-<lb/>
re Po&#x017F;&#x017F;en machte.</p><lb/>
        <p>Nun muß ich mit Wahrheit bekennen und<lb/>
&#x017F;agen, daß ich mein Lebtage nicht geglaubt ha&#x0364;tte,<lb/>
was Men&#x017F;chen-Ha&#x0364;nde, wenn &#x017F;ie gleich lu&#x017F;tig und<lb/>
guter Dinge &#x017F;ind, ausrichten ko&#x0364;nnen: denn am<lb/>
3ten Abende un&#x017F;erer verflo&#x017F;&#x017F;enen 3. Ra&#x017F;t-Tage<lb/>
war &#x017F;chon un&#x017F;ere vo&#x0364;llige Ladung vorhanden, und<lb/>
die&#x017F;e be&#x017F;tunde in den auserle&#x017F;en&#x017F;ten gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;e&#x017F;ten Ertz-<lb/>
Stuffen, die <hi rendition="#aq">Vincentius</hi> in dem &#x017F;o genannten gro&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en Gebu&#x0364;rge <hi rendition="#aq">N.</hi> bloß zur Probe aushauen la&#x017F;&#x017F;en,<lb/>
von dem u&#x0364;brigen, was wir noch in dem Heyden-<lb/>
Tempel gefunden, will ich vorjetzo nicht viel Reden<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">oder</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[399/0409] Muͤtter waren, verſuchten wir, uns manche Luſt mit dem Loͤwen zu machen, indem wir denſelben in einen wohl verzaͤunten Garten einſperreten, darbey allerhand Arten von Thieren, als wilde Ziegen, wilde Schweine, junge Reh-Boͤcke, auch einiges Fluͤgelwerck, Gaͤnſe, Endten, Tuͤrckiſche Haͤhne und Huͤhner ꝛc. zu demſelben hinein jag- ten; allein er trieb zwar ſeine Kurtzweile mit allen dieſen Thieren, toͤdtete aber keins, biß wir 2. Reh- Boͤcke, 4. Schweine und 6. wilde Ziegen auf die Koͤpffe ſchoſſen; da er denn, weilen er vielleicht merckte, daß man ihn nur vexirte, die angeſchoſ- ſenen Stuͤcke zwar beroch, hernach aber dieſelben weiter ohnbeſchaͤdigt auf ihren Plaͤtzen liegen ließ. Als er nun keinen Ausgang finden konte, eroͤffne- te er ſich, mit Ausreiſſung 3. oder 4. Staqueten, ſelbſt eine Thuͤr, ſo daß er eben zur Abend-Mahl- zeit bey ſeiner Gebietherin eintraff, ſich vor derſel- ben niederlegte, zur Luſt etliche mahl auf dem Erd- boden herum weltzete, und hernach allerhand ande- re Poſſen machte. Nun muß ich mit Wahrheit bekennen und ſagen, daß ich mein Lebtage nicht geglaubt haͤtte, was Menſchen-Haͤnde, wenn ſie gleich luſtig und guter Dinge ſind, ausrichten koͤnnen: denn am 3ten Abende unſerer verfloſſenen 3. Raſt-Tage war ſchon unſere voͤllige Ladung vorhanden, und dieſe beſtunde in den auserleſenſten groͤſſeſten Ertz- Stuffen, die Vincentius in dem ſo genannten groſ- ſen Gebuͤrge N. bloß zur Probe aushauen laſſen, von dem uͤbrigen, was wir noch in dem Heyden- Tempel gefunden, will ich vorjetzo nicht viel Reden oder

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata04_1743
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata04_1743/409
Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 4. Nordhausen, 1743, S. 399. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata04_1743/409>, abgerufen am 24.11.2024.