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Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 4. Nordhausen, 1743.

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sprach, daß sie das erste und beste Gold-Stück,
welches er bald zu empfangen verhoffte, von ihm
zur Danckbarkeit haben solte. Nein, mein
Sohn!
(versetzte hierauf die alte Hexe, indem sie
einen grossen Beutel mit Gold-Stücken heraus zohe,
und vor meinen Bruder auf den Tisch legte)
ich brauche eure Gold-Stücken nicht, leset
euch aber nebst eurer Schwester hier so viel
von dem Meinigen aus, als ihr etwa zu eurer
Lust zu gebrauchen gedenckt, denn ich weiß
gewiß, daß die Zeit nicht weit entfernt ist,
da ihr mir diese Gold-Stücke gedoppelt und
dreyfach wieder bezahlen werdet, ihr möget
auch nehmen, so viel ihr nur wollet.
Pro-
testanti
sche Bücher aber will ich euch gleich
hohlen lassen, und sonderlich die Deutsche
Bibel, nebst 2. Gebeth und Gesang-Bü-
chern.
Mein Bruder und ich stutzten über dieser
alten Hexe Reden, es wolte aber keines von uns
beyden sich an ihrem Geld-Beutel vergreiffen, weß-
wegen sie ungedultig zu werden schien, den Geld-
Beutel ausschüttete, und uns 12. halbe Pistoletten
zuzehlete, auch sogleich einen Pasch-Würffel
nebst einer Spiel-Karte herbey brachte, und sagte:
Nun, meine Kinder, spielet um diese Rechen-Pfen-
nige, ich will doch meine Lust haben, zu sehen, wer
unter euch beyden dieselben zusammen bringen und
gewinnen wird, und wer sie gewinnet, dem sollen
sie alle von mir geschenckt seyn.

Wir armen Gefangenen spieleten zwar beyder-
seits mit schweren Hertzen einige Spiele, so wohl
nach unserer annoch kindischen Art mit Karten und

Würffeln,

ſprach, daß ſie das erſte und beſte Gold-Stuͤck,
welches er bald zu empfangen verhoffte, von ihm
zur Danckbarkeit haben ſolte. Nein, mein
Sohn!
(verſetzte hierauf die alte Hexe, indem ſie
einen groſſen Beutel mit Gold-Stuͤcken heraus zohe,
und vor meinen Bruder auf den Tiſch legte)
ich brauche eure Gold-Stuͤcken nicht, leſet
euch aber nebſt eurer Schweſter hier ſo viel
von dem Meinigen aus, als ihr etwa zu eurer
Luſt zu gebrauchen gedenckt, denn ich weiß
gewiß, daß die Zeit nicht weit entfernt iſt,
da ihr mir dieſe Gold-Stuͤcke gedoppelt und
dreyfach wieder bezahlen werdet, ihr moͤget
auch nehmen, ſo viel ihr nur wollet.
Pro-
teſtanti
ſche Buͤcher aber will ich euch gleich
hohlen laſſen, und ſonderlich die Deutſche
Bibel, nebſt 2. Gebeth und Geſang-Buͤ-
chern.
Mein Bruder und ich ſtutzten uͤber dieſer
alten Hexe Reden, es wolte aber keines von uns
beyden ſich an ihrem Geld-Beutel vergreiffen, weß-
wegen ſie ungedultig zu werden ſchien, den Geld-
Beutel ausſchuͤttete, und uns 12. halbe Piſtoletten
zuzehlete, auch ſogleich einen Paſch-Wuͤrffel
nebſt einer Spiel-Karte herbey brachte, und ſagte:
Nun, meine Kinder, ſpielet um dieſe Rechen-Pfen-
nige, ich will doch meine Luſt haben, zu ſehen, wer
unter euch beyden dieſelben zuſammen bringen und
gewinnen wird, und wer ſie gewinnet, dem ſollen
ſie alle von mir geſchenckt ſeyn.

Wir armen Gefangenen ſpieleten zwar beyder-
ſeits mit ſchweren Hertzen einige Spiele, ſo wohl
nach unſerer annoch kindiſchen Art mit Karten und

Wuͤrffeln,
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[418/0428] ſprach, daß ſie das erſte und beſte Gold-Stuͤck, welches er bald zu empfangen verhoffte, von ihm zur Danckbarkeit haben ſolte. Nein, mein Sohn! (verſetzte hierauf die alte Hexe, indem ſie einen groſſen Beutel mit Gold-Stuͤcken heraus zohe, und vor meinen Bruder auf den Tiſch legte) ich brauche eure Gold-Stuͤcken nicht, leſet euch aber nebſt eurer Schweſter hier ſo viel von dem Meinigen aus, als ihr etwa zu eurer Luſt zu gebrauchen gedenckt, denn ich weiß gewiß, daß die Zeit nicht weit entfernt iſt, da ihr mir dieſe Gold-Stuͤcke gedoppelt und dreyfach wieder bezahlen werdet, ihr moͤget auch nehmen, ſo viel ihr nur wollet. Pro- teſtantiſche Buͤcher aber will ich euch gleich hohlen laſſen, und ſonderlich die Deutſche Bibel, nebſt 2. Gebeth und Geſang-Buͤ- chern. Mein Bruder und ich ſtutzten uͤber dieſer alten Hexe Reden, es wolte aber keines von uns beyden ſich an ihrem Geld-Beutel vergreiffen, weß- wegen ſie ungedultig zu werden ſchien, den Geld- Beutel ausſchuͤttete, und uns 12. halbe Piſtoletten zuzehlete, auch ſogleich einen Paſch-Wuͤrffel nebſt einer Spiel-Karte herbey brachte, und ſagte: Nun, meine Kinder, ſpielet um dieſe Rechen-Pfen- nige, ich will doch meine Luſt haben, zu ſehen, wer unter euch beyden dieſelben zuſammen bringen und gewinnen wird, und wer ſie gewinnet, dem ſollen ſie alle von mir geſchenckt ſeyn. Wir armen Gefangenen ſpieleten zwar beyder- ſeits mit ſchweren Hertzen einige Spiele, ſo wohl nach unſerer annoch kindiſchen Art mit Karten und Wuͤrffeln,

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Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 4. Nordhausen, 1743, S. 418. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata04_1743/428>, abgerufen am 24.11.2024.