ternachts-Stunden mit zu Hülffe nehmen, nurunge- stöhrt und gantz alleine zu seyn; Nunmehro aber (sag- te sie weiter) habe ich keine Furcht mehr, denn wenn ich ja darüber betroffen werden solte, so will ich sa- gen, daß es eure Bücher wären, die ich nur biß- weilen zum Zeitvertreibe durchblätterte. Jnmit- telst werde mich, da ihr nun bey mir seyd, eifriger, als jemahls, bemühen, mich im wahren Christen- thume zu üben, um eine vollkommene Christin zu werden, denn ich will durchaus nicht als eine Hey- din sterben, nach meinem Tode aber, wenn es mei- ne Feinde erfahren haben, mögen sie mit meinem Cörper machen, was sie wollen.
Dieser Vorsatz und die übrige Aufführung der Fürstin strengeten mich dahin an, daß ich mein Leib und Leben gern und willig vor sie gelassen hätte; unterdessen flössete ich ihr aber immer bey guter Lau- ne diejenigen Lehren ein, welche mir mein lieber Am- sterdamer Priester in das Hertz und in den Kopff gesetzt hatte, welche denn immerzu bey ihr Statt fun- den; nur aber hatte ich zu bedauern, daß mir die Per- stanischen Zauber-Weiber immerzu in den Weg traten, und gemeiniglich dasjenige verderbten, was ich, als eine einfältige Christin, in der Fürstin Her- tzen gesäet und gepflantzet hatte.
Wenige Nächte darauf, nachdem die Persia- nischen Zauberinnen der Fürstin fast nicht von der Seite gekommen, ließ mich dieselbe ziemlich späte zu sich ruffen, da sie mir denn treuhertzig offenba- rete, daß ein gewisser benachbarter Pr.--bey Ge- legenheit des Abwesens ihres Mannes dasjenige zu erhaschen suchte, warum er sich schon seit einiger
Zeit
ternachts-Stunden mit zu Huͤlffe nehmen, nurunge- ſtoͤhrt und gantz alleine zu ſeyn; Nunmehro aber (ſag- te ſie weiter) habe ich keine Furcht mehr, denn wenn ich ja daruͤber betroffen werden ſolte, ſo will ich ſa- gen, daß es eure Buͤcher waͤren, die ich nur biß- weilen zum Zeitvertreibe durchblaͤtterte. Jnmit- telſt werde mich, da ihr nun bey mir ſeyd, eifriger, als jemahls, bemuͤhen, mich im wahren Chriſten- thume zu uͤben, um eine vollkommene Chriſtin zu werden, denn ich will durchaus nicht als eine Hey- din ſterben, nach meinem Tode aber, wenn es mei- ne Feinde erfahren haben, moͤgen ſie mit meinem Coͤrper machen, was ſie wollen.
Dieſer Vorſatz und die uͤbrige Auffuͤhrung der Fuͤrſtin ſtrengeten mich dahin an, daß ich mein Leib und Leben gern und willig vor ſie gelaſſen haͤtte; unterdeſſen floͤſſete ich ihr aber immer bey guter Lau- ne diejenigen Lehren ein, welche mir mein lieber Am- ſterdamer Prieſter in das Hertz und in den Kopff geſetzt hatte, welche denn immerzu bey ihr Statt fun- den; nur aber hatte ich zu bedauern, daß mir die Per- ſtaniſchen Zauber-Weiber immerzu in den Weg traten, und gemeiniglich dasjenige verderbten, was ich, als eine einfaͤltige Chriſtin, in der Fuͤrſtin Her- tzen geſaͤet und gepflantzet hatte.
Wenige Naͤchte darauf, nachdem die Perſia- niſchen Zauberinnen der Fuͤrſtin faſt nicht von der Seite gekommen, ließ mich dieſelbe ziemlich ſpaͤte zu ſich ruffen, da ſie mir denn treuhertzig offenba- rete, daß ein gewiſſer benachbarter Pr.--bey Ge- legenheit des Abweſens ihres Mannes dasjenige zu erhaſchen ſuchte, warum er ſich ſchon ſeit einiger
Zeit
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ternachts-Stunden mit zu Huͤlffe nehmen, nurunge-
ſtoͤhrt und gantz alleine zu ſeyn; Nunmehro aber (ſag-
te ſie weiter) habe ich keine Furcht mehr, denn wenn
ich ja daruͤber betroffen werden ſolte, ſo will ich ſa-
gen, daß es eure Buͤcher waͤren, die ich nur biß-
weilen zum Zeitvertreibe durchblaͤtterte. Jnmit-
telſt werde mich, da ihr nun bey mir ſeyd, eifriger,
als jemahls, bemuͤhen, mich im wahren Chriſten-
thume zu uͤben, um eine vollkommene Chriſtin zu
werden, denn ich will durchaus nicht als eine Hey-
din ſterben, nach meinem Tode aber, wenn es mei-
ne Feinde erfahren haben, moͤgen ſie mit meinem
Coͤrper machen, was ſie wollen.
Dieſer Vorſatz und die uͤbrige Auffuͤhrung
der Fuͤrſtin ſtrengeten mich dahin an, daß ich mein
Leib und Leben gern und willig vor ſie gelaſſen haͤtte;
unterdeſſen floͤſſete ich ihr aber immer bey guter Lau-
ne diejenigen Lehren ein, welche mir mein lieber Am-
ſterdamer Prieſter in das Hertz und in den Kopff
geſetzt hatte, welche denn immerzu bey ihr Statt fun-
den; nur aber hatte ich zu bedauern, daß mir die Per-
ſtaniſchen Zauber-Weiber immerzu in den Weg
traten, und gemeiniglich dasjenige verderbten, was
ich, als eine einfaͤltige Chriſtin, in der Fuͤrſtin Her-
tzen geſaͤet und gepflantzet hatte.
Wenige Naͤchte darauf, nachdem die Perſia-
niſchen Zauberinnen der Fuͤrſtin faſt nicht von der
Seite gekommen, ließ mich dieſelbe ziemlich ſpaͤte
zu ſich ruffen, da ſie mir denn treuhertzig offenba-
rete, daß ein gewiſſer benachbarter Pr.--bey Ge-
legenheit des Abweſens ihres Mannes dasjenige zu
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Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 4. Nordhausen, 1743, S. 445. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata04_1743/455>, abgerufen am 25.11.2024.
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