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Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 4. Nordhausen, 1743.

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Lauffe, welches alles ich dergestalt in mein Gedächt-
niß gefasset, daß ich es ihm, so zu sagen, von Punct
zu Puncte nach erzehlen wolte, wenn es anders die
Zeit litte.

Andern Tages meldete uns Urbanus, daß er
seinen Frantz nochmahls fortgeschickt, und dieser
würde erstlich in 6. Tagen zurück kommen; mittler-
weile aber, da er eine abermahlige himmlische Of-
fenbahrung gehabt, wolten wir uns zu unserer Rei-
se nach der Jnsul Ceylon geschickt machen, indem
wir, Laut der himmlischen Offenbahrung, wenige
Zeit zu versäumen hätten, wenn wir unser Glück da-
selbst machen, und auf einem christlichen Schiffe
nach Europa oder in die Christenheit gebracht wer-
den wolten. Wir bezeigten uns willig und bereit dar-
zu, musten ihm aber alle Tage fleißig kochen, sieden
und braten helffen, welche Arbeit wir denn mit Lust
verrichteten, indem etwas Guts in unsere ausge-
hungerte Magen damit kam, auch die vortrefflich-
sten Weine, dergleichen Frantz einen gantzen Korb
voll Flaschen mitgebracht hatte, unsere Glieder er-
quickten.

Solcher Gestalt liessen wir es uns bey diesem
Einsiedler, der gewisser Maassen besser, als man-
cher grosse Fürst lebte, ungemein wohl gefallen, in-
dem wir gut Essen und Trincken hatten, auch uns
keiner besondern Gefahr besorgen durfften, anbey
einer stillen Gemüths-Ruhe genossen, und zwar zu
Besänfftigung der Angst und Quaal, die wir bey-
derseits seit einiger Zeit ausgestanden hatten.

Frantz kam am Abende des 6ten Tages fast
noch stärcker, als vormahls, und recht wie ein Esel

beladen,
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Lauffe, welches alles ich dergeſtalt in mein Gedaͤcht-
niß gefaſſet, daß ich es ihm, ſo zu ſagen, von Punct
zu Puncte nach erzehlen wolte, wenn es anders die
Zeit litte.

Andern Tages meldete uns Urbanus, daß er
ſeinen Frantz nochmahls fortgeſchickt, und dieſer
wuͤrde erſtlich in 6. Tagen zuruͤck kommen; mittler-
weile aber, da er eine abermahlige himmliſche Of-
fenbahrung gehabt, wolten wir uns zu unſerer Rei-
ſe nach der Jnſul Ceylon geſchickt machen, indem
wir, Laut der himmliſchen Offenbahrung, wenige
Zeit zu verſaͤumen haͤtten, wenn wir unſer Gluͤck da-
ſelbſt machen, und auf einem chriſtlichen Schiffe
nach Europa oder in die Chriſtenheit gebracht wer-
den wolten. Wir bezeigten uns willig und bereit dar-
zu, muſten ihm aber alle Tage fleißig kochen, ſieden
und braten helffen, welche Arbeit wir denn mit Luſt
verrichteten, indem etwas Guts in unſere ausge-
hungerte Magen damit kam, auch die vortrefflich-
ſten Weine, dergleichen Frantz einen gantzen Korb
voll Flaſchen mitgebracht hatte, unſere Glieder er-
quickten.

Solcher Geſtalt lieſſen wir es uns bey dieſem
Einſiedler, der gewiſſer Maaſſen beſſer, als man-
cher groſſe Fuͤrſt lebte, ungemein wohl gefallen, in-
dem wir gut Eſſen und Trincken hatten, auch uns
keiner beſondern Gefahr beſorgen durfften, anbey
einer ſtillen Gemuͤths-Ruhe genoſſen, und zwar zu
Beſaͤnfftigung der Angſt und Quaal, die wir bey-
derſeits ſeit einiger Zeit ausgeſtanden hatten.

Frantz kam am Abende des 6ten Tages faſt
noch ſtaͤrcker, als vormahls, und recht wie ein Eſel

beladen,
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[499/0509] Lauffe, welches alles ich dergeſtalt in mein Gedaͤcht- niß gefaſſet, daß ich es ihm, ſo zu ſagen, von Punct zu Puncte nach erzehlen wolte, wenn es anders die Zeit litte. Andern Tages meldete uns Urbanus, daß er ſeinen Frantz nochmahls fortgeſchickt, und dieſer wuͤrde erſtlich in 6. Tagen zuruͤck kommen; mittler- weile aber, da er eine abermahlige himmliſche Of- fenbahrung gehabt, wolten wir uns zu unſerer Rei- ſe nach der Jnſul Ceylon geſchickt machen, indem wir, Laut der himmliſchen Offenbahrung, wenige Zeit zu verſaͤumen haͤtten, wenn wir unſer Gluͤck da- ſelbſt machen, und auf einem chriſtlichen Schiffe nach Europa oder in die Chriſtenheit gebracht wer- den wolten. Wir bezeigten uns willig und bereit dar- zu, muſten ihm aber alle Tage fleißig kochen, ſieden und braten helffen, welche Arbeit wir denn mit Luſt verrichteten, indem etwas Guts in unſere ausge- hungerte Magen damit kam, auch die vortrefflich- ſten Weine, dergleichen Frantz einen gantzen Korb voll Flaſchen mitgebracht hatte, unſere Glieder er- quickten. Solcher Geſtalt lieſſen wir es uns bey dieſem Einſiedler, der gewiſſer Maaſſen beſſer, als man- cher groſſe Fuͤrſt lebte, ungemein wohl gefallen, in- dem wir gut Eſſen und Trincken hatten, auch uns keiner beſondern Gefahr beſorgen durfften, anbey einer ſtillen Gemuͤths-Ruhe genoſſen, und zwar zu Beſaͤnfftigung der Angſt und Quaal, die wir bey- derſeits ſeit einiger Zeit ausgeſtanden hatten. Frantz kam am Abende des 6ten Tages faſt noch ſtaͤrcker, als vormahls, und recht wie ein Eſel beladen, (i i) 2

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Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 4. Nordhausen, 1743, S. 499. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata04_1743/509>, abgerufen am 22.11.2024.