dams auf der Jnsul Ceylon besuchen wolten, uns in Friede und Freundschafft fortwandern liessen, auch nicht einmahl unsere Maul-Thiere antaste- ten, so waren wir desto freudiger. Hierbey be- merckten wir, daß alle Einwohner dieses Landes vor den alten graubärtigen Urbanum eine gantz besondere Hochachtung bezeigten; ob er sich nun dieselbe durch seine Künste und Wissenschafften zu Wege gebracht, oder ob es ordentlicher und natür- licher Weise zugegangen, davon kan ich eben so genau nicht Rede und Antwort geben. Unterdes- sen brachte uns der graue ansehnliche Bart vor dieses mahl glücklich durch, indem er biß in Cam- baja hinein beständig vor uns hergieng.
Jn jetztgedachtem Cambaja traffen wir gleich in der ersten Herberge einen Mann an, der fast eben einen so langen Bart trug, als unser Urba- nus. So bald nun dieser Mann unsern Urba- num kaum erblickt, kam er also gleich auf ihn zu- gegangen, umarmete und küssete ihn. Darauf giengen beyde hinaus in den Garten spatzieren herum, und unterredeten sich wohl 2. gute Stun- den gantz alleine mit einander. Endlich kam un- ser Urbanus wieder zu uns, ließ eine gute Mahl- zeit vor uns zubereiten, nach deren Genuß er die Printzeßin und mich auch in den Garten führete, und dieses sagte: "Meine Schwestern! es ist die- &q;ser Mann, von dem ihr gesehen, daß er mich ge- &q;hertzet und geküsset hat, zwar ein Jude; aber &q;glaubt mir dieses: ob er gleich ein Jude, mit dem &q;ich schon seit etlichen 30. biß 40. Jahren gehan-
delt,
dams auf der Jnſul Ceylon beſuchen wolten, uns in Friede und Freundſchafft fortwandern lieſſen, auch nicht einmahl unſere Maul-Thiere antaſte- ten, ſo waren wir deſto freudiger. Hierbey be- merckten wir, daß alle Einwohner dieſes Landes vor den alten graubaͤrtigen Urbanum eine gantz beſondere Hochachtung bezeigten; ob er ſich nun dieſelbe durch ſeine Kuͤnſte und Wiſſenſchafften zu Wege gebracht, oder ob es ordentlicher und natuͤr- licher Weiſe zugegangen, davon kan ich eben ſo genau nicht Rede und Antwort geben. Unterdeſ- ſen brachte uns der graue anſehnliche Bart vor dieſes mahl gluͤcklich durch, indem er biß in Cam- baja hinein beſtaͤndig vor uns hergieng.
Jn jetztgedachtem Cambaja traffen wir gleich in der erſten Herberge einen Mann an, der faſt eben einen ſo langen Bart trug, als unſer Urba- nus. So bald nun dieſer Mann unſern Urba- num kaum erblickt, kam er alſo gleich auf ihn zu- gegangen, umarmete und kuͤſſete ihn. Darauf giengen beyde hinaus in den Garten ſpatzieren herum, und unterredeten ſich wohl 2. gute Stun- den gantz alleine mit einander. Endlich kam un- ſer Urbanus wieder zu uns, ließ eine gute Mahl- zeit vor uns zubereiten, nach deren Genuß er die Printzeßin und mich auch in den Garten fuͤhrete, und dieſes ſagte: „Meine Schweſtern! es iſt die- &q;ſer Mann, von dem ihr geſehen, daß er mich ge- &q;hertzet und gekuͤſſet hat, zwar ein Jude; aber &q;glaubt mir dieſes: ob er gleich ein Jude, mit dem &q;ich ſchon ſeit etlichen 30. biß 40. Jahren gehan-
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[504/0514]
dams auf der Jnſul Ceylon beſuchen wolten, uns
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auch nicht einmahl unſere Maul-Thiere antaſte-
ten, ſo waren wir deſto freudiger. Hierbey be-
merckten wir, daß alle Einwohner dieſes Landes
vor den alten graubaͤrtigen Urbanum eine gantz
beſondere Hochachtung bezeigten; ob er ſich nun
dieſelbe durch ſeine Kuͤnſte und Wiſſenſchafften zu
Wege gebracht, oder ob es ordentlicher und natuͤr-
licher Weiſe zugegangen, davon kan ich eben ſo
genau nicht Rede und Antwort geben. Unterdeſ-
ſen brachte uns der graue anſehnliche Bart vor
dieſes mahl gluͤcklich durch, indem er biß in Cam-
baja hinein beſtaͤndig vor uns hergieng.
Jn jetztgedachtem Cambaja traffen wir gleich
in der erſten Herberge einen Mann an, der faſt
eben einen ſo langen Bart trug, als unſer Urba-
nus. So bald nun dieſer Mann unſern Urba-
num kaum erblickt, kam er alſo gleich auf ihn zu-
gegangen, umarmete und kuͤſſete ihn. Darauf
giengen beyde hinaus in den Garten ſpatzieren
herum, und unterredeten ſich wohl 2. gute Stun-
den gantz alleine mit einander. Endlich kam un-
ſer Urbanus wieder zu uns, ließ eine gute Mahl-
zeit vor uns zubereiten, nach deren Genuß er die
Printzeßin und mich auch in den Garten fuͤhrete,
und dieſes ſagte: „Meine Schweſtern! es iſt die-
&q;ſer Mann, von dem ihr geſehen, daß er mich ge-
&q;hertzet und gekuͤſſet hat, zwar ein Jude; aber
&q;glaubt mir dieſes: ob er gleich ein Jude, mit dem
&q;ich ſchon ſeit etlichen 30. biß 40. Jahren gehan-
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Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 4. Nordhausen, 1743, S. 504. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata04_1743/514>, abgerufen am 22.11.2024.
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