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Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 4. Nordhausen, 1743.

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christlichen Lebens-Wandel haben musten. Ja,
ich glaube, (jedoch dieses anheute noch im Ver-
trauen gesprochen) daß unser Regente, Albertus
Julius II.
dem der Tod vor etlichen Wochen seine
liebwertheste Ehegemahlin geraubt hat, vielleicht
aus dieser schönen Printzeßin, dem Beyspiel des
Königs David zu Folge, eine Abisag von Sunem
machen werde, wovon im 1. Capitel des 1. Buchs
von den Königen gleich zu Anfange desselben im
1. 2. 3. und 4. Versicul ein mehreres zu lesen ist.
Unterdessen, wenn es ja dahin kommen solte, so
weiß ich gewiß, daß auf der gantzen Jnsul sich keine
lebendige Seele finden wird, die hierwider etwas
einzuwenden hätte, weilen der Printzeßin Chri-
stiana
holdseelige und liebreiche Aufführung, der-
selben die Gunst und Gewogenheit auch so gar der
kleinesten Kinder zu Wege gebracht. Mit dem
Regenten aber kan sie bereits dergestalt vertrau-
lich und schmeichelhafft umgehen, daß er sich seinen
alten grauen Bart von niemanden lieber auskäm-
men und zu rechte machen läst, als von der Chri-
stiana,
die ihm dieses am allerbesten zu Dancke
machen kan, und es auch recht mit Lust thut.

Von unsern Haupt-Geschichten aber noch
ferner etwas zu melden, so ist zu wissen, daß wir
um selbige Zeit in jeder Pflantzstadt eine kleine
neue Kirche, wie auch ein Schul-Haus vor die
Jugend zu erbauen den Anfang machten. Dem-
nach wurden auch die hierzu behörigen Priester
ordinirt, und die Schul-Diener wohl bestellet,
und zwar alle von unsern eingebohrnen Felsenbur-
gern, welches in Wahrheit Leute sind, die man-

chen
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chriſtlichen Lebens-Wandel haben muſten. Ja,
ich glaube, (jedoch dieſes anheute noch im Ver-
trauen geſprochen) daß unſer Regente, Albertus
Julius II.
dem der Tod vor etlichen Wochen ſeine
liebwertheſte Ehegemahlin geraubt hat, vielleicht
aus dieſer ſchoͤnen Printzeßin, dem Beyſpiel des
Koͤnigs David zu Folge, eine Abiſag von Sunem
machen werde, wovon im 1. Capitel des 1. Buchs
von den Koͤnigen gleich zu Anfange deſſelben im
1. 2. 3. und 4. Verſicul ein mehreres zu leſen iſt.
Unterdeſſen, wenn es ja dahin kommen ſolte, ſo
weiß ich gewiß, daß auf der gantzen Jnſul ſich keine
lebendige Seele finden wird, die hierwider etwas
einzuwenden haͤtte, weilen der Printzeßin Chri-
ſtiana
holdſeelige und liebreiche Auffuͤhrung, der-
ſelben die Gunſt und Gewogenheit auch ſo gar der
kleineſten Kinder zu Wege gebracht. Mit dem
Regenten aber kan ſie bereits dergeſtalt vertrau-
lich und ſchmeichelhafft umgehen, daß er ſich ſeinen
alten grauen Bart von niemanden lieber auskaͤm-
men und zu rechte machen laͤſt, als von der Chri-
ſtiana,
die ihm dieſes am allerbeſten zu Dancke
machen kan, und es auch recht mit Luſt thut.

Von unſern Haupt-Geſchichten aber noch
ferner etwas zu melden, ſo iſt zu wiſſen, daß wir
um ſelbige Zeit in jeder Pflantzſtadt eine kleine
neue Kirche, wie auch ein Schul-Haus vor die
Jugend zu erbauen den Anfang machten. Dem-
nach wurden auch die hierzu behoͤrigen Prieſter
ordinirt, und die Schul-Diener wohl beſtellet,
und zwar alle von unſern eingebohrnen Felſenbur-
gern, welches in Wahrheit Leute ſind, die man-

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[515/0525] chriſtlichen Lebens-Wandel haben muſten. Ja, ich glaube, (jedoch dieſes anheute noch im Ver- trauen geſprochen) daß unſer Regente, Albertus Julius II. dem der Tod vor etlichen Wochen ſeine liebwertheſte Ehegemahlin geraubt hat, vielleicht aus dieſer ſchoͤnen Printzeßin, dem Beyſpiel des Koͤnigs David zu Folge, eine Abiſag von Sunem machen werde, wovon im 1. Capitel des 1. Buchs von den Koͤnigen gleich zu Anfange deſſelben im 1. 2. 3. und 4. Verſicul ein mehreres zu leſen iſt. Unterdeſſen, wenn es ja dahin kommen ſolte, ſo weiß ich gewiß, daß auf der gantzen Jnſul ſich keine lebendige Seele finden wird, die hierwider etwas einzuwenden haͤtte, weilen der Printzeßin Chri- ſtiana holdſeelige und liebreiche Auffuͤhrung, der- ſelben die Gunſt und Gewogenheit auch ſo gar der kleineſten Kinder zu Wege gebracht. Mit dem Regenten aber kan ſie bereits dergeſtalt vertrau- lich und ſchmeichelhafft umgehen, daß er ſich ſeinen alten grauen Bart von niemanden lieber auskaͤm- men und zu rechte machen laͤſt, als von der Chri- ſtiana, die ihm dieſes am allerbeſten zu Dancke machen kan, und es auch recht mit Luſt thut. Von unſern Haupt-Geſchichten aber noch ferner etwas zu melden, ſo iſt zu wiſſen, daß wir um ſelbige Zeit in jeder Pflantzſtadt eine kleine neue Kirche, wie auch ein Schul-Haus vor die Jugend zu erbauen den Anfang machten. Dem- nach wurden auch die hierzu behoͤrigen Prieſter ordinirt, und die Schul-Diener wohl beſtellet, und zwar alle von unſern eingebohrnen Felſenbur- gern, welches in Wahrheit Leute ſind, die man- chen (k k) 2

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Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 4. Nordhausen, 1743, S. 515. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata04_1743/525>, abgerufen am 22.11.2024.