5.) Daß GOtt das Wild in den Wäldern, ingleichen die wilden Ziegen, hauptsächlich aber die aus Europa angekommenen Thiere von aller- hand Arten, so wohl vierfüßige als geflügelte, dergestalt wohl gedeyhen lässet, daß wir uns dar- über verwundern müssen, wie sich denn binnen etlichen Jahren daher alles gar gewaltig vermeh- ret hat: Denn ihr werdet wohl schwerlich einen Haus-Wirth finden, der nicht seine Ställe über und über voll Rind-Schaaf-und Schweine-Vie- he hätte. Von Flügel-Werck, als Türkischen- und Europaeischen Haus-Hühnern, Gänsen, Endten, Tauben und dergleichen zahmen Flü- gelwerck will ich nicht einmahl etwas sagen: denn dasselbe hat sich dergestalt erstaunlich vermehrt, daß die meisten ihr Glück und Ruhe nicht erken- nen können, sondern sich, ohngeachtet sie volles Futter haben, aus blossem Frevel zu Feldflüchtern machen. Aus den Gänsen werden wilde Gänse, und die Endten muß man sehr wohl hüten, wenn sie nicht durch die Wasser-Fälle in See gehen sol- len. Eben also verhält es sich mit dem Rind- und Schweine-Vieh: denn man darf demselben nur eine scheele Mine machen, so laufft es gleich darvon, und sucht seine vermeyntliche Besserung in der Wildniß, weßwegen unser Thier-Garten bey Simons-Raum dergestalt voll angelauffen ist, daß wir fast alle Woche ertödtete Thiere dar- innen finden, die von ihrem stärckern Gegen- theil ermordet worden, welche denn von den Ein- wohnern, so bald diese solches gewahr werden, in
den
5.) Daß GOtt das Wild in den Waͤldern, ingleichen die wilden Ziegen, hauptſaͤchlich aber die aus Europa angekommenen Thiere von aller- hand Arten, ſo wohl vierfuͤßige als gefluͤgelte, dergeſtalt wohl gedeyhen laͤſſet, daß wir uns dar- uͤber verwundern muͤſſen, wie ſich denn binnen etlichen Jahren daher alles gar gewaltig vermeh- ret hat: Denn ihr werdet wohl ſchwerlich einen Haus-Wirth finden, der nicht ſeine Staͤlle uͤber und uͤber voll Rind-Schaaf-und Schweine-Vie- he haͤtte. Von Fluͤgel-Werck, als Tuͤrkiſchen- und Europæiſchen Haus-Huͤhnern, Gaͤnſen, Endten, Tauben und dergleichen zahmen Fluͤ- gelwerck will ich nicht einmahl etwas ſagen: denn daſſelbe hat ſich dergeſtalt erſtaunlich vermehrt, daß die meiſten ihr Gluͤck und Ruhe nicht erken- nen koͤnnen, ſondern ſich, ohngeachtet ſie volles Futter haben, aus bloſſem Frevel zu Feldfluͤchtern machen. Aus den Gaͤnſen werden wilde Gaͤnſe, und die Endten muß man ſehr wohl huͤten, wenn ſie nicht durch die Waſſer-Faͤlle in See gehen ſol- len. Eben alſo verhaͤlt es ſich mit dem Rind- und Schweine-Vieh: denn man darf demſelben nur eine ſcheele Mine machen, ſo laufft es gleich darvon, und ſucht ſeine vermeyntliche Beſſerung in der Wildniß, weßwegen unſer Thier-Garten bey Simons-Raum dergeſtalt voll angelauffen iſt, daß wir faſt alle Woche ertoͤdtete Thiere dar- innen finden, die von ihrem ſtaͤrckern Gegen- theil ermordet worden, welche denn von den Ein- wohnern, ſo bald dieſe ſolches gewahr werden, in
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5.) Daß GOtt das Wild in den Waͤldern,
ingleichen die wilden Ziegen, hauptſaͤchlich aber
die aus Europa angekommenen Thiere von aller-
hand Arten, ſo wohl vierfuͤßige als gefluͤgelte,
dergeſtalt wohl gedeyhen laͤſſet, daß wir uns dar-
uͤber verwundern muͤſſen, wie ſich denn binnen
etlichen Jahren daher alles gar gewaltig vermeh-
ret hat: Denn ihr werdet wohl ſchwerlich einen
Haus-Wirth finden, der nicht ſeine Staͤlle uͤber
und uͤber voll Rind-Schaaf-und Schweine-Vie-
he haͤtte. Von Fluͤgel-Werck, als Tuͤrkiſchen-
und Europæiſchen Haus-Huͤhnern, Gaͤnſen,
Endten, Tauben und dergleichen zahmen Fluͤ-
gelwerck will ich nicht einmahl etwas ſagen: denn
daſſelbe hat ſich dergeſtalt erſtaunlich vermehrt,
daß die meiſten ihr Gluͤck und Ruhe nicht erken-
nen koͤnnen, ſondern ſich, ohngeachtet ſie volles
Futter haben, aus bloſſem Frevel zu Feldfluͤchtern
machen. Aus den Gaͤnſen werden wilde Gaͤnſe,
und die Endten muß man ſehr wohl huͤten, wenn
ſie nicht durch die Waſſer-Faͤlle in See gehen ſol-
len. Eben alſo verhaͤlt es ſich mit dem Rind-
und Schweine-Vieh: denn man darf demſelben
nur eine ſcheele Mine machen, ſo laufft es gleich
darvon, und ſucht ſeine vermeyntliche Beſſerung
in der Wildniß, weßwegen unſer Thier-Garten
bey Simons-Raum dergeſtalt voll angelauffen
iſt, daß wir faſt alle Woche ertoͤdtete Thiere dar-
innen finden, die von ihrem ſtaͤrckern Gegen-
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Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 4. Nordhausen, 1743, S. 526. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata04_1743/536>, abgerufen am 22.11.2024.
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